Island 1828. Agnes ist eine selbstbewusste und verschlossene Frau. Sie wird als hart arbeitende Magd respektiert, was sie denkt und fühlt, behält sie für sich. Als sie des Mordes an zwei Männern angeklagt wird, ist sie allein. Die Zeit bis zur Hinrichtung soll sie auf dem Hof eines Beamten verbringen. Die Familie ist außer sich, eine Mörderin beherbergen zu müssen - bis Agnes Stück für Stück die Geschichte ihres Lebens preis gibt.
Originaltitel: Burial Rites |
Die Grundidee der Handlung
Auf einem einsam gelegenen Hof in Island werden im Jahr 1828 zwei Männer ermordet, der Hof brennt nieder. Als Täter werden die beiden Mägde des ermordeten Natan, sowie der Freund der einen Magd ausgemacht. Die drei werden für schuldig befunden und zum Tode veurteilt. Agnes Magnúsdóttir, die älteste des beschuldigten Trios, wird auf dem Kórnsahof einquartiert, bis ihr Todesurteil vollstreckt werden kann. Bäuerin Margrét ist zunächst entsetzt. Misstrauisch beobachtet sie die Mörderin, die sich sofort in den Hofalltag integriert und als Magd fleißig ihre Arbeit verrichtet. Als geistlichen Beistand hat sich Anges den jungen Pfarrvikar Thorbadur gewünscht. Ihm - und in der Enge der bäuerlichen Schlafkammer damit der ganzen Familie - offenbart sie nach und nach ihre Lebensgeschichte. Und macht damit nicht nur alle betroffen, sie erlebt auch zum ersten Mal echte Zuneigung und Integration. Da kommen die Männer, um sie zum Hinrichtungsplatz zu bringen.
Autorin Hannah Kent legt ein beeindruckendes Debut vor. Sie hat die düstere Atmosphäre Islands eingefangen und bringt die Schwermut einer hart arbeitenden und doch am Rande der Existenz lebenden Bevölkerung ausgezeichnet zum Ausdruck. In ihrem Roman spielen Sagas zwar eine untergeordnete Rolle, doch wirkt die Geschichte von Agnes wie eine Saga aus längst vergangenen Zeiten. Hannah Kent hat ihren Roman um die letzte Frau, die auf Island hingerichtet worden ist, so gut es ging auf die überlieferten Fakten aufgebaut. Entstanden ist ein eindrückliches Portrait, eine bewegende Geschichte, in der jede einzelne Figur ihren Platz hat und an keiner einzigen Stelle das Gefühl aufkommt, sie könnte etwas knapper gehalten werden. Die Charaktere sind absolut stimmig aufgebaut und der Hörer mag sich weder dem spröden Zauber von Agnes noch dem leicht überforderten Pfarrvikar oder der resoluten Bäuerin Margrét entziehen.
Darstellung des Hörbuchs
Der Verlag hat es sich mit diesem intensiven Hörbuch punkto Besetzung nicht leicht gemacht. Gewählt wurden schließlich gleich zwei Stimmen, die nicht besser aufeinander abgestimmt sein könnten. Zum einen liest Tobias Kluckert den allgemeinen Part des Romans, zum anderen gibt Vera Teltz der verurteilten Agnes eine Stimme, wenn der Roman deren Sicht schildert. Der Perspektivenwechsel bringt also eine stimmliche Breite mit sich, was dem Publikum auf jeden Fall zugute kommt.
Sowohl Tobias Kluckert als auch Vera Teltz sind die ideale Besetzung. Sie vermögen dem düsteren Roman einerseits Leben einzuhauchen, andererseits geben sie die ganze Melancholie des harten Insellebens wieder. Das gelingt den beiden Sprechern unter anderem mit einer sehr ruhigen, sehr zurückhaltenden Lesung, die gut auf den Roman abgestimmt ist. Weniger mit Nuancierung der Stimme, denn mit verschiedenen Lautstärken und Tempi vermag Tobias Kluckert den Figuren Leben einzuhauchen. Und Vera Teltz liest den Part der Agnes, als würde sie tatsächlich aus ihrer tiefsten Seele heraus ihre Geschichte erzählen. Das wunderbare stimmliche Zusammenspiel der beiden Sprecher lässt vergessen, dass keinerlei musikalische Akzente gesetzt worden sind. Sehr gut gelungen ist hier auch die Kürzung, nirgends gibt es einen Bruch in der Erzählung oder eine unklare Situation.
Aufmachung des Hörbuchs
Ein schlichtes, aber anziehendes Cover, zurückhaltende Farben: Schon der erste optische Eindruck spricht für sich. Nicht ganz glücklich mag man wohl mit der Qualität des Aufklapp-Kartons sein, in dem die CDs untergebracht sind: Wird der Karton unglücklich gehalten, rutschen die CDs schnell heraus. Will man das Hörbuch unterwegs hören, ist es also sicherer, den Karton mit einem Gummiband zu schützen oder das Hörbuch in eine Plastiktüte zu stecken. Da alle relevanten Informationen auf der aufklappbaren Hülle zu finden sind, hat der Verlag auf ein Begleitheft verzichtet.
Fazit
"Das Seelenhaus" ist ein eindringlichlicher, aber düsterer Roman. Ist jemand anfällig für eine melancholische Atmosphäre, sollte er sich gut überlegen, ob er die Geschichte hören will. Jenen, die bereit sind, sich auf die Geschichte einzulassen, bietet die Kombination von Autorin Hannah Kent und den Sprechern Tobias Kluckert und Vera Teltz ein stundenlanges Hörerlebnis.
Hinweise
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