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Sie hat überlebt. Doch ihr Albtraum ist noch nicht vorüber …

Vor fünf Jahren wurde Melody Pieterson von einem Unbekannten überfallen und entkam nur knapp dem Tod. Seitdem hat sie alle Erinnerungen an ihr altes Leben begraben und sich eine neue Identität aufgebaut. Ihr Angreifer ist hinter Gittern, in wenigen Monaten wird sie heiraten. Ihr Leben scheint fast normal. Doch dann entdeckt die Polizei die Leiche einer Frau, am gleichen Ort, an dem der Täter damals Melody zurückließ. Als wie vor fünf Jahren eine Kette mit einem kleinen goldenen Vogelkäfig am Tatort gefunden wird, muss Melody erkennen: ihr Peiniger ist auf freiem Fuß. Und der Albtraum ist noch nicht vorbei …

 

Grabestreu 

Originaltitel: The Life I Left Behind
Autor: Colette McBeth
Übersetzer: Fred Kinzel
Verlag: Blanvalet
Erschienen: 02/2015
ISBN: 978-3-442-38349-8
Seitenzahl: 477 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Melody lebt, seitdem Sie angegriffen wurde und beinahe zu Tode kam, ein Leben unter dem Radar. Sie geht nur noch in Begleitung aus dem Haus, plant ihre Hochzeit mit Sam und hat sich und ihr früheres Leben vollständig begraben. Monoton und farblos vergeht ihr Alltag, bis eines Tages die Nachricht vom Tod der ehemaligen Fernsehmoderatorin Eve ihr Leben gewaltig durcheinanderwirbelt – denn in Melody kommen Erinnerungsfetzen von damals hoch. Erinnerungen, die sie sorgfältig vergraben und tief in ihrem Gedächtnis verborgen hat. Zu schmerzhaft und zu verwirrend ist das, woran sie sich erinnert und was andere ihr eingeredet haben. Doch ihr Gedächtnis und ihr Instinkt lassen ihr keine Ruhe, und so sieht sich Melody gezwungen, den Tatsachen ins Auge zu blicken, und die Recherchearbeit der toten Eve Stück für Stück zu lesen. Nach und nach begreift Melody, dass hier eine Wahrheit ans Licht kommt, die zerstörerischer ist als alles, was sie bislang angenommen und geglaubt hatte.

Colette McBeth hat diesen Thriller düster, etwas verwirrend und sehr melancholisch in Worte gefasst.


Stil und Sprache
Aus drei unterschiedlichen Erzählperspektiven wird der Leser hier in Ereignisse gezogen, die manchmal etwas eintönig und dann wieder etwas konfus dargestellt sind. Aus der Ich-Perspektive von Melody in der dritten Person erfährt der Leser Stück für Stück, wie ihr Leben heute aussieht, was einst war und wie sie den Angriff selbst erlebt hat. Dabei kommt eine Hauptfigur zutage, die im Grunde nicht mehr lebt oder gar funktioniert – sondern nur noch existiert. In einem zweiten Handlungsstrang hat der Leser die Sicht auf die Dinge durch die Ich-Perspektive der toten Eve. Sie erzählt, warum sie tat, was sie tat, und warum sie am Ende sterben musste. Die Polizei kommt durch den personalen Erzählstil durch DI Rutter in einem dritten Handlungsstrang noch hinzu und gibt Einblick in die Polizeiarbeit im Mordfall Eve und wie eine Verbindung zwischen den beiden Taten hergestellt wird.

Am Anfang des Thrillers wechseln sich die Handlungsstränge von Melody und Eve in langen Abständen ab und hin und wieder kommt der der Polizei auch zum Zuge. Erst gegen Ende wird das anders und die drei Stränge kommen zusammen und runden das Bild ab. Die Autorin hat grabestreu in drei Teile gegliedert, wobei der erste Teil von der Arbeit Eves und dem heutigen Leben von Melody erzählt. Der zweite Teil ist am längsten und befasst sich mit der Aufarbeitung von Melody´s Vergangenheit. Der dritte Teil besteht nur aus ein paar Seiten und wirft eine Menge Fragen auf, die die Autorin aber leider nicht beantwortet.

Zu Beginn liest sich grabestreu – trotz des düsteren Tonfalls – noch sehr zügig und kurzweilig. Die Figuren werden nach und nach vorgestellt und Colette McBeth gibt Einblicke in den Plot selbst. Ein paar Merkwürdigkeiten lassen beim aufmerksamen Leser schon früh ahnen, dass hier so einiges im Argen liegt. Vor allem bei der Protagonistin. Deren abgestumpftes Verhalten hat mich mehr als einmal an den Rand der Verzweiflung gebracht. Sie war mir zu gleichgültig, zu leblos, zu leicht lenkbar. Und genau das ist es, was Seite für Seite ein Bild entstehen lässt, wo es einem irgendwann eiskalt den Rücken hinunterläuft und man am liebsten die Protagonistin anschreien würde und sie aus ihrer starren und blinden Haltung holen möchte. Denn diese nimmt ausgerechnet von der Person immer wieder Hilfe in Anspruch, der sie den beinahe tödlichen Angriff zu verdanken hat. Leider ändert sich der Tonfall dann aber und mit dem zügigen Lesetempo ist es vorbei. Die Handlung wird zu undurchsichtig, zu viele Dinge werden ausgepackt, angedeutet und der Wechsel zwischen Melody und Eve macht das nicht unbedingt einfacher.


Figuren
Colette McBeth hat in grabestreu unterschiedliche Charaktere zusammengebracht, die sich einerseits wunderbar ergänzen, andererseits aber auch von einem Extrem ins andere fallen. Die Hauptfigur war einst ein vor Lebensfreude und Modebewusstsein nur so sprühendes Wesen und ist nun das krasse Gegenteil davon. Ihr Kontrollzwang ist beispiellos und absolut mitleiderregend. Sie denkt nicht mehr selbst, braucht andere um ihren Alltag leben zu können und gibt sich der Rolle des Opferseins mit Leib und Seele hin. Das geht so weit, dass es beim Leser an so mancher Stelle für regelrechte Übelkeit sorgt und man sich unweigerlich fragt, ob Melody die Aufgabe als Opfer nicht vielleicht sogar genießt? Klar ist nur, dass sie offensichtlich ihrem eigenen Urteilsvermögen nicht mehr traut, sich nicht mehr auf sich selbst verlassen kann oder will und dadurch wie ein willenloses Geschöpf durch die Tage geht.

Die Autorin hat eine eigenartige Art, die einzelnen Figuren in eine Haltung zu forcieren, die für den Thriller selbst von Vorteil ist, für den Leser aber nicht immer erfreulich. So fragt man sich doch, warum die Eltern von Melody nicht einschreiten und versuchen ihre Tochter aus deren isolierter Haltung zu holen oder es wenigstens versuchen. Nein, es geschieht nichts dergleichen. Es ist – wie immer - das Opfer selbst, das sich aus seiner Lage herausheben muss und das ist auch nur möglich, weil eine absolut Fremde ihre Arbeit auf sehr ungewöhnliche Weise gesichert hat und somit Melody eine Chance gibt, aus einer anderen Perspektive als ihrer eigenen einen Blick in ihre Vergangenheit zu werfen. Wie Melody das anstellt, hat Colette McBeth etwas versteckt und trotzdem mit einer gewissen aggressiven Haltung dargestellt.


Aufmachung des Buches
Diese Klappenbroschur wirkt optisch nicht wirklich einladend. Braun, Schwarz, Weiß und Blau sind zu einer seltsamen Komposition von Tropfen, rauen nackten Ästen und einem undefinierbaren braunen Hintergrund verbunden – und machen keinen Sinn. Der Name der Autorin ist in glänzenden blauen Buchstaben zu lesen. Auf der Rückseite steht eine weiße Übersicht über den Thrillerinhalt vor dieser undefinierbaren optischen Aufmachung. Auf der linken Klappe steht eine ausführlichere Angabe zum Buchinhalt, auf der Rechten findet man ein Farbfoto der Autorin und ein paar Worte zu ihr. Warum man den Thriller allerdings „grabestreu“ genannt hat (was sinngemäß nicht so recht passen will) und nicht den Originaltitel The Life I Left Behind (was so viel wie „Das Leben, das ich hinter mir ließ“ bedeutet), ist mir ein Rätsel – denn genau darum geht es in diesem Buch.


Fazit
Auch wenn sich grabestreu im Grunde schön liest und ein sehr gut durchdachter Thriller ist, so hat mir doch das gewisse Etwas, der Pfiff gefehlt. Es gibt keine Überraschungen, keine unerwarteten Wendungen, keinen echten Nervenkitzel. Der Plot ist zu gerade, die Figuren zu perfekt und die Gesetze eines Thrillers werden hier zu offensichtlich eingehalten - was die psychologische Raffinesse komplett aushebelt. Schade, da hab ich mir eindeutig mehr erwartet.


3 Sterne


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