Es herrscht eisige Kälte, als Lars-Erkki Svanberg, ehemals der beste Skilangläufer des Nordens, brutal mit einer Axt erschlagen wird. Warum ermordet jemand einen kauzigen Einzelgänger, der seit Jahren zurückgezogen auf seinem Hof lebt? Zur gleichen Zeit erschießt in St. Petersburg ein russischer Mafiosi einen Freund und flieht Richtung Schweden. Während der Frühlingswinter am Polarkreis einzieht, laufen die Fäden in Lars-Erkkis Dorf in Nordschweden zusammen. Und ein weiterer Mord geschieht ...
Originaltitel: I tystnaden begravt |
Die Grundidee der Handlung
Klingt der Rückentext noch sehr nach rasanter Krimigeschichte, so ist man schnell ernüchtert, wenn man ernsthaft in dieses Buch einsteigt. Rasant ist da nämlich gar nichts, auch wenn gleich auf den ersten Seiten ein brutaler Mord geschieht. In dieser Hinsicht passiert aber erstmal nicht viel, denn ab da begleitet man als Leser Katrine Hedstrand, die ihre demente Mutter besucht und bei dieser Gelegenheit feststellt, dass diese ein Haus im Norden besitzt. So gelangt Katrine nach Tornedalen und damit an den Ort ihrer Vorfahren. Statt das Haus zu verkaufen, versucht sie mehr über ihre Familiengeschichte herauszufinden und das ist leider gar nicht mehr packend (wie auf der Buchrückseite angekündigt), sondern streckenweise ziemlich langatmig.
Ein echter Krimi ist Tödliches Schweigen also nicht, vielmehr ein Familienroman mit Krimianteilen. Diese stellen sich aber erst ganz zum Schluss hin ein und versickern am Ende dann doch relativ harmlos im winterlichen Boden Nordschwedens.
Stil und Sprache
Ich bin ja als Fan nordischer Krimis mit der oft vorhandenen „Grundmelancholie“ der Geschichten vertraut und schätze sie auch durchaus – bis zu einem gewissen Punkt. In Tödliches Schweigen war dieser Punkt ziemlich schnell erreicht, ohne dass ich genau sagen könnte, woran es lag. Tove Alsterdals Schreibstil ist nicht außergewöhnlich und beschränkt sich vielfach auf bloße Beschreibungen der Umgebung ohne große Schnörkel. Tempo ist nicht vorgesehen und vor allem daran krankt diese Geschichte. Alles geht furchtbar langsam, jede Kleinigkeit dauert ewig lange und irgendwann ist man von der Detailverliebtheit der Autorin einfach nur genervt. Allein Katrines Reise durch Russland dauert gefühlte Ewigkeiten, gleichzeitig bekommt sie ihre Informationen dann doch plötzlich an allen Gesetzen und Beschränkungen vorbei, das wirkt schon sehr konstruiert und wenig lebensnah.
Hinzu kommt, dass man zunächst überhaupt nicht nachvollziehen kann, wie die verschiedenen Handlungsstränge irgendwann zusammenlaufen könnten. Da liest man von einem russischen Gangsterboss, der quer durch Europa untertaucht und die Identitäten wie seine Socken wechselt, dann wieder ermittelt ein pensionierter Polizist vor sich hin, weil er der Meinung ist, seine jungen Kollegen machen das nicht richtig. Dazu dann die Probleme von Katrine mit ihrer Mutter, ihrem Bruder, ihrem Lebensgefährten und überhaupt, das ist alles einfach ein bisschen zu viel.
Gut gefallen haben mir allerdings ein paar Szenen, in denen es um das Dorf und die umgebende Landschaft geht, hier versteht die Autorin es dann plötzlich doch, ihre Leser zumindest für kurze Zeit in die Geschichte hineinzuziehen und Atmosphäre zu vermitteln.
Figuren
So kalt wie die Umgebung in den geschilderten nordischen Regionen fühlen sich auch die Figuren an. Katrine als Hauptfigur bleibt stets unterkühlt und distanziert, das geht so weit, dass man am Ende nicht versteht, warum sie sich plötzlich von ihrem Freund trennt, der eigentlich überhaupt keinen Anteil an der Handlung hat. Ihre Motive bleiben im Dunkeln, genau wie der Grund, warum sie auf einmal so großes Interesse an ihrer Familiengeschichte hat, dass sie sogar nach Russland reist. Es fällt einem als Leser schwer, ihr gedanklich zu folgen, und das gilt leider auch für alle anderen Figuren, denen Katrine begegnet. Sie machen ebenfalls einen weit entfernten Eindruck, alle zeichnen sich durch große Schweigsamkeit aus und es gelingt der Autorin einfach nicht, die Distanz zu ihnen zu überbrücken.
Aufmachung des Buches
Das großformatige Buch ist in Klappbroschur aufgemacht und zeigt auf dem Cover ein graues Holzhaus, das inmitten einer verschneiten Ebene vor eisgrauem Himmel steht. Nicht besonders anziehend, aber passend zur Geschichte. Innen gibt es drei große Teile mit nicht nummerierten Kapiteln, auch Überschriften kommen nicht vor. Alles in allem eine sehr schlichte, aber zweckmäßige Aufmachung.
Fazit
Eine kompliziert angelegte, weit verzweigte Geschichte, die bei weitem kein Krimi ist – dieser gerät vielmehr immer wieder zur Nebensache. Nur für Leser mit viel Geduld erschließt sich der tief verborgene Reiz der Handlung, alle anderen werden hiermit nicht glücklich sein.
Hinweise
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