Drachenfeuer, magische Wesen und düstere Geheimnisse – sie alle führen zum Ursprung aller Geschichten: In Den Wald des Anfangs. Dorthin bricht der Waisenjunge Max auf, um seine wahren Eltern zu finden. Es wird die abenteuerlichste und gefährlichste Reise seines Lebens ...
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Originaltitel: The Beginning Woods |
Die Grundidee der Handlung
Ein seltsames, auch für die Wissenschaft unerklärliches Phänomen verbreitet sich überall auf der Welt - ohne jegliche Vorwarnung Verschwinden Erwachsene spurlos. Um das Rätsel um die mysteriösen Ereignisse zu lüften und der befürchteten Auslöschung der menschlichen Rasse Einhalt zu gebieten, wird eigens eine Organisation aus Wissenschaftlern, das ISVVV (Internationales Symposium zur Vorbeugung und Verhinderung des Verschwindens) in Paris gegründet.
Niemand kann dem Waisenjungen Max etwas über seine Vorgeschichte erzählen, denn er ist als Baby im Bücherregal eines Antiquariats einfach aufgetaucht. Als auch seine Adoptiveltern plötzlich verschwinden, begegnet Max zwei unheimlichen Fremden - dem merkwürdigen, russischen Wissenschaftler Boris und der seltsamen, alten Dame Mrs Jeffers. Sie eröffnen ihm, dass er und seine unbestimmte Herkunft möglicherweise der Schlüssel für das Verschwinden der Menschen sein könnten. Um den rätselhaften Geheimnissen auf den Grund zu gehen, wird Max von ihnen in den magischen »Wald Des Anfangs«, dem Ursprung aller Geschichten, geschickt, wo ihn eine der schrecklichsten Mutproben erwartet – das Drachenfeuer ...
Die deutschsprachige Ausgabe Der Wald der träumenden Geschichten ist das internationale Debüt des englischen Autors Malcolm McNeill. Sein bildgewaltiges, märchenhaftes Fantasy-Abenteuer rund um den Waisenjungen Max stellt eine gelungene Liebeserklärung an die Macht der Phantasie und den Zauber des Lesens dar, das allerdings auch einige kleinere Schwächen in der Umsetzung aufweist.
Mit seiner wundervoll ideenreichen Fantasy-Geschichte über Tapferkeit und Selbstfindung, über Freundschaft, Vertrauen und Liebe hat er ein äußerst vielschichtiges und bis ins kleinste Detail ausgeklügeltes Werk mit philosophischem Tiefgang geschaffen, das Leser jeden Alters ansprechen dürfte.
Stil und Sprache
Nach einer kurzen Einführung in die Ausgangssituation seiner Realen Welt und das unerklärliche Phänomen des Verschwindens widmet sich der Autor zunächst der Kindheit und Jugend des recht seltsamen Waisenjungen Max, der bei liebevollen Pflegeeltern in London aufwächst. Die äußerst komplex angelegte Geschichte entwickelt sich im ersten Teil ausgesprochen undurchsichtig und geheimnisvoll, so dass Zusammenhänge anfangs recht vage bleiben und unklar ist, wohin das Ganze überhaupt führen soll. Dennoch versteht es McNeill, den Leser auf sehr subtile Weise in den Bann zu ziehen. Manchmal hätte sich der Autor allerdings ruhig ein wenig kürzer fassen und dynamischere und temporeiche Ereignisse in seine ruhigeren Erzählpassagen einstreuen können, um mehr Schwung in die Handlung zu bringen.
Im zweiten Teil werden viele Verwicklungen mit dem plötzlichen Auftauchen des kauzigen Wissenschaftlers Boris und Mrs. Jeffers aufgeklärt: Max Erscheinen in der Buchhandlung war offenbar Auslöser für Das Verschwinden. Durch ihn wurde die Grenze zwischen fantastischer Welt, dem Wald des Anfangs also, und der realen Welt verwischt und daher fällt ihm auch die Aufgabe zu, das Problem wieder zu beheben. Die zuvor etwas verworrene Handlung bekommt eine klarere Richtung und immer neue, überraschende Wendungen lassen den Leser bis zum fesselnden Finale gespannt weiterlesen. Wie all die üblen Intrigen, die mysteriösen Geheimnisse um das Verschwinden und die unzähligen Verwicklungen um Wald-Welt und Realer Welt zusammenhängen, erfährt der Leser schließlich am Ende – wobei es keineswegs einfach ist, bei der Fülle der angesprochenen Aspekte noch den Überblick zu behalten und die vielen Details zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenzufügen.
Unglaublich bildgewaltig und detailliert hat McNeill seine fantastische Welt gestaltet. Mit seinem einzigartigen Ideenreichtum und seinen wunderbar ausgearbeiteten Fantasiegeschöpfen kann er den Leser immer wieder verblüffen und verzaubern. McNeills wunderschöner, ausdrucksstarker Schreibstil lässt sich sehr flüssig und angenehm lesen. Allerdings finden sich gelegentlich auch sprachlich anspruchsvollere Passagen mit längeren, verschachtelten Sätzen oder Fremdwörtern, die den Lesegenuss jüngerer Leser sicherlich schmälern werden. An einigen Stellen hätte der eher düster wirkenden Erzählung auch eine gehörige Portion Humor ganz gut getan und für Abwechslung gesorgt.
Insgesamt erfordert die recht komplexe Handlung McNeills ein sehr konzentriertes Lesen und die volle Aufmerksamkeit des Lesers, um diese Geschichte in ihrer Gesamtheit zu verstehen und die Botschaft des Autors erfassen zu können.
Figuren
Die zahlreichen Figuren, die im Verlauf der Geschichte auftauchen, können allesamt mit ihren besonderen Eigenarten und ihrer Lebendigkeit überzeugen. Die vielschichtigen Charaktere sind durchweg mit großer Sorgfalt und viel Einfallsreichtum ausgearbeitet, wodurch sie der geheimnisvollen Geschichte eine einzigartige Note verleihen. Die Handlungen und Motive vieler Figuren sind allerdings anfangs keineswegs nachvollziehbar und plausibel, so dass man ihre Wesenszüge erst allmählich und zumeist aufgrund ihrer Taten kennen lernt und ihre Persönlichkeit einschätzen kann.
Im Mittelpunkt dieser fantastischen Geschichte steht der recht sonderliche 13-jährige Waisenjunge Max, dessen Lebensgeschichte zu Beginn recht ausführlich erzählt wird. Es dauert eine ganze Weile, bis man mit dieser eigenwilligen Hauptfigur warm wird, ihr nicht immer sympathisches Verhalten durch tiefere Einblicke in ihre Gedanken und Gefühle besser verstehen lernt, und sich Max schließlich doch ins Herz des Lesers eingeschlichen hat. So erleben wir wie er auf seiner Suche eine große charakterliche Entwicklung durchläuft, Freunde findet, zu einem wahren Helden heranreift und sich letzten Endes selbst findet.
Besonders punkten kann McNeill mit den vielen skurrilen, aber zumeist liebenswerten, magischen Wesen, die den Wald des Anfangs bevölkern wie das Waldvolk, das Geistermädchen Martha, die Traumpflücker, die Drachenjäger, die sanftmütigen Baumfressenden Drachen und die Kobolde aber auch die Wespenhexe mit den zweigeteilten Jungen Kaspar und Hauser. Fasziniert von der wunderbaren Vielfalt, den spezifischen Merkmalen und herrlich ausgearbeiteten Besonderheiten dieser unterschiedlichen Geschöpfe begleiten wir unseren Helden Max gerne auf seiner abenteuerlichen Mission in eine unglaublich fesselnde und völlig neuartige fantastische Welt.
Aufmachung des Buches
Die wunderschön aufgemachte Hardcover-Ausgabe dieses Romans ist allein optisch eine Augenweide. Die außergewöhnlich ansprechende Gestaltung des Covers zeigt als Motiv den sehr bedrohlich wirkenden Wald des Anfangs, der zusätzlich durch Spotlack veredelt besonders plastisch wirkt. Die sehr gelungene, von Nikolaus Heidelbach entworfene Farbillustration umfasst das gesamte Buch und greift viele Details aus der Fantasy-Geschichte auf.
Als weiteres Highlight finden sich im Vor- und Nachsatz zwei weitere sehr liebevoll und detailreich gestaltete, farbige Illustrationen von Nikolaus Heidelbach, die Szenen aus dem Romaninhalt sehr eindrucksvoll darstellen und Vorfreude auf die phantasievolle Geschichte wecken.
Gegliedert ist der Roman in drei Teile, die in weitere Kapitel und Unterkapitel unterteilt sind. Ein entsprechendes Inhaltsverzeichnis findet sich im Anhang.
Fazit
Der Wald der träumenden Geschichten ist ein äußerst vielschichtig angelegtes Fantasy-Abenteuer, das mit seinem bildgewaltigen Schreibstil, einer faszinierenden Grundidee und einer unglaublich ideenreichen Fantasy-Welt nicht nur jugendliche Leser begeistern wird. Eine gelungene Liebeserklärung an die Macht der Phantasie und den Zauber des Lesens, die allerdings auch einige kleinere Schwächen in der Umsetzung aufweist.
Hinweise
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