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Antwerpen 1582.
Die 14-jährige Beutelschneiderin Gitte Niemandstochter hat schon die Schlinge um den Hals, als sie in letzter Minute dem Galgen entkommt. Statt des sicheren Todes erwartet sie eine Seereise nach Sevilla, wo sie für den Prinzen von Oranien spionieren und die strategisch wertvollen Seekarten stehlen soll. Die Niederlande liegen mit Spanien im Krieg, und Gittes mysteriöse Herkunft als angebliche Bastardtochter eines spanischen Herzogs soll ihr bei ihrer Rolle als Spionin helfen. Tatsächlich schafft Gitte es, in die Familie des Herzogs aufgenommen zu werden. Doch ihre Doppelrolle als Spionin und Tochter bringt sie zunehmend in Bedrängnis, umso mehr, als sie sich in einen Schützling des Herzogs verliebt ...

 

Galgenmaedchen 

Originaltitel: Galgenmeid
Autoren: Jean-Claud van Rijckeghem / Pat van Beirs
Übersetzerin: Mirjam Pressler
Verlag: Gerstenberg
Erschienen: 23. Juni 2014
ISBN: 978-3-836954631
Seitenzahl: 496 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Der Buchrückentext gibt dem interessierten Leser schon einen sehr umfassenden Ausblick auf die fesselnden Geschehnisse, die in diesem historischen Jugendroman auf die junge Protagonistin Gitte zukommen. 

Der sehr vielschichtige Roman „Galgenmädchen“ aus der Feder des belgischen Autorenduos Jean-Claude van Rijckeghem und Pat van Beirs wurde mit dem Boekenleeuw für das beste niederländisch-sprachige Jugendbuch Belgiens ausgezeichnet. Angesiedelt ist der historische Roman in Flandern zu Zeiten des niederländisch-spanischen Kriegs im ausgehenden 16. Jahrhundert und erzählt die ergreifende Lebensgeschichte von Gitte. Hervorragend ist es den Autoren gelungen, die sorgsam recherchierten historischen Fakten für Jugendliche ansprechend zu vermitteln, in einen mitreißenden Abenteuerroman einzubinden und zu einer authentischen, bewegenden Geschichte zu verdichten, in der natürlich auch eine zarte Liebesgeschichte nicht fehlen darf.


Stil und Sprache
Erzählt wird die sehr vielschichtige angelegte, abwechslungsreiche Geschichte in der ersten Person der Gegenwartsform aus Gittes Perspektive, wodurch der Leser sehr intensive Einblicke in ihrer Gefühlswelt erhält und unmittelbar Anteil an ihrem Schicksal nimmt. Mit ihren lebendigen und authentischen Schilderungen der mittelalterlichen Schauplätze verstehen es die beiden Autoren hervorragend, den Leser in die noch stark mittelalterlich geprägte Welt ihrer Hauptfigur mitzunehmen. Äußerst eindringlich, ungeschönt und oft sehr drastisch veranschaulichen sie ein authentisches, atmosphärisch dichtes Bild des Alltagslebens der Bevölkerung, der damaligen Lebensverhältnisse und religiösen Konflikte in Antwerpen damals im 16. Jahrhundert, so dass auch junge Leser mühelos in jene aufregende Zeit eintauchen können. 

Durch Gittes sehr plastisch geschilderte Kindheitserinnerungen im streng calvinistisch geführten Antwerpener Waisenhaus, ihre abenteuerlichen Erlebnisse mit dem umherziehenden Quacksalber Meister Aadrian und seiner skurrilen Truppe und vor allem die dramatischen Ereignisse, die sie als verurteilte Beutelschneiderin beinahe an den Galgen bringen, bekommt der Leser einen unglaublich lebendigen, detaillierten Blick in jene unruhigen Zeiten. Während ihrer Zeit am Hofe ihres einflussreichen Vaters, dem spanischen Herzog von Almandraje in Sevilla, lernt das sympathische Mädchen in der brisanten Rolle der Spionin des Prinzen von Oranien die völlig andere, märchenhafte Welt des Luxus und Müßiggangs kennen. Eine nahezu sorgenfreie, glückliche Zeit darf Gitte dort verleben, in der sie aufzublühen und ein anderer Mensch zu werden scheint, bis sie schließlich doch von ihrer Vergangenheit wieder eingeholt wird. Durch die aus Gittes Sicht sehr eindringlich und überzeugend beschriebenen Szenen wird der Leser sehr geschickt emotional in die fesselnde Geschichte einbezogen, und hofft und bangt er sehr bald um das Schicksal der liebenswerten 15-jährigen Heldin, die unfreiwillig in das damalige Weltgeschehen voller Intrigen, Verrat und Brutalität hineingezogen wurde.

Der sehr bildhafte Schreibstil der Autoren liest sich ansprechend und flüssig. In einer lebendigen und nicht zu modern wirkenden Sprache gelingt es den Autoren sehr geschickt, den jugendliche Lesern die komplexen politischen und religiösen Verhältnisse in Flandern während des 16. Jahrhunderts verständlich und spannend zu vermitteln und ihm zugleich die schwierigen Lebensbedingungen, die der lange Krieg mit Spanien für die Bevölkerung mit sich brachte, sehr lebendig vor Augen zu führen.


Figuren
Vielschichtig und mit viel Liebe zum Detail haben die Autoren ihre vielen Figuren in den verschiedensten Schattierungen gezeichnet und ihnen Leben eingehaucht. Mit ihrer Lebendigkeit und Authentizität können die Charaktere auf ganzer Linie überzeugen. So ist es den Autoren auch bei den Nebenfiguren hervorragend gelungen, sie abhängig von ihrer Bedeutung in der Geschichte mit besonderen Eigenheiten auszuarbeiten und eine reine Schwarz-Weiß-Zeichnung zu vermeiden. Sehr geschickt und glaubwürdig haben die Autoren auch einige historisch verbürgte Figuren in den Handlungsverlauf eingebaut.

Gitte ist eine äußerst sympathische, schillernde Hauptfigur mit vielen Stärken und Schwächen, die dem Leser mit ihrem bedrückenden Lebensweg sehr schnell ans Herz wächst. Sie ist ein schlagfertiges, mutiges und sehr willensstarkes junges Mädchen, das als Fünfjährige im Antwerpener Waisenhaus zurückgelassen bereits sehr früh lernen musste, um ihr Überleben zu kämpfen und ihrem harten Schicksal selbstbewusst zu trotzen. Sehr nachvollziehbar ist es, dass sie aufgrund einer geheimnisvollen Kamee von ihrer Mutter davon überzeugt ist, dass ihr Vater der spanische Herzog von Almandraje sei. Voller Anteilnahme verfolgt der Leser das Auf und Ab ihrer bewegten Lebensgeschichte, ihr Leben außerhalb des Gesetzes, ihre Brandmarkung und ich vermeintlicher Neuanfang in Spanien. So hofft und bangt man mit ihr, ist entsetzt über ihr bisweilen naives, unüberlegtes Handeln und erleichtert, wenn es ihr wieder in letzter Sekunde gelingt, sich aus einer äußerst misslichen Lage zu befreien und wünscht ihr nur, endlich ein Leben in Freiheit und ohne Sorgen führen zu können.


Aufmachung des Buches
„Galgenmädchen“ ist als gebundenes Buch erschienen und ist in einem sehr auffälligen, kräftigen Rotton gestaltet. Das Motiv auf dem Hardcover-Umschlag zeigt auf der linken Seite das Portraitfoto eines jungen Mädchens im Profil mit einem großen, schwarzen Kapuzenumhang, der sich auch noch auf der Rückseite fortsetzt. Bei genauerer Betrachtung des roten Hintergrunds kann man auf Vorder- und Rückseite des Buchs handgezeichnete, historische Seefahrerkarten erkennen, die im Laufe der Handlung eine besondere Bedeutung erlangen und neugierig auf das Buch machen. 

Der Roman ist in 52 Kapitel unterteilt. Am Ende des Buchs finden sich lediglich Kurzportraits der Autoren und der Übersetzerin. Auf dem Vordersatz ist ein historischer Kartenausschnitt der Spanischen Niederlande und auf dem Nachsatz eine Übersichtskarte Andalusiens zur damaligen Zeit abgebildet. Ein Glossar und erläuterndes Nachwort zu den geschichtlichen Ereignissen und erwähnten Persönlichkeiten hätten den Roman noch abgerundet.


Fazit
Ein bewegender und mitreißender historischer Jugendroman über die Zeit des niederländisch-spanischen Kriegs im 16. Jahrhundert mit vielschichtig ausgearbeiteten Charakteren, authentischen, atmosphärisch dichten Schilderungen und hervorragend recherchiertem, geschichtlichen Hintergrund. Sehr eindringlich und ergreifend schildert das Autorenduo Jean-Claude van Rijckeghem und Pat van Beirs das abenteuerliche Leben der tapferen jungen Gitte aus Antwerpen und ihre geheime Mission als Spionin in Spanien.

Ein abwechslungsreicher, sehr empfehlenswerter historischer Abenteuerroman für Jugendliche ab 14 Jahren!


4 Sterne


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