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In der deutschen Industriegeschichte tat sich das Ruhrgebiet stets besonders hervor. Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte es sich zum größten Montanrevier Deutschlands. Kohle und Stahl prägten die Landschaft, Fördertürme und Hochöfen beherrschten den Blick. Heute, Jahre bis Jahrzehnte nach Schließung der Zechen, Stahlwerke und Kokereien, hat Peter Untermaierhofer im „Revier“ fotografiert, war auf der Suche nach dem Verfall, nach den „Lost Places“ im Ruhrgebiet. Doch dominiert der Niedergang längst nicht mehr überall: Denkmalwertes hat sich erhalten, die Pflege von Industriekultur hat eine große Bedeutung. Entstanden ist ein kunstvoller Bildband, der das verschleißende „reviertypische“ Erscheinungsbild des Ruhrgebietes zeigt, aber auch die gegenwärtigen Umstrukturierungen und Zukunftsperspektiven nicht verbirgt.

Dr. Thomas Parent, bis 2013 stellvertretender Direktor des LWL-Industriemuseums in Dortmund und Autor zahlreicher Publikationen zur Kultur- und Industriegeschichte des Ruhrgebiets, skizziert dazu in fundierten Texten die Geschichte der porträtierten Orte.

 

Vergessene Orte im Ruhrgebiet  Autor: Peter Untermaierhofer / Dr. Thomas Parent
Fotograf: Peter Untermaierhofer
Verlag: mdv Mitteldeutscher Verlag
Erschienen: September 2013
ISBN: 978-3-95462-105-7
Seitenzahl: 176 Seiten


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Peter Untermaierhofer begrüßt die Leser seines Bildbandes in einem Vorwort, das die sich von der Buchrückseiten-Beschreibung ergebene Zielausrichtung noch einmal definiert: Ihm geht es um die industriellen „Lost Places“ der Montanindustrie des Ruhrgebietes. Der Begriff „Lost Places“ ist in der Szene der Urban Explorer (kurz: Urbexer; zu Deutsch: Stadtforscher) weit gefächert. Hier umfasst er verschiedene Zechengelände, Hebewerke und andere Objekte, die teilweise zur „Route Industriekultur“ des LWL (Landschaftsverband Westfalen-Lippe), teilweise aber auch der Industriedenkmal-Stiftung oder anderen Vereinen gehören, und Besuchern größtenteils offenstehen. Auf ihre Entstehung und Geschichte im Allgemeinen geht das Vorwort ebenso ein. Abschnittsweise sind die verschiedenen Objekte und Gelände gegliedert – auf den Kapitelseiten finden sich neben den Namen nicht nur die vollständigen Anschriften, sondern auch porträtierende Erläuterungen zu den Anlagen, die von Dr. Thomas Parent stammen.

Sehr viele der hier gezeigten Fotografien – wenn nicht sogar alle – entsprechen der aktuellen Bildbearbeitungstechnik HDR (High Dynamic Range), um mit einem größeren Kontrastumfang, den eine Kamera in einem einzelnen Bild nie erreichen kann, sowie durch gesteigerte Plastizität ein Maximum an Details zu zeigen. Zugleich haben nicht wenige, vermutlich von Peter Untermaierhofer in der Richtung „malerisch“ oder „grunge“ ausgearbeitet, einen mysteriös-unwirklichen Look, der die Bilder weniger wie fotografiert, sondern eher wie gemalt erscheinen lässt, wobei die Stärke und Wirkung der HDR-Technik – abgepasst auf die Bildinhalte – variiert. Dieser Stil, der sich in der Urbex-Szene häufig findet, passt in der Regel sehr gut zur maroden, von Verfall bestimmten Atmosphäre der „Lost Places“. Anhänger klarer, klassischer Fotografien werden hier demnach nicht auf ihre Kosten kommen.

Vorwort, Inhaltsverzeichnis, Danksagung, die Kurzinfos zu den Autoren und die Eröffnungsblätter jedes einzelnen Lost Places sind in weißer Schrift auf schwarzem Papier gedruckt, die Fotografien – stets nur eine pro Seite, um voll zur Geltung zu kommen und um die Aufmerksamkeit des Betrachters nicht ringen zu müssen – hingegen auf weißem Untergrund. Die Bilder sind ausschließlich im Querformat erstellt, zeigen majestätische Maschinenhallen, riesige Fördermaschinen und filigrane Fördergerüste, Treppenanlagen und feine technische, sowie architektonische Details. Die Hallen und Anlagen, die unter Denkmalschutz stehen, sind oft gepflegt, saniert und / oder für den Tourismus erhalten, es finden sich in diesem Bildband aber auch Aufnahmen von Objekten, die – typisch bei dieser Art der Fotografie – vereinzelt von Sprayern und Vandalismus gezeichnet, von Rost, abblätternder Farbe, Schutt und vom Staub längst vergangener Tage besetzt oder aber von der Natur zurückerobert wurden. Auch in den Zechen, die heutzutage touristisch erschlossen sind, wie beispielsweise Zeche Zollverein Essen, ist es Untermaierhofer gelungen, Ansichten zu finden, die den Zahn der Zeit zeigen, der an alten Gebäuden und Anlagen nagt – vermutlich mittels einer speziellen Genehmigung in Bereichen der Industrieanlagen, in die Besucher sonst nicht vordringen. Nicht wenige Fotografien sind von einer wunderschönen Lichtstimmung geprägt, die allein schon ein Genuss ist.

Insgesamt ist der Bildband ein Augenschmaus für alle an der vielfältigen Industriegeschichte des Ruhrpotts und an „Lost Places“ Interessierten.


Aufmachung des Buches
Der fest eingebundene Bildband liegt im Format A4 vor. Auf dem Karton des Umschlags zieht sich von der Rück- zur Vorderseite eine Fotografie aus dem industriellen Bereich, die beim Leser direkt Neugierde und Lust auf mehr weckt. Die Beschreibung der Buchrückseite ist, wie auch das Inhaltsverzeichnis, das Vorwort, die Danksagung und die Kurzinformationen zu den Autoren, sowohl in Deutsch, als auch in Englisch abgedruckt.


Fazit
Ein Bildband, der sich zugleich der einstigen Montanindustrie, als auch heutigen „Lost Places“ des Ruhrgebietes widmet. Peter Untermaierhofer gelingt es, mit beeindruckenden Fotografien dieser vergessenen Orte zu faszinieren, aber auch zu inspirieren.


4 5 Sterne


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