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Kategorie: Fantasy, Mystery, Vampire

Magische Skyline

Was haben ein gestohlenes Buch über Magie aus der Weißen Bibliothek zu Weimar und ein berüchtigter Sozialwohnungsblock namens Skygarden Towers in Südlondon miteinander zu tun? Mehr, als man meinen sollte.

Stellt jedenfalls Peter Grant fest, der als Londoner Police Constable und Zauberlehrling sowieso magischen Kummer gewohnt ist. Doch auch ein gewisser gesichtsloser Magier legt großes Interesse am Skygarden Tower an den Tag – und das, wie man ihn kennt, sicher nicht ohne bösen Grund ...

 

Der boese Ort 

Originaltitel: Broken Homes
Autor: Ben Aaronovitch
Übersetzer: Christine Blum
Verlag: dtv
Erschienen: Mai 2014
ISBN: 978-3-423-21507-7
Seitenzahl: 399 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Eine Reihe mysteriöser Todesfälle in London zieht das Folly auf die Spuren eines magisch begabten Täters – möglicherweise des gefährlichen, aber auch mysteriösen Gesichtslosen? Die Spuren führen Peter, Lesley und Nightingale zum Skygarden Tower, einem monströsen Hochhauskomplex des deutschen Architekten Erik Stormberg. Doch etwas an der nun als Sozialwohnungsblock genutzten Anlage geht nicht mit rechten Dingen zu – und bringt die Mitglieder des Folly in große Gefahr …

Ben Aaronovitchs vierter Roman hat nichts von seinem Schwung verloren – humorvoll, charmant und typisch britisch macht auch diese Reise durch die magische Welt einfach nur Spaß!


Stil und Sprache
Der böse Ort kann man auch ohne Kenntnis der vorangegangenen Bücher lesen, aber natürlich macht es umso mehr Spaß, wenn man die bisherigen Bände zu Peter Grant kennt. In diesem Teil kommt erst nach und nach der von Ben Aaronovitch bekannte, britisch-schwarze und zuweilen bissige Humor auf. Dann aber sorgen nicht nur die Gedanken von Peter Grant und das, was ihm mal herausrutscht, für gute Unterhaltung, sondern auch manche seiner Verhaltensweisen. Hinzu kommen gelegentliche Anspielungen auf den Herrn der Ringe, Star Trek, Harry Potter, Game of Thrones oder die Kochbücher von Jamie Oliver, die manchen Szenen ein wenig vom Ernst nehmen, zugleich aber amüsieren. Peter Grant erzählt auch diesen Roman aus seiner eigenen Sicht. So ist man als Leser nah bei ihm, nimmt Teil an seinen Gedanken, seinem gelegentlichen Schabernack, aber auch seiner ernsthaften und kompetenten Durchführung seines Jobs als außergewöhnlicher Polizist. Gelegentlich spricht er den Leser sogar persönlich an und bindet ihn noch näher an die Geschichte.

Die übliche Polizeiarbeit, die nicht immer mühelos vorankommt, wird immer wieder mal durch andere Ereignisse unterbrochen, die auf den ersten Blick nur der Unterhaltung und dem Erhalt einiger Figuren – so den Flussgöttern der Themse und deren Nebenflüsse – dienen und mit dem Großen und Ganzen des konkreten Falls nicht viel zu tun zu haben scheinen. So gibt es in diesem Buch zunächst nicht wenige Abschnitte, in denen Action kaum zu finden ist. Der Autor lässt sich Zeit, die Szenerie aufzubauen, ohne jedoch zu irgendeinem Zeitpunkt zu langweilen – er beherrscht es scheinbar mühelos, den Leser zu verzaubern, bei der Stange zu halten und immer wieder gut zu unterhalten. Diese Abschnitte wechseln sich jedoch zunehmend mit Kapiteln ab, in denen es ordentlich zur Sache geht, und die sind von Aaronovitch packend und mitreißend – und zuweilen dramatisch – geschrieben.  Einmal so richtig in Fahrt gekommen, häufen sich diese fesselnden Szenen und steigern sich bis zu einem fulminanten Finale, dass zudem zu überraschen weiß.

Ben Aaronovitch Beschreibungen von Personen sind kurz, knapp und doch jederzeit prägnant genug, um neu eingeführte und vorgestellte Figuren vor dem inneren Auge entstehen zu lassen. Etwas ausführlicher und für London-Kenner und -Fans umso spannender sind seine Angaben und kurzen Hintergrunderläuterungen derjenigen Orte, an denen der Roman gerade spielt. Zudem würzt der Autor seine Erzählung mit herrlich bildhaften, sehr kurzweilig Vergleichen. Wie nebenbei lässt Aaronovitch wieder Fakten und Anekdoten zu britischer Polizeiarbeit, politischen und gesellschaftlichen, sowie architektonischen und städtebaulichen Entwicklungen Londons, aber auch über das typisch nasskalte Londoner Wetter einfließen.


Figuren
Viele der Figuren, die sich hier tummeln, kennt man bereits aus den Vorbänden, doch wird es mit ihnen nie langweilig. Ein Wiedersehen gibt es unter anderem mit Zach und einigen Angehörigen des Stillen Volks. Dazu kommen so manch neue, insbesondere die verbliebenen Bewohner des Skygarden Towers, aber auch einige Angehörige aus den Reihen der magisch Begabten. Doch im Fokus stehen besonders Peter Grant, Lesley May und ihr Vorgesetzter Nightingale. Aaronovitch begleitet den Leser erstmals in die intimere Gedankenwelt von Lesley und Peter – zwar nicht übermäßig vertieft, macht er seine Charaktere mit diesem Schritt doch noch plastischer und glaubhafter.
Einmal mehr kommt man der unnahbaren und gelegentlich seltsam anmutenden Figur des vollkommenen Gentlemans Nightingale näher, lernt ihn, seine Einstellungen und Fähigkeiten, aber auch einige alte magische Traditionen besser kennen.

Im Hintergrund und so mysteriös wie praktisch nicht greifbar scheint der Zauberer zu agieren, den Peter Grant den Gesichtslosen getauft hat. Er ist wie ein Schatten, wie Nebel, der sich immer wieder über die Ereignisse legt, ohne allzu viele Spuren zu hinterlassen. Und doch trägt die von ihm ausgehende, permanente Bedrohung zu dem Reiz des Buches stark bei. Wesentlich präsenter ist da schon Varvara Sidorovna, eine magische Gegenspielerin, die Lesley und Peter immer wieder über den Weg läuft und beiden ordentlich zusetzt. Auch bei den Antagonisten verzichtet der Autor auf Schwarzweißmalerei und verleiht ihnen durch entsprechende Motivationen und Hintergründe mehr Glaubhaftigkeit.


Aufmachung des Buches
Sich an der Gestaltung der Buchreihe orientierend, ist auch Der böse Ort als Taschenbuch aufgelegt. Anhand der Aufmachung des Umschlags erkennt man die Serienzugehörigkeit sofort wieder heraus: eine alte Karte Londons zeigt einen Teil der Themse und der umliegenden Straßen und Gebäude. Während die Themse blutig rot verläuft, wird die Stadt von dem mächtigen Schatten eines Mannes im Mantel überragt – vermutlich von der Stelle aus, an der sich der Skygarden Tower befindet. Der Titel wurde nach außen geprägt und zusammen mit einigen anderen Elementen mittels Spotlack versiegelt.


Fazit
Urban-Fantasy vom Feinsten: während die magische Welt Londons für Peter Grant einen neuen, explosiven Fall bereithält, versteht es Ben Aaronovitch einmal mehr, den Leser zu packen und – gewürzt mit britischem Charme und bissigem Humor – köstlich zu unterhalten.  Da sind Spaß und Spannung garantiert!


4 5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Die Flüsse von London
Band 2: Schwarzer Mond über Soho
Band 3: Ein Wispern unter Baker Street