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Der Fall des Serienmörders und Kannibalen Karl Denke ist bis heute rätselhaft. Zwischen 1903 und 1924 hat er im schlesischen Städtchen Münsterberg (heute Ziebice) mindestens 30 Menschen getötet, und nur durch Zufall wurde er entdeckt. Bevor er jedoch verhört werden konnte, erhängte er sich in seiner Zelle. Seine Motive blieben im Dunkeln.

Peer Meter, der bereits das Szenario zu HAARMANN schrieb, erzählt zusammen mit dem Zeichner David von Bassewitz auf Grundlage dieser Begebenheit die Geschichte eines Mannes, der in das polnische Ziebice reist, um über Karl Denke zu forschen.
Aber in dieser Stadt zwischen deutscher Vergangenheit und polnischer Gegenwart muss er bald erkennen, dass das dunkelste Kapitel des vergangenen Münsterberg nicht nur die Bewohner selbst in seinem Bann hält, sondern auch ihn tiefer und tiefer in einen Abrund zieht, der bodenlos zu sein scheint.

Ein dunkles, psychologisches Stück, festgehalten in ebenso beklemmenden wie faszinierenden Bildern.

 

Vasmers Bruder 

Autor: Peer Meter
Illustration: David von Bassewitz
Verlag: Carlsen
Erschienen: Februar 2014
ISBN: 978-3-551-72969-9
Seitenzahl: 176 Seiten
Altersgruppe: ab 14 Jahre (Verlagsempfehlung)

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Die Grundidee der Handlung
Treffender, als es der Verlag auf der Buchrückseite bereits getan hat, lassen sich die Inhalte dieser Graphic Novel nicht beschreiben, will man den Inhalten nicht zu viel vorweg nehmen. Der Szenerist Peer Meter hat sich wieder einmal dem Leben und Wirken eines Serienmörders angenommen,  mit dem von ihm inszenierten Drama führt er den Leser diesmal an das Ende des Kannibalen von Münsterberg heran – fesselnd, aber auch grauenvoll.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Die Grapic Novel startet düster und rätselhaft, erst nach und nach ergibt sich der gegenwärtige Sinn, und schon leitet die Geschichte mit einem Rückblick in die jüngste Vergangenheit. Eingeflochten ist noch eine weitere Epoche, in der man – ebenfalls als Rückblick gestaltet – ins Jahr 1924 zurück geht, in dem Karl Denke überführt wurde. Die einzelnen Zeitebenen gehen fließend und grafisch nicht getrennt, aber dennoch als solche auszumachen, gelegentlich ineinander über, um die Szenerie in ihrer Gesamtheit zu erzählen.

Die Zeichnungen des von Peer Meter inszenierten Plots stammen von David von Bassewitz und sind auf ihre ganz eigene Art ungemein faszinierend. Bassewitz arbeitet mit Kohle und ausschließlich monochrom, nutzt zugleich aber die volle Palette der Graustufen. Raffinesse fällt zudem bei der Lichtsetzung bzw. -führung auf, von der schmutzig-grauen Helligkeit eines bewölkten Wintertages bis hin zu Panels mit tiefen, fast erdrückenden Schatten reicht hier sein Stil.

Die Bilder sind von unterschiedlicher Darstellungsform: ein Teil von ihnen ist grob skizziert, offenbart dabei dennoch recht viele Einzelheiten. Schatten und Linien sind dabei mit Schraffuren verschiedener Stärke versehen. Personen, die in diesen Szenen auftauchen, sind nahezu anonym, nur angedeutete Schemen und tauchen kaum aus den Schatten hervor.
Ein anderer Teil der Zeichnungen hingegen ist so detailstark ausgearbeitet, dass man schon fast meinen könnte, gealterte Fotografien vor sich zu haben. Während Bassewitz hier unter anderem Schärfeverläufe verwendet, um in seinen Bildern Tiefe zu erzeugen, sind einige der Grafiken mit einer leichten Unschärfevignette versehen, die den Eindruck unterstreicht, als würden eben diese Fotografien ähnlichen Illustrationen aus einer alten, mit einem nur einfachen Objektiv ausgestatteten Kamera entstammen. Auf diese Weise wird der Blick des Betrachters sanft und unaufdringlich darauf gelenkt, was Bassewitz zeigen möchte.
Allen Zeichnungen gemein ist ein Look, als wäre ein Weichzeichnungsfilter verwendet worden. Auch hier wurde die Wirkung den Begebenheiten angepasst, die von einer zarten Weichheit bis hin zu stärkerer Form reichen. Auf ihre spezielle Weise sind viele Bilder stimmungsvoll und bestimmt von einer atmosphärischen Dichte des unterschwelligen oder offenen Grauens.

Der brutale Versuch Karl Denkes, sein letztes, potentielles Opfer Vincenz Olivier zu töten, ist in den Rückblenden mit einer Mischung aus erkennbaren Bildbestandteilen und undeutlichen Schemen aus Licht und Schatten, aus starren Formen und fließenden Bewegungen erstellt, so dass die genauen Abläufe eher zu erahnen sind und überwiegend der Vorstellungskraft des Lesers überlassen bleiben.

Auffällig ist die Vielzahl verschiedener Perspektiven, die hier zum Einsatz kommen und Starre vermeiden. Mal aus der Vogel- oder Froschperspektive, variiert der Blickwinkel zusätzlich durch die Distanz – so geht Bassewitz optisch mal nah heran, mal weicht er zurück und schafft Platz. So gestaltet er nicht nur das Agieren seiner Figuren abwechslungsreich, sondern betont oder verwirft durch die Wahl des Blickwinkels die Umgebung, besonders von Wohngebäuden, Räumen oder Ruinen, und lässt sie herrschaftlich, bedrohlich oder besonders bedrückend erscheinen.

In der von Rückblicken bestimmten Geschichte fügen sich die Erzählungen Martin Vasmers – bei seinem Verhör – durch ovale Sprechblasen in die Panels ein, ohne dass sie direkt mit den grafischen Inhalten zu tun haben müssen. Die Bilder hingegen sprechen dabei oft für sich selbst und bedürfen kaum einer Kommentierung. Natürlich finden sich auch Dialoge, diese sind von der Erzählung deutlich abgegrenzt.
Die Dialoge werden teilweise umfangreich in Polnisch geführt, ohne dass eine Übersetzung enthalten ist. Dies verleiht der Graphic Novel zusätzlich Authentizität und trägt gleichzeitig zur Mystifizierung einiger Charaktere bei, die ohnehin schon schwer zu durchschauen sind. Allen voran Adam Sadowski, der das Leben Denkes erforscht, unpassend fröhlich und redselig ist. Diese Charakterzüge trifft und unterstreicht Bassewitz eindrucksvoll mit seinen Zeichnungen, die dem Leser so manches Mal Gänsehaut bescheren können. Absolut anonym bleibt auch Hanna, deren Gesicht grundsätzlich durch die Kapuze ihres Wintermantels verdunkelt ist.


Aufmachung des Comics
Die Graphic Novel ist in einen Umschlag matten, festen Kartons gebunden, dessen Zeichnungen auf der Vorder- und Rückseite einen ersten Einblick in den Stil David von Bassewitz' bieten. Dabei ist das Cover fast ausschließlich in Graustufen gedruckt, nur der Titel hebt sich rot hervor.
Die Hardcoverausgabe ist tadellos verarbeitet, das stabile Papier innen ist angenehm griffig und hat seinen Anteil an der ausgezeichneten Druckqualität.

Im Anschluss an die Szenerie hat Peer Meter auf fünf Seiten die Biografie Karl Denkes und die Geschichte seiner brutalen Morde zusammengefasst. Kurzinformationen zum Autor und zum Zeichner runden das Buch ab.


Fazit
Eingebettet in einem packenden, raffinierten Plot voller Grauen arbeitet der Szenerist Peer Meter die Überführung des Serienmörders Karl Denke auf. Die faszinierenden Zeichnungen Bassewitz' treffen die schaurige Atmosphäre auf den Punkt und werden dem Thema absolut gerecht.


4 5 Sterne


Hinweise
Diesen Comic kaufen bei: amazon.de

Weitere Graphic Novels von Peer Meter:
- Böse Geister
- Gift
- Haarmann

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