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Kategorie: Interviews mit Autoren

Karim Pieritz


Karim Pieritz ist Autor der Kinderbuch-Reihe "Leuchtturm der Abenteuer", die für Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren geeignet ist. Gerade erst ist der 5. Band "Der Stein der Riesen" im Selbstverlag erschienen.


Hallo Karim, zuerst einmal vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, um meine vielen Fragen zu beantworten. Auf deiner Homepage kann man lesen, wie du zum Schreiben gekommen bist, würdest du das unseren Lesern nochmal erzählen?

Als mein Sohn in den letzten Jahren immer wieder neue Abenteuergeschichten von mir hören wollte, weckte das meine Inspiration. Schon beim ersten Teil war mir klar gewesen, dass ich nicht nur eine einzige Geschichte erfunden hatte. Ich hatte ein lebendiges Universum voller Magie vor mir, welches sich ständig weiter entwickelte.
 

Liest dein Sohn die Geschichten heute noch?

Mein Sohn war bei der Geburt der Abenteuer mit dabei und er hat sie deutlich geprägt. Seit seinem 4. Lebensjahr lese ich ihm die Geschichten vor und so machen wir das bis heute. Da er die Geschichten in- und auswendig kennt, liest er die alten Bücher selten. Er stürzt sich hingegen begierig auf die neuen Texte. Er kann für einen Zweitklässler schon sehr gut lesen und greift bei der Lektüre gerne zum Rotstift, um seine Anmerkungen zu hinterlassen.


Wärst du ohne deinen Sohn früher oder später auch zum Schreiben gekommen?

Ja, denn meine ersten Geschichten schrieb ich Anfang der 80er-Jahre als Fünftklässler. Ab der 7. Klasse konnte ich meine schriftstellerische Neigung noch mehr in Deutsch-Aufsätzen ausleben. Als Student veröffentlichte ich zahlreiche Kurzgeschichten in "Mailboxen" und "Newsgroups", später dann auf einer eigenen Homepage und in einem Studentenmagazin. Das Schreiben war für mich lange Zeit ein geliebtes Hobby, allerdings gab ich es im Berufsalltag lange Zeit auf.


Dein neues Buch spielt in der Weihnachtszeit, und deine Helden erleben wieder allerhand Abenteuer auf Himmelblau. Kannst du den Lesern kurz erzählen, was sie erwartet, wenn sie mit den Kindern nach Himmelblau reisen?

Die Helden der Kinderbuch-Reihe sind Jungen und Mädchen im Alter von 8 bis 12 Jahren. Sie reisen mithilfe von magischen Taschenlampen auf den fernen Planeten Himmelblau. An diesem märchenhaften Ort leben Elfen, Zwerge, Riesen, Bären, Zauberer, Piraten und weitere magische Geschöpfe wie Drachen. Die Kinder erleben dort und zuhause spannende und lustige Abenteuer. Sie bewältigen schwierige Aufgaben und treffen auf böse Mächte, die den Planeten ausbeuten und zerstören wollen. Sie setzen ihre Freundschaft und Hilfsbereitschaft dagegen, überwinden Ängste und begeben sich auf mutige Rettungsmissionen.

Im neuen Abenteuer "Der Stein der Riesen" hat die böse Bruderschaft vom grünen Mond einen magischen Stein der Riesen gestohlen. Piraten wollen ihn mit ihrem Schiff zur Pyramide bringen, um sie damit fertig zu stellen. Wenn das geschieht, wird Himmelblau zerstört! Das Bärenmädchen Sali, der Elfenjunge Purzel und ihre Freunde wollen das verhindern. Sie reisen in den Norden, wo Bäume keine Bäume sind und sich Berge bei Mondaufgang in die Lüfte erheben. An den Ort, wo die Magie Himmelblaus zuhause ist und ein ewiger Regenbogen am Nordpol direkt in den Himmel führt.

Band 5 ist mit 214 Seiten erheblich umfangreicher, als alle bisherigen Bücher zuvor. Hier werden die Weichen für das große Finale in Band 6 gestellt. Ganz nebenbei wird erklärt, woher der Weihnachtsmann tatsächlich kommt. [lacht]


Hattest du beim ersten Band "Die Reise nach Himmelblau" gedacht, dass aus deinen Geschichten eine Reihe werden würde?

Als ich mir für meinen Sohn Gutenachtgeschichten ausdachte, hatte ich noch keine Reihe geplant. Jedoch erzählte ich meinem Sohn immer mehr Abenteuer von Michael und ich baute die Abenteuer aufeinander auf. Jede Geschichte enthielt offene Fragen, die erst am nächsten Abend beantwortet wurden.
So fragt man sich nach dem ersten Abenteuer, was Michaels Mitschüler Jan mit seiner Taschenlampe noch für Unsinn machen wird. In der Fortsetzung benutzt Lena, Jans unwissende Schwester, diese Taschenlampe und schickt sich versehentlich nach Himmelblau. Dort wird sie von fiesen Zwergen entführt, die sie für die Tochter einer mythologischen Frau halten. Als Lena und ihre Freunde zur Erde fliehen, werden sie von einem Piraten verfolgt, der im dritten Band neuen Unfug veranstaltet. Er buddelt einen uralten Kampfroboter aus und verschwindet mit ihm nach Himmelblau. Dort angekommen will er - in Band 4 - den magischen Kristall aus dem Leuchtturm stehlen. In Band 4 klärt sich auch die Frage, ob Lena tatsächlich die Tochter dieser mythologischen Frau ist. Und so geht es weiter.


Ich schätze an deinen Geschichten den Reichtum an "fantastischen" Ideen und die wissenschaftliche Genauigkeit. Wie erklärst du dir den Erfolg deiner Erzählungen?

Mein Slogan lautet: spannende, magische und lustige Kinderbücher. Diese drei Punkte sind für mich von großer Bedeutung, da ich selbst solche Geschichten auch gerne lese, höre oder sehe.

Wenn man eine Geschichte in einer gewöhnlichen Welt beginnt, kann sich der Leser sehr gut in den Helden hineinversetzen. Dann geschieht etwas Fantastisches. Die Kunst ist es, dieses Ereignis so glaubwürdig wie möglich zu beschreiben und zu erklären. Erst dann kann der Leser sich vorstellen, dass es wirklich so passieren könnte und das macht es so spannend.
In das magische Transportsystem meines Universums habe ich viel Zeit investiert. In der Wissenschaft gibt es Theorien, die einen Informationsfluss jenseits aller Geschwindigkeitsbeschränkungen ermöglichen. Das Problem ist, dass die miteinander "verschränkten" Objekte (in meinem Fall Kristalle) erst einmal auf gewöhnliche Weise durch die unendlichen Weiten des Alls transportiert werden müssen. Dieses Problem löse ich mit einem Raumschiff, dass durch einen ausgemusterten Kampfroboter gesteuert wird.
Man könnte fragen, warum ich es so kompliziert mache. Warum zaubern die Magier meines Universums nicht einfach ohne Regeln? Die Antwort ist einfach: Jedes Kind lernt schon im Kindergarten, dass die Welt nicht ohne Regeln funktioniert. Wieso sollte die magische Zauberwelt da eine Ausnahme machen? Das entspricht ja nicht dem alltäglich Erlebten und die Magie wird dadurch unglaubwürdig.
Ein spannendes Ereignis in einer magischen Welt mit Regeln reicht aber nicht aus, um eine gute Geschichte zu erzählen. Ich liebe es, eine perfekte Welt dieser Art aufzubauen und dann meine Charaktere auf sie loszulassen. So ist insbesondere Michaels bester Freund Tim die ideale Besetzung für lustige Erlebnisse. Er ist ein Draufgänger und von der Art Mensch, der erst auf den großen roten Knopf drückt und danach das Schild "bitte nicht drücken" liest. Michael ist dann meist derjenige, der Tim (und die übrige Welt) retten muss. Nur durch solche Charaktere beginnt das Universum zu leben und die Handlung setzt ein.


Aus meine Sicht legst du dich nicht auf ein Genre fest und mixt fleißig – warum?

Als ich mit dem Schreiben dieser Reihe begann, sagte ich mir nicht: "So, jetzt wird das Genre geschüttelt, nicht gerührt!" Meine Helden brechen in eine neue, unbekannte Welt auf, um dort zu lernen und mit neuen Erkenntnissen oder Fähigkeiten in ihre alte Welt zurückkehren. Das "Hauptgenre" ist daher der Abenteuerroman.
Die Geschichte, die ich erzähle, enthält jedoch Elemente, die man auch anderen Genres zuordnen kann. Magische Kristalle und böse Zauberer gehören in die Fantasy- oder Märchenwelt, während Raumschiffe und Kampfroboter eindeutig der Science-Fiction zugeordnet werden können. Hier hätte ich klarer trennen können, z.B. durch Konzentration auf die klassische Märchenwelt. Ich wollte aber zeitgemäße Abenteuer schreiben. Kinder, die es gewohnt sind, alle Antworten durch Streicheln eines kleinen glänzenden High-Tech-Kästchens beantwortet zu bekommen, wollen mehr, als einen magischen Zauberkristall. Das gilt auch für mich, heute wie damals als Kind. 1978 sah ich das erste Mal "Krieg der Sterne", den wohl bekanntesten Genre-Mix der Kinogeschichte. Die wunderschöne Prinzessin aus der Märchenwelt und die coolen Raumschiffe, Aliens und Roboter aus der Science-Fiction-Welt begeisterten mich.


Wer sind deine schärfsten Kritiker?

Meine Frau und mein Sohn sind meine schärfsten Kritiker und ohne sie würde ich aus meinen Geschichten nicht alles herausholen, was möglich ist. Kritik spornt mich zu weiteren Verbesserungen an.


Deine Bücher leben auch durch die wunderbaren Illustrationen – zeichnest du diese auch selbst?

Ich beauftrage Illustratoren mit den von mir gewünschten Zeichnungen. Nur wenige Illustrationen stammen von mir, z.B. Karten und Übersichtspläne. Seit Band 5 arbeite ich mit der Grafikdesignerin Sonja Krutyholowa-Richter zusammen. Die Zusammenarbeit mit ihr ist sehr inspirierend. Die bildhafte Umsetzung meiner Ideen half mir dabei, einige Szenen lebhafter zu gestalten. Die wunderschönen Illustrationen unterstützen die Magie der Geschichte.


Könntest du dir vorstellen einen Roman für Erwachsene zu verfassen, oder sind Kinder das bessere Publikum?

Kinder sind im Gegensatz zu Erwachsenen sehr tolerant, z.B. bezüglich des Genres oder anderer Stilfragen. Ein Kind lacht über Klischees und zappelt vor Aufregung bei einem Cliffhanger. Erwachsene - insbesondere aus der Autorenzunft - schieben so ein Buch schnell in die Schublade der Trivialliteratur.

Ich arbeite gerade an einem Roman für Erwachsene. Das Buch soll eine Abenteuerkomödie mit einer Prise Science-Fiction, Mystery und Thriller werden.


Nun möchte ich noch auf deine Verlegertätigkeit zu sprechen kommen: Self-Publishing war ein großes Thema auf der diesjährigen Buchmesse. Handelt es sich dabei nur um einen vorübergehenden Trend oder wird es sich neben den Verlagen etablieren?

Ich glaube, dass das Thema ähnlich vorübergehend ist, wie digitale Musikdownloads, nämlich gar nicht. Die Autoren, die damit "reich und berühmt" werden, werden aber auch künftig eine kleine Minderheit darstellen. Die Mehrheit der Autoren, die ihre Bücher selbst verlegen, wird jedoch nicht davon leben können und ihre Arbeit aus anderen Quellen finanzieren müssen.


Du verlegst deine Bücher auch selbst, wie kam das?

Ich schrieb 2012 ca. 30 Verlage an und erhielt fast nur Absagen. Meist hieß es, die Reihe "passt nicht ins Programm". Ein Verlag war deutlicher, denn er macht "grundsätzlich keine Belletristik für Kinder". Wenn man sich auf dem Markt umsieht, dann gibt es tatsächlich sehr wenige romanhafte Erzählungen für Kinder ab 6 Jahren. Es verwundert nicht, dass viele Eltern notgedrungen nicht altersgerechte Literatur, z.B. Harry Potter oder Comics (z.B. Clone Wars) erlauben. Diese Geschichten sind immerhin voller Action und Spannung.
Ich hätte meine Abenteuer auch einfach in die Schublade legen können, dafür fanden wir - meine Frau, mein Sohn und ich - sie jedoch zu schön. Ich überarbeitete die Texte, beauftragte einen Illustrator und veröffentlichte die Kinderbücher schließlich selbst.


Self-Publishing? Wie würdest du deine Tätigkeit beschreiben?

Die Arbeit als Selbstverleger ist unglaublich vielseitig. Da ist einmal die Zusammenarbeit mit Illustratoren. Damit die Bilder meinen Vorstellungen entsprechen, ist eine zeitaufwändige Abstimmung notwendig. Es macht aber viel Spaß, wenn die Ergebnisse schließlich vorliegen.
Die Beschäftigung mit dem Layout und Druck meiner Bücher ist ebenfalls herausfordernd. Jeder Druckauftrag ist auch heute noch ein großer Nervenkitzel für mich, bis das fertige Kinderbuch da ist. Sehr zeitaufwändig ist das Thema Vertrieb und Werbung. Hierfür benötigt man z.B. eine Webseite mit einem Online-Shop, Kenntnisse über "Suchmaschinenoptimierung" und eine Strategie für die sozialen Netzwerke.


Worin liegen die Vorteile des Self-Publishing?

Beim Self-Publishing geht vieles schneller, als in der klassischen Verlagswelt. Ein Vorteil ist, dass man unabhängig von den starren und oftmals über Jahre festgelegten Plänen der Verlage seine Bücher veröffentlichen kann. Das ist insbesondere bei "Nischenprodukten" außerhalb des Mainstreams interessant, denn so findet z.B. auch "Belletristik für Kinder" eine Leserschaft. Der direkte Kontakt zu den Lesern und den Vertriebspartnern ist ein weiterer Vorteil.


Würdest du wechseln wollen, falls ein Verlag deine Romane verlegen würde?

Der Self-Publishing-Anteil verschlingt sehr viel Zeit. Nach jeder Buchveröffentlichung folgt eine Phase, in der ich mich fast ausschließlich mit dem Vertrieb und technischen Fragen beschäftige. Zum literarischen Schreiben komme ich in dieser Phase nicht und das fehlt mir. Wenn ein Verlag Interesse zeigen würde, würde ich mir die Konditionen genau anschauen und vermutlich "wechseln".
Eine Anfrage bei einem Literaturagenten jedoch war wenig erfreulich. Kurz und knapp schrieb man mir: "Sie haben die Bücher bereits rausgegeben, daher können wir Ihnen nicht mehr helfen." Ich werde also - zumindest mit meinen Kinderbüchern - Selbstverleger bleiben.


Wie vermarktest du dein Buch hauptsächlich?

Eine alte Vertriebsweisheit lautet, dass man dort verkaufen muss, wo die Kunden sind. Nun ist es schwierig, persönlich in jeder Kinderbuchhandlung vorstellig zu werden, daher konzentriere ich meine Aktivitäten auf die Online-Welt. Meine eBooks sind in allen wichtigen Shops (Amazon, Thalia, Weltbild, Apple) zu bekommen. Meine Taschenbücher gibt es in einigen Buchhandlungen in Berlin, in meinem Online-Shop und bei Amazon Createspace.


Wie wichtig sind dir Lesungen? Welche Erfahrungen hast du mit Lesungen gemacht?

Der direkte Kontakt mit meinen Lesern ist mir wichtig. Wenn man seinen Text live vorträgt und direktes Feedback erhält, ist das unbezahlbar. Ich fühle mich wie ein Bühnenkünstler, wenn z.B. ein Witz funktioniert oder ich das Publikum überrasche. Bei meinen Lesungen konnte ich bislang viele gedruckte Bücher verkaufen und kurz darauf stiegen auch die Verkaufszahlen der eBooks an.


Ist der Self-Publisher auf das eBook angewiesen und damit auch auf Online-Verkäufer?

Nein, denn gerade bei Kinderbüchern - und das ganz speziell in der Weihnachtszeit - wird das "echte" Buch noch stark nachgefragt. Allerdings findet man auch hier seine Käufer am schnellsten in der Online-Welt. Schnell und einfach kann man seine Bücher bei Amazon Createspace als Taschenbücher anbieten.


Was würdest du mir raten, falls ich auf die Idee käme eine Geschichte als Self-Publisher herauszugeben?

Das kann man kaum in wenigen Worten zusammenfassen. Aber eine Weisheit wird von vielen Selbstverlegern gerne als selbstverständlich angesehen und daher manchmal etwas vernachlässigt: die Qualität des Produktes. Am Anfang war das Wort und bei seiner Qualität darf man nicht geizen. Testleser und Testzuhörer sind sehr wichtig, um sein Buch marktreif zu machen. Leider kann man heutzutage viel zu leicht einfach alles veröffentlichen und das Produkt dann als "Buch" bezeichnen. Es ist kein Wunder, dass viele Leute aus der Verlagswelt daher sehr wenig von den Erzeugnissen der Selbstverlegerwelt halten.


Für was wendest du mehr Zeit auf: Schreiben oder Verlegen?

Ungefähr gleich viel, allerdings in Phasen. Wenn ich schreibe, mache ich kaum etwas anderes und umgekehrt.


Was macht dir mehr Spaß - Schreiben oder Verlegen?
 
Schreiben. [lacht]


Wie siehst du den eBook-Markt im Allgemeinen? Chance oder Totengräber des Buches wie wir es kennen?

eBooks sind für Viel- und Spontan-Leser interessant, um an Lesestoff zu kommen und ihn platzsparend zu transportieren. Insbesondere Familien mit Kindern können so im Urlaub preisgünstige Kinderbücher kaufen. Solange jedoch die Mainstream-Verlage Preise verlangen, die nur einen Euro unter den Taschenbuchausgaben liegen, werde ich von diesen Verlagen keine eBooks kaufen. Ohne den Preisvorteil, den Self-Publisher ihren Kunden geben, bleibe ich beim klassischen Buch, das ich anfassen, verleihen und verkaufen kann.


Ich möchte nun zum Schluss kommen und habe noch eine Frage auf Lager: Welche Frage, die dir noch nie gestellt wurde, würdest du gerne mal beantworten?

Warum haben Kinderbücher in der englischsprachigen Welt (scheinbar) einen höheren Stellenwert?

Es drängt sich auch die umgekehrte Frage auf: Warum haben deutschsprachige Kinderbücher einen so niedrigen Stellenwert, ja, warum gibt es kaum Verlage, die "Belletristik für Kinder" überhaupt im Programm haben wollen?

In Amerika scheint es ein Volkssport zu sein, irgendwann einmal im Leben ein Kinderbuch zu schreiben. Regelmäßig sind entsprechende News in den Netzwerken zu lesen. Sogar Präsidenten schreiben - während oder nach ihrer Amtszeit - Kinderbücher. Große Regisseure verfilmen mit ebenso großer Leidenschaft und hohem Budget alte wie neue Kinderbücher.
Für erfolgreiche Kinder- bzw. Animationsfilme aus deutschen Landen dienen als Vorlage kaum deutschsprachige Kinderbücher, sondern Fernsehserien der 70er Jahre, z.B. Wickie und die starken Männer. Für Biene Maja gibt es immerhin eine literarische Vorlage von 1912, die aber kaum jemand kennen dürfte.
Was sagt das über die heutige Elterngeneration aus, die den Kinospaß bezahlen soll und dafür entsprechend motiviert werden muss? Haben wir damals nur ferngesehen? Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich bis zum 11. Lebensjahr nur Comics und Fernsehserien konsumiert habe. Natürlich haben mir meine Eltern auch Geschichten vorgelesen, das waren aber keine neueren Bücher sondern die uralten Klassiker mit seltsamer Sprache und altmodischer Kleidung. Es ist kein Wunder, dass ich nach "Krieg der Sterne" nur noch ins Kino wollte.

Vermutlich ist das in der angelsächsischen Welt anders. In modernen Büchern und Filmen für Erwachsene findet man unzählige Anspielungen auf die berühmten Klassiker "Der Zauberer von Oz" und "Alice im Wunderland". Zudem gibt es immer wieder neue Kinder- und Jugendbücher, die es in ihrer Heimat (und als Import auch bei uns, wie z.B. "Harry Potter") in die Bestsellerlisten schaffen.
2009 wurde das Kinderbuch "Rico, Oskar und die Tieferschatten" mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis in der Kategorie Kinderbuch ausgezeichnet. Andreas Steinhöfel war einer der seltenen deutschsprachigen Preisträger und schon 2014 kam der gleichnamige Film ins Kino. Es gibt also ein klein wenig Hoffnung für das deutsche Kinderbuch.