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„Ich weiß nicht, ob du es schon gehört hast, aber unser Land braucht dringend Helden.“

London, August 1914.
Tausende junger Männer melden sich, um gegen die Deutschen zu kämpfen. Der Druck auf die, die sich dem Krieg verweigern, wächst von Tag zu Tag. Noch hält der 19-jährige John Patterson ihm stand, doch die großen Fragen, vor die der Krieg die Menschen stellt, quälen ihn jeden Tag:
Wofür ist man bereit, sein Leben zu geben? Und wie bewahrt man eine Freundschaft, wenn Mut und Feigheit, Wahrheit und Lüge dicht beieinander liegen? Die Antworten sucht John in der Literatur. Die Geschichte eines jungen Mannes, der in Kriegszeiten versucht, menschlich zu handeln.

 

Post fuer Mrs Bromley 

Originaltitel: Post voor mevrouw Bromley
Autor: Stefan Brijs
Übersetzerin: Marlene Müller-Haas
Verlag: btb
Erschienen: 11. August 2014
ISBN: 978-3-442753888
Seitenzahl: 560 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Im Gegensatz zu seinem zwei Jahre jüngeren Freund Milchbruder Martin Bromley ist der 19-jährige John Patterson keineswegs begeistert von der Idee, der patriotischen Pflicht gegenüber seinem Vaterland nachzukommen und freiwillig in den Krieg gegen die Deutschen zu ziehen, und beginnt daher sein Literaturstudium in London. Mit einer List gelingt es Martin hingegen sich freiwillig zu melden und bald darauf zum Einsatz nach Frankreich an die Front zu kommen. Doch mit den dramatischen Verlusten an der Westfront kommt auf Johns Vater, einen Postboten, immer häufiger die schwierige Aufgabe zu, den Angehörigen zuhause die Todesnachrichten der gefallenen Soldaten zu überbringen. Wird John bei den sich zuspitzenden Geschehnissen und dem zunehmenden äußeren Druck auf ihn als Kriegsverweigerer weiterhin standhalten und seinen Überzeugungen treu bleiben können?

In seinem hervorragend recherchierten, vielschichtigen historischen Roman zum Ersten Weltkrieg erzählt der flämische Autor Stefan Brijs die Geschichte des jungen englischen Literaturstudenten und überzeugten Kriegsskeptikers John Patterson – eine Geschichte über Freundschaft, Mut, Menschlichkeit, Feigheit, Wahrheit und Lüge in Zeiten des Kriegs. Sehr einfühlsam und eindringlich schildert Brijs die bewegende Geschichte seiner Hauptfigur aus zwei sehr unterschiedlichen Blickwinkeln: Zum einen erlebt der Leser die angespannte Stimmung an der Heimatfront in England und zum anderen die Schrecken und Sinnlosigkeit des Kriegs an der Westfront.


Stil und Sprache
Brijs erzählt die Geschichte aus der Perspektive des jungen John in der ersten Person der Vergangenheitsform. Der Autor versteht es hervorragend, die gegensätzliche Stimmung in der Bevölkerung beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs einzufangen. Er lässt seine Leser die ganze Bandbreite an Emotionen spüren - von ausgesprochener Kriegsbegeisterung und grenzenloser Naivität, es endlich den „Hunnen“ zeigen zu können, bis hin zu großer Skepsis, Angst und Entsetzen angesichts der hohen Opferzahlen unter den Freiwilligen, die an der Westfront kämpfen. 

Sehr anschaulich und authentisch zeichnet Brijs im ersten Teil des Romans das Alltagsleben der Londoner Zivilbevölkerung während der immer länger anhaltenden Kriegshandlungen mit seinen Entbehrungen. Stetig wächst der soziale Druck auf daheim gebliebene Männer und Kriegsgegner, immer feindseliger sind die Ausgrenzungen und es kommt sogar zu brutalen Ausschreitungen gegenüber ausländischen Mitbürgern. Gemeinsam mit seinem Kommilitonen William entlarvt John die Lügen und Propaganda der Regierungen und fühlt sich in seiner ablehnenden Haltung zum Kriegsdienst bestätigt.
Sehr deutlich und ohne etwas zu beschönigen vermittelt der Autor in seinem zweiten Teil die Schrecken dieses Kriegs an der Front und das Grauen in den Schützengräben. Je weiter sich die Geschichte entwickelt, desto stärker nimmt der Leser Anteil an den unter die Haut gehenden Einzelschicksalen der Figuren. Wie ein roter Faden zieht sich das tragische Schicksal von Johns Freund und Milchbruder Martin Bromley durch die Handlung und wird zum Ende hin recht stimmig aufgeklärt.

Brijs eindringlicher Erzählstil liest sich sehr angenehm und flüssig. Der Autor hat sich bemüht, sich sprachlich an die damalige Zeit anzupassen. Als kleines Highlight hat er viele Zitate bedeutsamer Dichter und Schriftsteller wie Dickens, Keats, Milton, Heine und Goethe sowie Verweise auf ihre Werke in die Gespräche der beiden Literaturstudenten mit eingebunden.


Figuren
Sehr überzeugend und authentisch wirken Brijs unterschiedliche Figuren, die er durchweg sehr realistisch und emphatisch gezeichnet hat. Der Leser lernt in ihnen vielschichtige, vom Leben und dem Krieg gezeichnete Charaktere kennen, deren Schicksale sehr berühren. Ob nun die einfache, großherzige Mrs. Bromley, der Postbote Mr. Patterson, Johns Vater, der überzeugte Kriegsgegner William, Johns intellektueller Freund und Studienkollege, oder auch Lieutenant Ashwell, Johns Vorgesetzter an der Front – äußerst eindringlich und sehr glaubhaft vermittelt der Autor, wie sie alle von dem Krieg betroffen sind und auf ihre ganz eigene Art versuchen, den belastenden Alltag, die grauenvolle Realität in den Schützengräben oder ihr persönliches Schicksal zu bewältigen.

Brijs ermöglicht dem Leser durch die gewählte Erzählperspektive einen spannenden Einblick in Johns Seelenleben und seine Gedanken als anfänglicher Kriegsgegner, seine Ängste, Trauer und Enttäuschungen. Einfühlsam erzählt der Autor, wie seine heile Welt ihm immer mehr zu entgleiten beginnt und er sich nach einem einschneidenden Erlebnis schließlich völlig desillusioniert in den Krieg begibt. Sehr eindrucksvoll und schonungslos führt er dem Leser die Brutalität, die Unmenschlichkeit und den Wahnsinn dieses Krieges vor Augen. Sehr spannend ist es mitzuverfolgen, wie John sich trotz der traumatischen Kriegserlebnisse und dem täglichen Überlebenskampf bemüht, angesichts des allgegenwärtigen Todes nicht abzustumpfen, seine Würde und Menschlichkeit zu bewahren und einen außergewöhnlichen Weg findet, in all der Not und Verzweiflung für die Kameraden und Angehörigen noch Gutes zu bewirken.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch ist mit einem sehr ansprechend gestalteten Schutzumschlag versehen. Das Cover zeigt eine nostalgisch wirkende, etwas verschwommene Farbfotografie eines jungen Mannes, der sich mit dem Rücken dem Leser zugewandt an einer Wand anlehnt und nachdenklich nach unten schaut. Durch das interessantes Licht- und Schattenspiel ist das Cover ein echter Blickfang und macht neugierig auf den Inhalt des Romans. Dieser ist gegliedert in zwei große Teile – betitelt mit Die Heimatfront und Die Westfront, die jeweils in weitere Kapitel unterteilt sind. Im Anhang finden sich noch eine Nachbemerkung des Autors sowie der Übersetzerin unter Angabe der verwendeten Literaturquellen.


Fazit
Mit seinem hervorragend recherchierten historischen Roman zum Ersten Weltkrieg ist dem Autor Stefan Brijs eine bewegende und nachdenklich stimmende Geschichte gelungen, die aus zwei unterschiedlichen Perspektiven - der Heimatfront und der Westfront - die Schrecken des 1. Weltkriegs beleuchtet. Für alle an dieser Zeitepoche interessierten Leser ein sehr empfehlenswerters Buch!


4 Sterne


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