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Es beginnt mit einem Brief. Laurel soll für ihren Englischunterricht an eine verstorbene Persönlichkeit schreiben. Sie wählt Kurt Cobain, den Lieblingssänger ihrer Schwester May, die ebenfalls viel zu früh starb. Aus dem ersten Brief wird eine lange Unterhaltung mit toten Berühmtheiten wie Janis Joplin, Amy Winehouse und Heath Ledger. Denn die Toten verstehen Laurel besser als die Lebenden. Laurel erzählt ihnen von der neuen Schule, ihren neuen Freunden und Sky, ihrer großen Liebe. Doch erst, als sie die Wahrheit über sich und ihre Schwester May offenbart, findet sie den Weg zurück ins Leben und kann einen letzten Brief an May schreiben …

 

Love Letters to the dead 

Originaltitel: Love Letters to the Dead
Autor: Ava Dellaira
Übersetzer: Katarina Ganslandt
Verlag: cbt
Erschienen: Februar 2015
ISBN: 978-3570163146
Seitenzahl: 412 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Eigentlich ist es eine ganz einfache Aufgabe: schreibe einen Brief an jemanden, der nicht mehr lebt. Was als Schulaufgabe gedacht ist, wird für Laurel stattdessen zu einem Weg, all ihre Ängste und Gefühle auszudrücken. Sie ist neu an der Schule, oft allein, kann mit ihren Eltern nicht reden und verliebt sich zu allem Unglück auch noch in den unnahbarsten Jungen der Schule. Nur den berühmten Personen – von Kurt Cobain bis Heath Ledger – kann sie sich anvertrauen. Nur ihnen beichtet sie schließlich, was wirklich mit ihrer Schwester May in der schicksalhaften Nacht auf der Brücke passierte. Ihr größtes Geheimnis – das nach und nach auch sie zu zerstören droht ...

Ava Dellaira hat mit „Love Letters to the Dead” ein wunderschönes Jugendbuch geschrieben, das den Leser tief berührt. Es beginnt mit einer Schulaufgabe und wird zu einer ganz besonderen Form des Tagebuchs. Was anfangs wie eine normale Neues-Mädchen-findet-keine-Freunde-Geschichte erscheint, ist doch so viel mehr. Viele gesellschaftliche Probleme werden angesprochen, viel Leid nach und nach aufgedeckt und doch gelingt es der Autorin, Glücksmomente und Hoffungsschimmer einzuflechten. Ein sehr inspirierender Roman!


Stil und Sprache
„Love Letters to the Dead“ ist ein reiner Briefroman, das heißt, sämtliche Handlung wird über Laurels Briefe dargestellt. In Ihnen schreibt sie, was ihr passiert, was sie bewegt und welche Gedanken sie sich zu allem macht. Diese Form der Erzählung ist anfangs ein wenig ungewohnt, aber nach kurzem Eingewöhnen durchaus angenehm zu lesen. Der Schreibstil passt perfekt zu Laurel und man hat über weite Teile tatsächlich das Gefühl, Briefe einer Jugendlichen zu lesen. Gleichzeitig sind manche Passagen so philosophisch und wunderschön geschrieben, dass man sie auch eins zu eins in ein Poesiealbum übertragen könnte.

Nicht ganz so überzeugend wie der Schreibstil war für mich der Handlungsverlauf von „Love Letters to the Dead“. Der Beginn war durchaus interessant, das Ende dramatisch und spannend. Nur der Mittelteil dazwischen hatte leider ein paar Längen. Das liegt zum einen daran, dass die Geschichte lange kein erkennbares Ziel hat. Nach dem Beginn erfährt man viele Seiten wenig Neues über May und ihren dramatischen Tod, auch Laurels Leben steht ein bisschen auf der Stelle und als Leser ist man gewillt, die eine oder andere Stelle einfach zu überspringen. Zum anderen liegt die Spannungsflaute auch an den Details über die toten Persönlichkeiten, denen Laurel schreibt. Es ist durchaus interessant zu lesen, welche Erfolge und Schicksalsschläge hinter den berühmten Biografien stecken, aber ab und zu bremst es die eigentliche Handlung zu stark aus. Zum Ende hin geben sich zum Glück all diese Schwächen und die zweite Hälfte des Romans steuert dann zielstrebig auf ein berührendes Finale voller Erkenntnisse, die man auch auf das eigene Leben übertragen kann, zu. So ganz unvorhergesehen ist bis dahin vieles nicht mehr, aber es bleibt trotzdem spannend. Insbesondere die letzten Briefe haben mich schließlich zu Tränen gerührt.


Figuren
Laurel ist eine wunderbare Protagonistin. Auf der einen Seite ist sie eine ganz normale Jugendliche, die an eine neue Schule kommt, neue Freunde finden muss und viele Erfahrungen – gute wie schlechte – erstmalig im Leben macht. Gleichzeitig ist sie durch ihre Geschichte und ihr besonderes Wesen aber auch ein sehr interessanter Charakter, den man erst nach und nach voll begreift. Zu sehen, wie sie sich schließlich ihrer Vergangenheit stellt und an ihr wächst, ist bewegend und inspirierend zugleich. Auch für erwachsene Leser ist sie eine durchaus interessante Protagonistin und ihre Geschichte zeigt sehr deutlich, was Kinder und Jugendliche alles von den Problemen der Eltern in ihr eigenes Leben mitnehmen und wie wichtig es ist, ihnen bei der Bewältigung von Schicksalsschlägen zu helfen.

Bedingt durch die gewählte Erzählperspektive ist natürlich auch die Darstellung der Nebencharaktere eingefärbt durch Laurels Sichtweise. Entsprechend lernen wir einige Figuren – zum Beispiel ihre beiden Freundinnen Hannah und Natalie – sehr gut kennen, während vor allem die Erwachsenen nur sehr zurückhaltend charakterisiert werden. Zu der Geschichte passt das durchaus und alle wichtigen Details erhält man auch über die weniger stark hervorgehobenen Charaktere, vor allem wenn man aufmerksam und zwischen den Zeilen liest. Einziger Kritikpunkt ist, dass Sky – der Freund von Laurel – sehr blass bleibt. Hier hätte ich mir mehr Details und Hintergründe gewünscht.

Nun zu einer allgegenwärtigen Figur, die doch nie selbst auftritt: May. Laurel misst sich an ihrer großen Schwester, ohne alle Hintergründe zu kennen. Für sie war May ein absolutes Vorbild und gepaart mit den Schuldgefühlen gibt es so ein sehr verzerrtes Bild der Toten. Nach und nach erfährt der Leser immer mehr Details und lernt entsprechend die wahre May kennen. Eine faszinierende Persönlichkeit, die doch immer am Abgrund balancierte.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch wurde mit einem in meinen Augen perfektem Cover ausgestattet. Ein wolkenverhangener Himmel entweder zur Sonnaufgangs- oder Sonnenuntergangszeit, ein schreibendes Mädchen und ganz schlicht der Titel. Die Stimmung von Laurels Briefen wird absolut eingefangen und gleichzeitig hebt sich das Buch sehr schön von den üblichen Jugendbuchcovern ab.

Das Buchinnere ist weder in Kapitel noch in Teile untergliedert, sondern besteht einfach aus einem Brief nach dem anderen. Dadurch entsteht tatsächlich der Eindruck, Laurels Briefbuch zu lesen statt einen Roman.


Fazit
Trotz einer Spannungsflaute im Mittelteil ist „Love Letters to the Dead“ ein wunderschönes, unterhaltsames Jugendbuch. Laurels Geschichte zeichnet ein bewegendes Bild der schwierigen Zeit des Erwachsenwerdens, spricht sicher vielen Jugendlichen aus der Seele und inspiriert sie gleichermaßen. Sehr empfehlenswert – nicht nur für Jugendliche.


4 Sterne


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