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ROBIN HOOD - MYTHOS ODER REALITÄT?

Robin Hood ist eine schillernde Gestalt. Der Vogelfreie aus dem Sherwood Forest verkörpert als Outlaw und Gesetzloser wie kein anderer die Ideale von Freiheit und Gerechtigkeit. Immer neue Deutungen haben sich an die überlieferten Geschichten angelagert und den gewitzten Räuber in einen vorbildlichen Sozialrebellen verwandelt. Längst hat Robin Hood auch in Film, TV und Comic Karriere gemacht und zählt weltweit zu den beliebtesten Symbolfiguren der Populärkultur.
Judith Klinger lässt uns eintauchen in die mittelalterliche Welt von Robin und Marian, von Little John und Bruder Tuck. Ihre spannende Spurensuche durch acht Jahrhunderte lässt den Mythos Robin Hood wieder lebendig werden. Die einzigartige Beliebtheit Robins und seiner »Merry Men« belegen auch die zahlreichen Fotos und Illustrationen, die dem Band beigegeben sind.

 

Robin Hood 

Autor: Judith Klinger
Verlag: Lambert Schneider Verlag
Erschienen: 14. Juli 2015
ISBN: 978-3650400543
Seitenzahl: 208 Seiten

Hier geht's zur Leseprobe


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Aufgrund des Klappentextes hatte ich ein populärwissenschaftliches Werk erwartet, stattdessen erhielt ich eine literaturwissenschaftliche Abhandlung, die für ein Fachpublikum geschrieben wurde, weniger für interessierte Laien. Klinger setzt die Kenntnis der mittelalterlichen "Gest of Robyn Hode" voraus, ebenso wie die der Romane (z.B. "Ivanhoe"), die im 19. Jhd. erschienen. Ferner sollte man die Filme und TV-Serien kennen, die im 20. Jhd. gedreht wurden. Zusammenfassungen des jeweiligen Inhalts werden nicht gegeben. Das ist etwas schade, denn im Anhang hätten diese ihren Platz finden können.

Da es sich um ein wissenschaftliches Werk handelt, ist der Text recht spröde geschrieben und zeitweise ermüdend zu lesen. Spannung kommt daher natürlich nicht auf. Positiv zu vermerken ist, das sie auf Fachvokabular weitestgehend verzichtet. Auch wenn man als Laie etwas Geduld mitbringen muss, erfährt man viel über die Anfänge des Helden und seine Umwandlung(en) in späterer Zeit. Klinger zeigt, soweit ich das beurteilen kann, den derzeitigen Forschungsstand auf, ohne sich z.B. auf eine der Thesen zur historischen Persönlichkeit Robin Hoods festzulegen. Darüber hinaus klärt sie ihr Publikum z.B. über das mittelalterliche Forstrecht und die Mai-Feste auf; oder weist auf das Kuriosum hin, dass Robin Hood ein Grab besitzt, obwohl er möglicherweise nie gelebt hat.

Das Buch ist in 3 Abschnitte mit Unterkapiteln eingeteilt:

  • I. Robin Hood, Herr des Waldes. Aufstieg eines Geächteten
  • II. Vom Outlaw zum edlen Räuber. Neuzeitliche Verwandlungen
  • III. Rächer der Enterbten. Robin Hood als Held der Moderne

Zunächst widmet sie sich dem Robin Hood, wie er in der mittelalterlichen Balladensammlung (Gest) auftritt; ein eher bäuerlicher Geächteter, der eine Vorliebe für Maskerade hat und den Mächtigen so manchen "Streich" spielt. Im Wald wird eine Gegenwelt zur real existierenden geschaffen, in der nicht die Gesetze der Welt außerhalb des Waldes gelten, sondern die von Robin Hood geschaffenen. Er wird zum Vertreter eines von Gott gegeben "natürlichen Rechts". Er etabliert somit eine neue soziale Ordnung der Gleichrangigkeit (wenngleich unter seiner Führung), die im starken Kontrast steht zur Welt des Sheriffs und des Königs. Schwach wird auch Kritik an Kirche und Obrigkeit geübt. Während der mittelalterliche Robin, wie er uns in der "Gest "entgegentritt, eher zur Anarchie neigt, wandelt er sich in der Folgezeit vom Freisassen zum Adligen, vom gewaltbereiten und gewalttätigen Outlaw zum unschuldig Verfolgten, der notgedrungen zum Räuber wird, und in Vertretung des wahren Königs handelt. Während die Figuren des Sheriffs und der Kumpane Hoods beibehalten werden, wechselt der König von Edward III zu Richard Löwenherz, womit eine zeitliche Neueinordnung einher geht. Maid Marian kennt man zwar auch schon im Mittelalter, aber erst später zieht sie tatsächlich in den Wald. Sie erfährt vielfältige Wandlungen, die dem Zeitgeist entsprechen, in der Mehrzahl der Darstellungen handelt es sich aber um eine unabhängige und selbstbestimmte Frau.

Im 3. Teil geht die Autorin auf die filmische Umsetzung des Stoffes ein. Dabei fällt auf, dass sie sich nicht nur mit den unterschiedlichen Inhalten und Aussagen auseinandersetzt, sondern auch stets mit der jeweiligen "Filmsprache". Klinger studierte nicht nur Germanistik und Anglistik, sondern auch Dokumentarfilm und Fernsehpublizistik, insofern ist es nur folgerichtig, dass sie sich auch detailliert der filmischen Umsetzung widmet. Obwohl dieser Teil deutlich flüssiger geschrieben wurde, langweilen die Erläuterungen der "Filmsprache" auf Dauer; schade eigentlich, denn ihre Ausführungen zu den Filmen etc. sind durchaus interessant und regen zum Nachdenken an.


Aufmachung des Buches
Das schwarz gebundene Buch hat einen Schutzumschlag, dessen Cover klug gestaltet wurde: Es zeigt die Silhouette eines Bogenschützen, schwarz auf grünem Grund, die für sich allein genommen bereits Assoziationen zu Robin Hood weckt. Der Titel ist kupferfarben ausgeführt und erinnert an die Schriftzüge der Herr-der-Ringe-Filme von Peter Jackson. Das verwendete Papier ist stabil und man gönnte dem Buch Fadenheftung und ein schwarzes Lesebändchen. Zeichnungen und Fotos sind entweder in Schwarz- oder Grün-Weiß ausgeführt; Zitate werden durch Kursivdruck und grüne Farbe kenntlich gemacht. Der Anhang enthält u.a. eine Filmographie. Leider fehlt ein Register. 


Fazit
Eine fundierte Abhandlung zu Robin Hood, die allerdings eher für ein Fachpublikum geschrieben wurde. Laien, die die Herausforderung lieben und auch schwer lesbare Texte nicht gleich aussortieren, erfahren viel über ihn - von seinen Ursprünge im Mittelalter bis hin zur modernen Rezeption.


4 Sterne


Hinweise
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