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Kategorie: Hobby

Fotografen sagen: „Die besten Bilder entstehen im Kopf.“ Bevor Sie auf den Auslöser drücken, müssen Sie also eine Vorstellung vom Bild haben, das Sie machen. Doch wie finden Sie diese Vorstellung – und wie wird aus ihr ein gutes Foto?

David duChemin zeigt Ihnen in seiner Schule des fotografischen Sehens und Gestaltens, wie Sie Ihre Vision des perfekten Fotos finden, umsetzen und so Bilder schaffen, die berühren.

Als Erstes lernen Sie zu sehen – d.h. beim Blick durch den Sucher den richtigen Moment zu finden, das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen und Themen und Konflikte zu erkennen.

Im zweiten Schritt lernen Sie, Bilder zu lesen und selbst die Sprache der Bilder zu sprechen. Sie verstehen, wie Licht, Farben, Linien, Kurven und Bildaufteilung unsere Wahrnehmung führen und wie Sie mit ihnen und der Wahl von Bildausschnitt, Verschlusszeit, Blende, Filter oder Brennweite das Gesehene herausarbeiten.

Im letzten Schritt erfahren Sie, welche kreativen Entscheidungen Sie fällen müssen, um zu Ihrem ganz eigenen fotografischen Ausdruck zu kommen und Ihre eigenen Geschichten zu erzählen. 11 Besprechungen, in denen duChemin seine Fotos analysiert, helfen Ihnen, das Gelernte praxisnah nachzuvollziehen.

(Dieses Buch vereint die wichtigsten Kapitel aus David duChemins Bestsellern „Auf der Suche nach dem Motiv“ und „Sprechende Bilder“.)

 

Sehen und Gestalten 

Originaltitel: Within the Frame / Photographically Speaking
Autor: David duChemin
Übersetzer: Claudia Koch, Kathrin Lichtenberg, Torsten Winkler
Verlag: dpunkt Verlag
Erschienen: Februar 2014
ISBN: 978-3-86490-128-7
Seitenzahl: 286 Seiten

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Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Auf einen wichtigen Umstand sei direkt zu Beginn hinzuweisen: Bei diesem Buch gilt es, die Inhaltsbeschreibung der Rückseite – besonders den in Klammern gesetzten Absatz – genau zu lesen. Für Anhänger von David duChemin bringt Sehen und Gestalten nichts Neues, denn es fasst wichtige Kapitel aus seinen Büchern Auf der Suche nach dem Motiv und Sprechende  Bilder zusammen. Wer diese Publikationen bereits gelesen hat, braucht zu dieser hier nicht zu greifen. Wer jedoch diese Bücher noch nicht kennt oder seine Thesen und Ratschläge fürs Fotografieren, für die Suche nach der eigenen Vision und das Entwickeln einer eigenen Bildsprache noch einmal wiederholen möchte, für den ist Sehen und Gestalten ein heißer Tipp.

Das Buch gliedert sich in drei große Bereiche, zu denen der Verlag Teile und / oder ganze Kapitel aus duChemins beiden Publikationen herausgreift: Sehen lernen, visuelle Sprache und Fotos. In Kleinigkeiten kann sich gelegentlich zeigen, dass es sich hier um eine neu gegliederte Zusammenstellung von zwei Büchern handelt, so steht z.B. auf Seite 88: „Die Wahl des Objektivs spielt eine wichtige Rolle beim Aufbau visueller Beziehungen. Darauf bin ich bereits in Kapitel 3 eingegangen [...]“. Tatsächlich findet sich der Abschnitt in diesem Buch in Kapitel 2. Die Abschnitte aus den ursprünglichen Publikationen wurden inhaltlich also übernommen, ohne dabei die (wenigen!) Verweise zu korrigieren.

David duChemin führt seine Leser an das Ziel heran, in Bildern „Leidenschaftliche Geschichten mit Leidenschaft erzählen“ (Seite 16). Die visuelle Sprache vergleicht er dabei mit der verbalen, um ihre Bedeutung zu erklären. Die Kommunikation der Fotografie hat er bereits in seinem ersten Buch thematisiert (hier der erste Teil), in seinem zweiten Werk (hier Teil 2 und 3) führt er diese Gedanken und Ansichten konsequent fort.

Die richtige Einstellung des Fotografen, das Timing für den entscheidenden Moment, das Zusammenfinden von Vision und Technik, die Bedeutung einer guten Belichtung, die Wahl der richtigen Optik, der kreative Prozess und das Erzählen von Geschichten werden im ersten großen Abschnitt diskutiert. Dabei geht der Autor auf viele wichtige Aspekte ein, ohne sich in der reinen, technischen Umsetzung zu verlieren. Er greift das Lesen von Bildern auf und gibt das nötige Rüstzeug mit auf den Weg, um das für sich entdecken und lernen zu können. Zum Ende des ersten Teils erklärt duChemin das Vorgehen bei Bildbesprechungen im Rahmen von Workshops und versucht – als wirklich gelungene Überleitung zum zweiten Teil dieses Buches – den Leser ergründen zu lassen, wie Fotos aufgenommen werden und warum sie uns ansprechen. Hierbei spielen vor allem Elemente und Entscheidungen eine Rolle, die der Autor nacheinander im zweiten großen Abschnitt durchspricht. Wie fließend die Übergänge zwischen diesen beiden Bereichen sein können, stellt er direkt zu Beginn in einem schönen Vergleich dar.

Der zweite Abschnitt „Visuelle Sprache“ ist eins zu eins aus Sprechende Bilder übernommen worden. Hier bespricht duChemin wichtige Elemente – wie z.B. Linien, Formen oder Farben – und Entscheidungen – beispielsweise Bildaufteilungen, Blickwinkel, den Fokus oder die Belichtungsarten –  die für die Entstehung eines überzeugenden Fotos wichtig sind bzw. sein können. Besonders gut gefällt mir seine Offenheit, mit der er es ablehnt, sich sklavisch an „Regeln“ zu halten, wie er mit einer sehr bildhaften Sprache, hier auf Seite 115, darstellt: „Doch wie bei so vielen Dingen haben diese Regeln eine Eigendynamik entwickelt, sich von ihren rationalen Ankerplätzen losgerissen und sind abetrieben. Nun werden sie in vielen gut gemeinten Büchern und Zeitschriften als Treibgut an die Strände der Fotografie gespült [...]“.

Im letzten großen Teil dieses Buches, der nicht ganz dem Umfang des entsprechenden Abschnitts von Sprechende Bilder entspricht, geht duChemin auf 11 seiner wichtigen Aufnahmen ein. Wieder einmal bindet er den Leser aktiv mit ein, stellt ihm Aufgaben und bespricht im Anschluss diese 11 Fotografien. Dabei gewährt er Einblick in seine Arbeitsweise, in die Gedanken und Vorgänge, die zu diesen Fotos führte, sowie auf sämtliche Elemente und Entscheidungen, die hier eine (wichtige) Rolle spielen. So lässt sich sehr gut nachvollziehen, warum bzw. wodurch diese Bilder wirken und wie sie ihre Geschichte an den Betrachter weitergeben.

Selbstverständlich werden auch die ersten beiden Kapitel dieses Buches von zahlreichen Fotografien begleitet. Immer wieder mal findet sich auf einer Doppelseite eine einzelne Aufnahme und ein Kasten „Außerhalb des Bildes“, in dem duChemin von seinen persönlichen Erfahrungen, Versuchen, Fehlschlägen oder Ideen und der Umsetzung eben dieser Bilder erzählt. In anderen Textfeldern schlägt duChemin konkrete Übungen vor, um seinen Lesern beispielsweise bei der Suche nach Inspiration oder kreativen Kontrasten zu helfen.

duChemins Stil ist einerseits nah am Leser dran, ist unterhaltsam und aus dem Leben und seinen persönlichen Erfahrungen, die er mit anderen teilen will, gegriffen. So stolpert man immer wieder über tolle Formulierungen: „Und während Filmkorn mit hohen ISO-Werten immer irgendwie cool wirkt, ist digitales Rauschen einfach nur doof“ (Seite 45) oder „Das Problem ist: Die Kamera ist ein Idiot“ (Seite 96).
Andererseits erfordern seine Texte Aufmerksamkeit und Konzentration, will man sie wirklich ihn ihrer vollen Bedeutung erfassen und verstehen – nur dann werden sie zum Erfolg führen, den Leser in seiner eigenen Fotografie unterstützen. Deshalb eignet sich dieses Buch weniger zum puren „Herunterlesen“, als vielmehr als Auslöser für den eigenen, inneren Dialog und die Selbstreflexion. Besonders sympathisch macht ihn nicht nur seine Art zu erzählen und zu lehren, sondern – vor allem – seine Offenheit und Ehrlichkeit, mit der er sich auf Augenhöhe mit dem Leser begibt. Er lenkt den Blick auf das Entscheidende, motiviert den Leser, macht ihm Mut und räumt ganz unverblümt auch eigene Fehlschläge, Misserfolge oder einen gewissen Hang zur Überreaktion bei spannenden Motiven ein. Das macht den Autor menschlich, nahbar, und hinterlässt das gute Gefühl, ihm auch erfolgreich nacheifern zu können.


Aufmachung des Buches
Das 286 Seiten starke Buch ist fest gebunden und hervorragend verarbeitet. So können die Materialien des stabilen Umschlagdeckels, das griffige Papier und auch die Druckqualität rundum überzeugen. Auf dem vorderen Buchdeckel stimmt eine von duChemins bekanntesten Fotografien – einer der wandernden Steine des Death Valley zur blauen Stunde – auf die Inhalte ein. Ein Lesebändchen würde den sehr guten Gesamteindruck noch abrunden, fehlt aber leider. Das Inhaltsverzeichnis ist aufschlussreich gegliedert und navigiert – zusammen mit dem umfassenden Index – sicher durch das Buch.


Fazit
Sehen und Gestalten ist kein neues Werk des Fotografen und Bestellerautors David duChemin, sondern die Essenz der wichtigsten Themen und Kapiteln aus zwei seiner Werke. Eine gelungene Kompilation mit entscheidenden Thesen und Ratschlägen, um eigene Visionen umsetzen und eine eigene Bildsprache entwickeln zu können.


4 5 Sterne


Hinweise
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