Der kleine Ort Gunzesried im Allgäu ist ein Idyll. Das soll allerdings nicht so bleiben, denn der schwäbische Baulöwe Rümmele will einen gigantischen Freizeitkomplex errichten, um den Tourismus anzukurbeln. Die riesige Anlage verheißt aber nicht nur satte Einkünfte, sondern zerstört auch die Schönheit der Landschaft, und so ist die Bevölkerung in zwei Lager gespalten. Doch dann macht die Einheimische Jo eines Morgens bei einem Ausritt eine schockierende Entdeckung – sie stößt auf Rümmeles Leiche im Schnee. Während die örtliche Polizei noch im Dunkeln tappt, beginnt Jo auf eigene Faust zu ermitteln. Dabei unterläuft ihr jedoch ein fataler Fehler, denn sie hätte niemals an den Tatort zurückkehren dürfen ...
Autor: Nicola Förg Verlag: Goldmann Erschienen: 2008 ISBN: 978-3-442-46913-0 Seitenzahl: 284 Seiten |
Die Grundidee der Handlung
Johanne Kennerknecht, alle nennen sie nur Jo, ist die Tourismus-Managerin der schönen, lieblichen Region um Gunzesried im Allgäu. In dieser Funktion sitzt sie oft zwischen den Stühlen, so auch in der aktuellen Diskussion um den Bau eines Freizeit-Event-Castles, welches von dem Baulöwen Rümmele im besten Disney-Style in die Landschaft platziert werden will. Als sie jedoch bei einem Ausritt mit einem ihrer Pferde die Leiche von eben diesem Rümmele im Schnee und noch dazu ohne Schuhe entdeckt, ist das Kraut gar fett. Auf einmal zählt auch sie zu den ersten Verdächtigen, die sich der neue Hauptkommissar aus Augsburg, Volker Reiber, zurecht gelegt hatte. Erst ihr Freund und ehemaliger Liebhaber Kommissar Gerhard Weinzirl kann seinen Vorgesetzten davon überzeugen, das sie mit dem Mord nichts zu tun hat. Volker Reiber tut sich mit dem Menschenschlag der Allgäuer extrem schwer und tappt von einem Missverständnis ins Nächste. Da sowohl Jo als auch Gerhard mit den Methoden des Neuen nicht einverstanden sind, begeben sie sich auf ihre eigenen Ermittlungen. Vor allem Jo übersteigt schnell ihre Grenzen und als sie der Wahrheit immer näher kommt wird es für sie gefährlich. Nachdem auf sie geschossen wurde, weihen Gerhard und sie Volker Reiber in ihre Ermittlungen ein und sie verspricht, sich aus dem Fall herauszuhalten.
Stil und Sprache
Auch beim 2. Krimi, den ich von Nicola Förg nun gelesen habe, fällt mir auf, dass sie mit ihren in die Tiefe gehenden Geschichten sehr viel Nähe beim Leser erzeugt. Das schafft sie zum einen mit ihrer erfrischenden, humorvollen Art zu schreiben, aber eben auch damit, dass sie die Vergangenheit der Protagonisten bei der Entwicklung des Falles mit in den Vordergrund bringt. Sie erzeugt dadurch einen sehr tiefen Einblick in das Leben der Beteiligten, in den eigentlichen Hintergrund der Tat. Dies tut sie aber nicht einfach nur indem sie die Fakten aufzeigt, die Geschichte der Personen entwickelt sich sozusagen im Laufe der Geschehnisse und vereint sich dann am Ende zum großen Ganzen. Die sehr oft emotional schweren Momente lockert sie dann schnell mit flotten Sprüchen, selbstironischen Charakteren und ihrer typischen Art, den lokalen Dialekt einzubringen, auf. Allen, die der Meinung sind, das sie dann doch nichts mehr verstehen, sei vorweg genommen, dass diese Passagen nicht überhand nehmen und alle Begriffe in einem Glossar erklärt werden. Nicht nur das Einbinden von Dialekt, sondern auch ihre detaillierten Beschreibungen der Szenen und Orte machen ihren Krimi sehr authentisch. Rundherum trotzdem leicht zu lesen und durch wohldosierte Spannung und viel Emotionalität wunderschön mitreißend.
Figuren
Die Personen sind ähnlich wie die Geschichte selbst sehr detailreich gezeichnet. Sicherlich, vielleicht für den ein oder anderen mögen die Charaktere etwas zu sehr klischeehaft wirken. Aber in Wirklichkeit sind viele, gerade in den ländlichen Gegenden, genau so wie Nicola Förg sie beschreibt. Schrullig, eigenbrötlerisch, verschlossen gegenüber allem Neuen und Fremden. Ich komme aus einer solchen Gegend und weiß wovon ich spreche; an jeder Ecke kann man solche Menschen finden. Und gerade deswegen sind die Personen sehr authentisch, besitzen einen sehr hohen Wiedererkennungswert, können dadurch aber eine gewissen Komik nicht entbehren.
Johanna Kennerknecht wirkt nach Außen als ob sie weiß, was sie will. Nach dem Studium, das sie mit Auszeichnung abgeschlossen hatte, war sie nur kurz bei der Regionalpresse, um dann den Aufstieg zur Tourismus-Managerin der Region zu schaffen. In ihrer Jugend gehörte sie quasi zur Elite, umschwärmt von den Männern und immer und überall dabei. Doch außer wilder Affären kam nichts dabei herum, so dass sie nun, Richtung 40, alleine mit 2 Katzen, einem Hasen und 2 Pferden lebt, und immer öfter sehr unzufrieden mit sich ist. Durch ihre Neugierde und die schlechte Angewohnheit erst zu Reden und dann zu Denken, tritt sie von einem Fettnäpfchen ins nächste und bringt sich damit schnell in Gefahr.
Gerhard Weinzirl ist das absolute Gegenteil: ruhig, besonnen, verschlossen und handelt sehr überlegt. Eigentlich würden die beiden sehr gut zueinander passen, was sie ja auch schon waren, ein Paar, aber Johanne konnte sich wie so oft nicht festlegen. Trotzdem ist Gerhard immer für sie da und rettet sie aus diversen kniffligen Situationen.
Aufmachung des Buches
Das Cover des Taschenbuches zeigt ein altes schmiedeeisernes Geschäftsschild vor einem dunklen Gewitterhimmel.
Am Ende des Buches gibt es ein Glossar, in dem die verwendeten Dialektwörter erklärt werden. Sehr sinnvoll für alle Nicht-Bayern und, wie ich feststellen musste, auch für viele Bayern.
Fazit
Ein sehr kurzweiliger Kriminalroman, der mit jeder Menge Lokalkolorit und inhaltlicher Tiefe überzeugt und für Lesevergnügen sorgt.
Hinweise
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