Rosenmontag 1933: Gereon Rath feiert Karneval in Köln, und der Morgen danach beginnt für ihn mit einem heftigen Kater, der falschen Frau im Bett und einem Anruf aus Berlin: Der Reichstag steht in Flammen! Sofortige Urlaubssperre!
Zurück in Berlin wird Rath in die Kommunistenhatz der Politischen Polizei eingespannt und soll eine mysteriöse Mordserie aufklären, der immer mehr Weltkriegsveteranen zum Opfer fallen.
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Originaltitel: Märzgefallene |
Die Grundidee der Handlung
Gute zwei Jahre mussten die Anhänger der historischen Krimiserie rund um den Kriminalkommissar Gereon Rath auf die Fortsetzung mit Band 5 warten – aber das Warten hat sich definitiv gelohnt. In „Märzgefallene“ führt Kutscher seine Leser in die Umbruchzeit Januar bis Mai 1933. Nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler zeichnet sich der Wandel von der Weimarer Republik zur Diktatur ab. Führende Amtsinhaber, auch in der Berliner Polizei, werden durch die SA ersetzt. Gereon, bisher politisch eher desinteressiert, muss erkennen, dass auch er und seine Leute nicht verschont bleiben. In seinem neuen Ermittlungsfall geht es um einen Autor, Achim von Roddeck, der kurz vor der Veröffentlichung seines Kriegsromans „Märzgefallene“ Drohbriefe erhält. Drei Kriegsveteranen werden nacheinander auf gleiche, brutale Art und Weise ermordet, Sie haben 16 Jahre zuvor im März 1917 mit ihm zusammen in Nordfrankreich gekämpft und es ist auch ihre Geschichte, die er nun veröffentlich will. Raths Ermittlungen gehen voran, werden dann aber abrupt beschnitten, politisch gelenkt und schließlich willkürlich ganz auf Eis gelegt. Erst als ein jüdischer Hauptmann aus dem ersten Weltkrieg unter Verdacht gerät, wird der Fall neu aufgenommen, nur zu gut passt er nun in die gewünschte Propaganda. Allerdings wird er Gereon Rath entzogen und dem gegenüber Regime und SA deutlich loyaleren Gräf übergeben. Doch Rath hindert dies keineswegs, auf eigene Faust weiter zu ermitteln.
Eine gelungene Fortsetzung, allerdings überzeugt der Autor diesmal meiner Meinung nach mehr in der Schilderung der historischen Umstände als in dem Kriminalfall selbst. Zum Ende hin erweist sich die Auflösung der Mordserie doch etwas zäh und wenig mitreißend.
Stil und Sprache
Der Autor versteht es erneut, dem Leser wirklich eine vergangene Zeit aufzuzeigen, ihn komplett mitzunehmen und aus verschiedenen Perspektiven heraus das Geschehen erfahrbar zu machen: Eine faszinierende wie schockierende Umbruchsituation wird geschildert, Hitler und die NSDAP sind an der Macht, der Reichstag brennt, Kommunisten und Andersdenkende werden verfolgt, Juden massiv angefeindet und Bücher öffentlich verbrannt. Die Gesellschaft spaltet sich in Anhänger wie Gegner. Kutscher versteht es, diese Kulisse optimal zu nutzen, allerdings wirkt vieles auch sehr stereotyp, plakativ. Es wird das geschildert, was man aus dem Geschichtsunterricht auch so kennt. Wirklich Neues kommt nicht zum Tragen. Und doch schafft es der Autor, den Leser zu fesseln, ihm bewusst zu machen, wie die Situation gerade auch des einfachen Mannes tatsächlich zu der Zeit war. So schreibt er einmal aus der Sicht des einfachen Volkes auf der Straße, das ums Überleben in dieser Nachkriegszeit kämpfen muss, dann wieder aus Sicht derer, die dem Ganzen positiv gegenüber stehen, für sich eine Chance sehen, nach oben zu kommen und derer, die sich dem Ganzen verweigern, schon jetzt erkennen, dass Deutschland sich in die falsche Richtung bewegt.
Kutscher spielt mit der Sprache. Er lässt seine Figuren regelmäßig ins Berlinerische oder in Gereon Raths Heimatstadt ins typisch Kölsche verfallen. Dadurch wirken sie sehr authentisch. Mir haben diese Passagen besonders gut gefallen. Was Kutscher dieses Mal leider nicht so gut gelingt, ist Spannung aufzubauen und diese auch bis zum Ende zu halten. Die geschilderten historischen Umstände beeindrucken über die ganze Geschichte hinweg, dem Kriminalfall selbst kann man jedoch nicht bis zum Ende wirklich interessiert folgen, selbst die Auflösung überrascht nicht.
Figuren
Die Rollenverteilung ist eindeutig. Die deutsche Gesellschaft spaltet sich in Mitläufer, schnell zu Fanatisierende, Karrieretypen, die die Gunst der Stunde skrupellos nutzen und, wie es scheint, einiger weniger, die dem Ganzen doch misstrauisch gegenüber stehen, sich tatsächlich verweigern oder gar rebellieren. Daneben stehen die zahlreichen Opfer, die sich schon abzeichnen: Andersdenkende, Juden, Kommunisten. Alle diese Rollen sind genau so auch im Roman wieder zu finden, teilweise doch sehr plakativ und stereotyp.
Der Polizeiapparat macht da keine Ausnahme. Amtsträger, die nicht in das politische Bild passen, werden ihrer Stellen enthoben, politisch geradlinige, aber weniger begabte klettern schnell die Karriereleiter hinauf.
Gereon Rath zeigt sich zunächst politisch uninteressiert, begreift aber bald, dass er nicht neutral bleiben kann und seine Noch-Verlobte, später dann Ehefrau Charly geht sogar so weit, dass sie ihren Job aufgibt und sich weigert, unter diesen Bedingungen weiter für den Polizeidienst zu arbeiten. Desweiteren kümmert sie sich rührselig gleich um zwei Straßenkinder, die in Raths Ermittlungsfall verwickelt sind. Fritze nimmt sie sogar gleich bei Rath und sich auf. Ihre Rolle wirkt dann doch etwas überzeichnet.
Aufmachung des Buches
Das gebundene, 600 Seiten starke Buch ist in drei Kapitel eingeteilt: Feuer, Rauch und Asche. Das Cover, in einer Linie mit den vorherigen Bänden, zeigt wiederum ein sehr ansprechendes Schwarz-Weiß-Foto der damaligen Zeit.
Fazit
Was den Kriminalfall angeht, sicherlich nicht der überzeugendste des ermittelnden Gereon Raths, aber der Historie wegen absolut lesenswert und man kann schon auf den nächsten Fall gespannt sein!
Hinweise
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Backlist:
Band 1: Der nasse Fisch
Band 2: Der stumme Tod
Band 3: Goldstein
Band 4: Die Akte Vaterland
Empfehlenswert, um sich auch über die vorherigen Romane genauer zu informieren oder generell Hintergrundwissen zu erhalten, ist die zur Serie eingerichtete Homepage: Gereon Rath.
