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Kategorie: Krimis

Als der Romanautor Owen Quine spurlos verschwindet, bittet seine Frau den privaten Ermittler Cormoran Strike um Hilfe. Es ist nicht das erste Mal, dass Quine für einige Tage abgetaucht ist, und sie möchte, dass Strike ihn findet und nach Hause zurückbringt. Doch schon zu Beginn seiner Ermittlungen wird Strike klar, dass mehr hinter Quines Verschwinden steckt, als seine Frau ahnt. Der Schriftsteller hat soeben ein Manuskript vollendet, das scharfzüngige Porträts beinahe jeder Person aus seinem Bekanntenkreis enthält. Sollte das Buch veröffentlicht werden, würde es Leben zerstören – zahlreiche Menschen hätten also allen Grund, Quine zum Schweigen zu bringen.
Als Quine tatsächlich tot aufgefunden wird, brutal ermordet unter bizarren Umständen, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, um das wahre Motiv des skrupellosen Mörders aufzudecken – eines Mörders, wie Strike ihm noch nie zuvor begegnet ist …

 

Der Seidenspinner 

Originaltitel: The Silkworm
Autor: Robert Galbraith
Übersetzer: Wulf Bergner, Christoph Göhler, Kristof Kurz
Verlag: Blanvalet
Erschienen: November 2014
ISBN: 978-3764505158
Seitenzahl: 672 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Der neue Fall von Cormoran Strike – den der Verlag in obenstehender Inhaltsangabe umfassend beschrieben hat – führt den authentischen Ermittler diesmal in die Londoner Verlagswelt und zu einem Verbrechen, dass in seiner Grausamkeit seinesgleichen sucht. Wieder werden geschickt detaillierte Studien der Londoner Gesellschaft mit klassischer Ermittlungsarbeit und einigen neuen privaten Details von Strike und seiner Sekretärin verbunden und ergeben so einen spannenden Krimi.

Robert Galbraith ist ein Pseudonym von JK Rowling, die mit „Der Seidenspinner“ ihren zweiten Krimi und ihren dritten Roman abseits der Harry Potter Reihe veröffentlicht hat.


Stil und Sprache
Der Roman wird durch einen auktorialen Erzähler geschildert, der jedoch meistens die personale Sicht von Strike oder seiner Sekretärin Robin annimmt. Dadurch entsteht schnell die nötige Verbundenheit vom Leser zum Detektiv und man kann mit den beiden Ermittlern gemeinsam auf die Suche nach dem Täter gehen. Die kurzen auktorialen Phasen im Erzählstil werden dazu eingesetzt, auf Gefahren aufmerksam zu machen, die Strike bisher noch entgehen, um so die Spannung zu steigern. Meiner Meinung nach wären diese Perspektivenwechsel nicht unbedingt nötig gewesen – sie haben mich eher aus dem Geschehen rausgerissen – aber sie sind zum Glück nicht allzu häufig. Ansonsten ist die Perspektivenwahl großartig und gibt genau die richtigen Einblicke in die beiden Hauptcharaktere.

Wie schon im ersten Band ist das Buch nicht unbedingt von der ersten Seite an spannend. Stattdessen wird das Umfeld der Tat langsam aufgebaut und dem Leser auch genügend Zeit gelassen, sich in Strike und seinen unnachahmlichen Stil wieder einzufinden. Für Leser, die den ersten Band kennen und noch in guter Erinnerung haben, wird das beinahe ein wenig langweilig. Aber Durchhalten lohnt sich, denn sobald alle Hintergrundinformationen gelegt sind, nimmt das Buch Fahrt auf und wird zu einem spannenden Krimi mit einem grandiosen Finale. Das Mitraten ist dank all der Handlungsstränge nicht ganz einfach, aber die Lösung am Schluss ist nachvollziehbar und in der Retroperspektive erkennt man auch die Hinweise, die man bis dato übersehen hat.

Der Schreibstil von Robert Galbraith ist wieder sehr detailliert und fängt die Londoner Umgebung großartig ein. Natürlich wird durch die Details Spannung rausgenommen, aber dafür kann man sich ein unglaublich realistisches Bild aller Vorkommnisse machen und hat das Gefühl, mit Strike durch Londons Straßen zu streifen.


Figuren
Cormoran Strike ist noch immer kein ausgesprochener Sympathieträger, aber der Leser hat ihn bereits im ersten Band ins Herz geschlossen und wird im Laufe von „Der Seidenspinner“ in dieser Einschätzung immer wieder bestätigt. Zum einen liegt das daran, dass Strike den Fall des vermissten Schriftstellers annimmt ohne reelle Aussicht auf Bezahlung. Zum anderen lernt man nach und nach weitere Teile von Strikes sozialer Vergangenheit kennen. Besonders das Aufeinandertreffen von ihm und seinen verschiedenen Geschwistern lässt den Leser die Hauptfigur mit neuen Augen sehen. Auch die verschiedenen Bezüge zu seiner Zeit in Cornwall komplettieren das Bild des Ermittlers weiter.

Stärker noch als Strike lernen wir seine Sekretärin Robin in diesem Band von einer neuen Seite kennen. Ihre Leidenschaft für die Detektivarbeit ist ungebrochen und führt dazu, dass sie nicht nur ihre beruflichen Perspektiven, sondern auch ihre private Beziehung überdenkt. Ihre Versuche, Strike und ihren Verlobten einander anzunähern, gehörten zu den unterhaltsamsten und gleichzeitig zu den traurigsten Szenen des Buches. Umso schöner zu sehen, wie Robin an den Problemen wächst und mehr Raum einnimmt. Auch über ihre Vergangenheit fallen einige Andeutungen, die hoffentlich im nächsten Band weiter ausgebaut werden.

Wie von Robert Galbraith alias JK Rowling nicht anders gewöhnt, wartet „Der Seidenspinner“ mit einem breiten Geflecht aus Charakteren auf. Man schafft es trotzdem, den Überblick zu behalten, weil sie jedem spezielle Eigenheiten mitgibt und immer wieder in Nebensätzen Erklärungen und Wiederholungen mit einbaut. Die Vielzahl an Charakteren und ihre Dreidimensionalität machen das Buch so lebensecht und vermitteln den Eindruck, man könnte all diese Personen tatsächlich jederzeit in London antreffen.


Aufmachung des Buches
„Der Seidenspinner“ erschien wie der Vorgänger-Band als gebundenes Buch mit Schutzumschlag und Lesebändchen. Wieder sieht man einen weggehenden Mann, diesmal kommt er aus einer bedrohlich rot ausgeleuchteten Gasse. Der Stil und die Stimmung bleiben also zur Reihe passend. Im Buchinneren ist jedem Kapitel ein kurzes Zitat vorangestellt. Ein Zusammenhang zur Handlung ist allerdings nicht immer zu erkennen, sodass ich die Zitate irgendwann nur noch überflogen habe.


Fazit
Auch im zweiten Band kann das Ermittlergespann von Robert Galbraith wieder überzeugen. Ein spannender Fall rund um einen außergewöhnlich brutalen Mord, die vielschichtige Londoner Verlagswelt und ein sympathisch verschrobener Ermittler mit seiner wissbegierigen Sekretärin bieten beste Krimi-Unterhaltung bis zur letzten Seite und viel Potential für weitere Bände.


4 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Der Ruf des Kuckucks