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Kategorie: Sonstige

Als einziges Kind gut situierter Eltern wächst Perla in Buenos Aires auf: Ihre Mutter ist schön, aber unnahbar, ihr strenger Vater ein Marineoffizier, über dessen Beruf man nicht spricht. Obwohl Perla ahnt, dass über der Vergangenheit ihrer Eltern ein Schatten liegt, ist ihre Liebe zu ihnen bedingungslos. Doch eines Tages kommt ein ungebetener Besucher in ihr Wohnzimmer, und nichts ist mehr wie zuvor.

 

Perla HB 

Originaltitel: Perla
Autor: Carolina de Robertis
Übersetzer: Cornelia Holfelder-von der Tann
Sprecher: Sascha Icks und Sebastian Rudolph
Verlag: Hörbuch Hamburg
Erschienen: März 2013
ISBN: 978-3-89903-861-3
Spieldauer: 390 Minuten, 5 CDs; gekürzte Lesung

Hier geht's zur Hörprobe


Die Grundidee der Handlung
Perla ist alleine zu Hause, als sie in ihrem Wohnzimmer auf einen seltsamen Mann stößt. Gleichermaßen von ihm abgestoßen wie auch fasziniert, lässt sie sich auf ein Gespräch mit ihm ein. Die wohlbehütete Tochter aus einem strengen Elternhaus ahnt nicht, dass sie dadurch mit einer verdrängten Wirklichkeit konfrontiert wird. Mit der Geschichte Argentiniens und den Menschen, die spurlos verschwunden sind, weil sie nicht in das Schema des Regimes passen wollten. Bestürzt versucht sich Perla zunächst an die Werte zu klammern, die ihr vertraut sind. Doch je länger das Gespräch andauert, desto mehr wird dem Mädchen bewusst, dass nicht nur Schreckliches passiert ist, sondern dass ihre Eltern da auch in irgend einer Form mithängen. Perla versucht, sich dem Besucher zu entziehen, doch es ist längst zu spät. Seine Worte haben in ihr ein tiefes Misstrauen gesäht, das sie nur noch durch die Konfrontation ihrer Eltern mit den Vorwürfen beizulegen weiß. Da offenbart sich Perla jedoch die ganze Tragweite des Verrats.

Carolina de Robertis wendet sich mit ihrem Roman "Perla" einem düsteren Kapitel der jüngeren argentinischen Geschichte zu. Auf eine bestürzende Art und Weise konfrontiert sie nicht nur ihre Protagonistin Perla, sondern auch die Hörerinnen und Hörer mit Ereignissen, von denen die meisten bestensfalls eine leise Ahnung hatten. Dazu wählt sie das Stilmittel einer höchst skurrilen Figur: Der nasse Fremde in Perlas Wohnzimmer passt nicht so richtig in das Bild des gut recherchierten und beklemmend ernsten Romans. Hat man sich jedoch erst mal an diesen Ausflug ins Absurde gewöhnt, mag man sich ganz dem Schrecken der eigentlichen Geschichte überlassen. Nicht nur bei Perla ist nach der Begegnung nichts mehr, wie es zuvor war. Auch die Leser müssen sich mit einer neuen Sicht der Dinge auseinander setzen und sich Fragen stellen, über die sie bis dahin nie nachdachten. Der Roman beschränkt sich mehr oder weniger auf den Dialog zwischen den beiden Hauptfiguren, wühlt aber die Thematik der "Verschwundenen" auf und bietet dadurch reichlich Zündstoff.


Darstellung des Hörbuchs
Für diesen Roman ist es wohl eine kluge Entscheidung, die Aufarbeitung zum Hörbuch auf zwei Schultern zu verteilen. Es lesen Sascha Icks und Sebastian Rudolph. Der wechselnde stimmliche Zugang zum Thema unterstreicht die Eindrücklichkeit, die der Stoff als solcher bereits hergibt. Die leicht raue Stimme von Sascha Icks passt hervorragend zum Stoff. Und Sebastian Rudolph bringt eine perfekte Ergänzung hinein. Beide Sprecher scheinen mit dem Text zu verschmelzen und geben ihn nicht nur mit absoluter Professionalität, sondern auch mit spürbarem Engagement wieder.

Sascha Icks lässt die Stimmungen von Perla erlebbar werden. Ob das Mädchen genervt, wütend, ratlos, entsetzt ist: Alles wird durch die feine Nuancierung der Stimme der Sprecherin hörbar. Der von Sebastian Rudolph gesetzte Gegenpunkt ist eine wunderbare Ergänzung und komplettiert den guten Gesamteindruck. Schade ist jedoch, dass der Verlag für dieses tiefsinnige Buch nicht auf eine ungekürzte Lesung gesetzt hat, gibt es da und dort doch Brüche im Text, die sich nur dann erschließen, wenn man das geschriebene Buch zur Hand nimmt. Kein Verlust ist hingegen der Verzicht auf Begleitmusik.


Aufmachung des Hörbuchs
Der aufklappbare Karton-Schuber, in dem das Hörbuch verkauft wird, ist zwar schön gestaltet und bietet auch genügend Raum, um alle wichtigen Daten aufzudrucken. Doch leider ist nach der erstmaligen Entnehmen der CDs damit zu rechnen, dass diese bei der geringsten Unachtsamkeit aus dem Schuber rutschen. Es empfielt sich, den Schuber mit einem Gummiband zu sichern, will man sicherstellen, dass die CDs keinen Schaden nehmen.


Fazit
Perla ist ein bestürzend eindrückliches Werk, das vom Stoff wie auch von der Lesung her höchste Ansprüche zu befriedigen mag. Wer einfache Unterhaltung sucht, sollte sich die Anschaffung dieses Hörbuchs gut überlegen: Noch Wochen, nachdem der letzte Ton verklungen ist, wirkt die Geschichte nach und prägt die Ansicht über die politische Vergangenheit Argentiniens. Ein bemerkenswert eindrückliches Portrait einer schlimmen Zeit.


4 5 Sterne


Hinweise
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