Kerstin Gier ist nicht nur schon seit Jahren erfolgreich als Autorin von humorvollen Frauenromanen, sondern hat mit der Edelstein- und der Silber-Trilogie auch zwei herausragende und ausgesprochen bekannte Jugendbuch-Reihen veröffentlicht. Da verwundert es nicht, dass die Lesung, die sie am Mittwoch, dem 17.09.2014, in Stuttgart gegeben hat, nicht in einer Buchhandlung stattfand, sondern stattdessen der größte Saal des Theaterhauses gebucht wurde. Knapp 400 Personen passen in diesen Saal und sie alle saßen Punkt 17 Uhr gespannt auf ihren Plätzen. Passenderweise waren die Zuhörer größtenteils weiblich und sehr viele offensichtlich Teil des Zielpublikums der beiden Jugendbuch-Reihen, denn die Lesung fand zum neusten Roman der Autorin, „Silber – Das zweite Buch der Träume“ statt.
Pünktlich um 17 Uhr wurde es dunkel im Saal und Kerstin Gier betrat die hell erleuchtete Bühne, die bis auf einen kleinen Tisch samt Stuhl leer war. Eine Vertreterin des Buchhauses Wittwer, der Veranstalter des Abends, begrüßte kurz das Publikum. Dann übernahm auch direkt die Autorin das Wort und für das Publikum begann eine unterhaltsame und sehr lustige Stunde. Kerstin Gier hielt sich nicht an ein starres Schema während ihrer Lesung, sondern plauderte einfach drauf los. Ausgestattet mit einem Rasierspaß Ken (einem Insider-Witz aus dem ersten Silber-Band), einer zum Schauplatz der Bücher passenden London-Tasche und jeder Menge Humor plauderte die Autorin aus dem Nähkästchen. Auch wenn sie das Publikum durch die starke Beleuchtung nicht sehen konnte, band sie es immer wieder direkt mit ein. Die erste und wichtigste Frage war dabei natürlich, wer denn die Silber-Bücher schon gelesen hat. Da viele der Anwesenden zumindest den zweiten Band noch nicht kannten und manche nicht mal den ersten, versuchte Kerstin Gier sich an einer groben Zusammenfassung, die schnell abschweifte und so jede Menge Fragen der Leser klärte. Warum heißt das zweite Buch eigentlich nicht Gold? (Weil „Silber“ nicht das Edelmetall meint, sondern den Namen der Hauptperson … Trotzdem versuchen einige internationale Verlage die scheinbare Edelstein-Abfolge beizubehalten). Und warum sind so viele Figuren in dem Roman blond? (Ein bloßer Zufall, weil Haarfarben der Autorin nicht sonderlich viel bedeuten. Sie wird aber versuchen ab jetzt die Haarfarben gleichmäßiger zu verteilen, allein weil es bei der Lesung einfacher ist, wenn man auf den „braunhaarigen Jungen“ verweisen kann, als jedes Mal sagen zu müssen „einer der blonden Jungen, der im ersten Buch nicht nett ist, aber im zweiten geht es dann“) waren nur zwei der Fragen, die mit unterhaltsamen Anekdoten geklärt wurden und das Publikum zum Lachen brachten.
Nach der mehr oder weniger kurzen Einführung in die Bücher begann der eigentliche Vorlese-Teil des Abends und auch der war erfrischend unkonventionell. Statt zehn Minuten einfach stur ihren Text zu lesen, hat die Autorin sich immer wieder selbst unterbrochen – um weitere Anekdoten einzustreuen, um noch eine Kleinigkeit zu erklären oder auch in Reaktion auf das Publikum. Langweilig wurde es so weder bei der kurzen Traumszene von Liv noch bei einer Racheaktion gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester Mia. Beide Szenen waren gut ausgewählt, um einen Einblick in das Buch zu geben, ohne den Lesern, die die beiden Teile noch nicht kannten, zu viel vorweg zu nehmen.
Im Anschluss an den zweiten gelesenen Abschnitt bekam das Publikum die Chance, Fragen an die Autorin zu stellen. Natürlich konnte nicht jeder der knapp vierhundert Gäste zu Wort kommen, aber es wurden für eine Lesung sehr viele Fragen beantwortet – natürlich auf die gewohnt humorvolle Art – und beim späteren Signieren konnte man ja auch noch eine kurze Frage loswerden. Nach ein paar abschließenden Worten der Wittwer-Vertreterin strömten die Fans dann auch im Eiltempo aus dem Saal, nur um sich in einem wilden Knäuel vor dem Signiertisch wiederzufinden.
Tja, das Signieren … Bei so vielen Besuchern, von denen viele auch noch ihre gesammelten Kerstin-Gier-Werke dabei hatten, ist eine Signierstunde natürlich in einem mehr als wörtlichen Sinn zu verstehen und viele der Fans standen wahrscheinlich sogar mehr als eine Stunde an. Wenn man sich aber erst mal zum Tisch vorgekämpft hatte, war es das Warten durchaus wert. Die Autorin hat auch den hundertsten Fan noch freundlich empfangen und fröhlich die Bücher signiert. Schweigend ging das natürlich nicht vonstatten, sondern sie plauderte weiter mit den Lesern und stellte auch selbst Fragen. Über von Fans mitgebrachte Geschenke – passend zum Hausmädchen der Silber-Reihe hatten einige frisch gebackenes Gebäck dabei – hat sie sich offenbar sehr gefreut und für alle, die den zweiten Silber-Band zum Signieren dabei hatten, gab es dann noch einen zur Traumtür passenden Schlüssel als Überraschung.
Es sagt sehr viel über die Geduld der Autorin aus, dass sie sich trotz der vielen Gäste für jeden einzelnen Fan Zeit nahm, immer noch ein kleines Extra in das Buch schrieb und sich kurz mit dem Fan unterhielt. Auch die Tatsache, dass nicht – wie bei anderen Veranstaltungen dieser Größenordnung – die Ein-Buch-pro-Person-Regel galt, ist für die Fans natürlich schön. Es machte das Warten aber nicht unbedingt leichter und ich für meinen Teil war wirklich froh, als ich endlich glücklich mit dem signierten Buch an die frische Luft verschwinden konnte.
Abgesehen davon war es aber ein wirklich schöner Abend. Kerstin Gier ist live genauso witzig und offen-sympathisch, wie man es beim Lesen ihrer Bücher bereits vermutet, und nachdem ich mich ein bisschen erholt hatte, war ich mir dann doch sicher, dass ich bei der nächsten Lesereise auf jeden Fall wieder dabei sein möchte.