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„Ich habe immer gedacht, man würde irgendwie wissen, dass was Schreckliches passiert, es spüren, wie bei einem Gewitter, wenn es auf einmal so drückend und schwül ist, dass man weiß, man muss sich einen Unterschlupf suchen, wo man ausharren kann, bis das Unwetter vorbei ist. Aber so ist es gar nicht. Es gibt keine gruselige Musik wie im Film. Keine Vorboten. Nicht einmal eine einsame Elster."

 

Das Jahr nachdem die Welt stehen blieb 

Originaltitel: The Year of the Rat
Autor: Clare Furniss
Übersetzer: Andrea O'Brien
Verlag: Carl Hanser Verlag
Erschienen: 28.07.2014
ISBN: 978-3446246263
Seitenzahl: 272 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Pearl ist mir ihrer schwangeren Mutter und ihrem Stiefvater, den sie wie ihren eigenen Vater ansieht und liebt, in ein neues Haus gezogen. Doch ein paar Monate vor der Geburt kommt es zu Komplikationen und Pearls Mutter wird krank. Sie muss ins Krankhaus, bringt die kleine Rose zur Welt und stirbt bei der Geburt. Von nun an bricht für Pearl die Welt zusammen. Sie geht nicht mehr regelmäßig zur Schule, vernachlässigt ihre beste Freundin Molly, vergräbt sich immer weiter zu Hause, badet in Selbstmitleid, lässt keinen an sich heran und hasst alle – ihren Dad, ihre Mutter, die sie so plötzlich im Stich gelassen hat und vor allem Rose, die sie nur Ratte nennt. Denn würde es sie nicht geben, wäre ihre Mutter noch am Leben. Zuflucht findet sich einzig und allein in Gesprächen mit ihrer verstorbenen Mutter. Doch plötzlich lernt sie Finn, den Nachbarsjungen, kennen ...

„Das Jahr, nachdem die Welt stehen blieb" ist das erste Buch der Autorin Clare Furniss. Ihr gelingt es hervorragend, die zentralen jugendlichen Themen aufzugreifen und in eine spannende, aber auch sehr traurige und emotionale Geschichte einzubetten. So erlebt der Leser sehr authentisch Pearls Gefühlschaos von Trauer, Wut, Eifersucht, Freundschaft, Streit und Liebe.


Stil und Sprache
Pearl erzählt die Geschichte über ihr Familienschicksal selbst. Durch diese Ich-Perspektive kann sich der Leser leichter in das zutiefst erschütterte Mädchen hineinversetzen. Nur dem Leser vertraut sie ihre heimlichen Gefühle, ihren Hass und ihre Gedanken an, die sie sonst vor ihrer Familie und ihren Freunden verbirgt. Der Leser hat dadurch das Gefühl, immer ein Stück mehr zu wissen als die Charaktere des Buches.

Die Debütantin verwendet in ihrem ersten Jugendbuch eine einfache Sprache. Die Wortwahl sowie der Satzbau sind leicht verständlich und für Jugendliche optimal. Clare Furniss trifft den Nagel auf den Kopf, schreibt nicht lange drum herum, sondern bringt das Thema schnell auf den Punkt und schweift dabei auch nicht ab. Sie beschönigt die dramatische Thematik keineswegs. Durch ihre unverblümte Art lässt sich das Buch schnell und flüssig lesen. An manchen Stellen könnte die Autorin noch weiter in die Tiefe gehen und eine Situation noch genauer ausführen. Dann würden manchen Stellen nicht so abrupt enden und der Übergang zur nächsten Situation wäre fließender.

Die geradlinige Handlung ist sehr realitätsnah, authentisch und nachvollziehbar. Trotz der realistischen Erzählweise mangelt es nicht an Emotionen und Gefühlen. Diese kommen sehr gut zum Ausdruck und übertragen sich auch auf den Leser. Ihr gelingt es, trotz der Kurzweiligkeit des Buches Spannung aufzubauen und diese auch bis zum Schluss zu erhalten.


Figuren
Die Protagonistin des Jugendbuchs ist die fünfzehnjährige Pearl. Sie wird von der Autorin Clare Furniss wie ein klassischen Teenager beschrieben, der launisch und sehr verletzend sein kann, zudem unüberlegt handelt und doch hin und wieder mit Hilfe von Erwachsenen auf den richtigen Weg bzw. zur Vernunft gebracht werden muss. Die Jugendliche ist nach dem Tod ihrer Mutter sehr antriebslos, verlässt nur selten das Haus und vernachlässigt dadurch ihre Freundschaft zu ihrer besten Freundin Molly. Dadurch steht die Freundschaft kurz vor einem Bruch. Ein weiterer Wesenszug der Protagonistin ist die ständige Eifersucht, die sie verspürt. Pearl ist eifersüchtig auf ihre kleine Schwester Rose, aber auch auf Ravi, den Freund ihrer besten Freundin Molly. Sie macht sich selbst das Leben schwer und durch ihr Selbstmitleid verschwindet sie immer mehr. Der Autorin gelingt es auf eine wunderbare und einfühlsame Art und Weise, die Gefühle von Pearl transparent zu gestalten und rührt den Leser dadurch auch oftmals zu Tränen.

Ein weiterer wichtiger Charakter ist zudem Pearls Mutter, der sie regelmäßig in ihrer Phantasie begegnet. Diese wird als fürsorgliche Mutter beschrieben, die ihr in brenzligen Situationen trotz ihres Todes beiseite steht und versucht, sie zur Vernunft zu kriegen. Obwohl auch diese Begegnungen häufig im Streit enden, spürt der Leser die bedingungslose Liebe der Mutter zu ihrer Tochter.

Pearls Stiefvater, der sich seit ihrer Geburt um sie kümmert, ist ebenfalls eine bedeutende Person. Dieser ist mit der gesamten Situation maßlos überfordert und kann seine Tochter plötzlich nicht mehr verstehen. Ihm fehlt die Kraft, sich mit ihren Launen auseinanderzusetzen, somit geraten die beiden häufiger aneinander.

Weitere Nebencharaktere sind die Großmutter Granny, welche Pearl, Rose und deren Vater im Haushalt unterstützt, sowie Molly, Pearls beste Freundin, die es jedoch irgendwann leid ist, ständig nett und zuvorkommen zu sein, aber immer nur auf Ablehnung stößt. Auch Finn, der Nachbarsjunge, spielt im Laufe des Buchs eine zentrale Rolle und wird für Pearl immer bedeutender. Finn ist ein wohlerzogener und zuvorkommender Junge, der sich sehr um Pearl sorgt und gerade in heiklen Situationen für sie da ist.


Aufmachung des Buches
Das Jugendbuch erschien als gebundene Ausgabe. Es besitzt einen roten Papierumschlag. Auf dem roten Cover ist eine weiße leere Eierschale abgebildet, welche wohl für das kürzlich geborene Baby steht. Die Titelschrift ist ebenfalls in Weiß gehalten. Das Cover wirkt schlicht, dennoch vielversprechend. Der Titel macht ebenfalls neugierig, welches tragische Ereignis sich dahinter wohl verbirgt.

Auch bei der inneren Aufmachung und der Kapiteleinteilung hat sich die Autorin etwas dabei gedacht. Die Kapitel werden in Monate unterteilt, beginnend im März. Somit besteht das Jugendbuch aus zwölf Kapiteln, die die Ereignisse eines kompletten Jahres widerspiegeln.


Fazit
„Das Jahr, nachdem die Welt stehen blieb" ist ein empfehlenswertes, gefühlsbetontes Jugendbuch von Clare Furniss. Sie beschreibt realistisch und emotional, wie schnell von einem Tag auf den anderen die heile Welt zerbrechen kann und wie mühsam es ist, sich in dieser neuen, trostlosen Welt zurechtzufinden.


4 5 Sterne


Hinweise
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