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Kategorie: Liebes-, Frauen- und Erotikromane

Jede Geschichte hat zwei Seiten. Und jede Liebe ihr Geheimnis. Als Orla am Valentinstag einen Brief von ihrem Freund erhält, rechnet sie fest mit dem lang ersehnten Heiratsantrag. Doch bevor sie den Umschlag öffnen kann, kommt der schreckliche Anruf: Sim ist in London auf der Straße zusammengebrochen. Er ist tot. Orla steht unter Schock. Wie soll sie weiterleben ohne Sim? Und warum rät ihr sein bester Freund so eindringlich, die Valentinskarte nicht zu öffnen? Orla war doch Sims große Liebe. Und er ihre. Als Orla krank vor Kummer nach London reist, um mehr über Sims letzte Tage zu erfahren, wird ihr klar, wie wenig sie ihren Freund kannte. Und noch bevor sie Sims Valentinskarte öffnet und seine letzten Worte liest, ist sie selbst ein anderer Mensch geworden …

 

Ein letzter Brief von dir 

Originaltitel: The Valentine's Card
Autor: Juliet Ashton
Übersetzer: Silke Jellinghaus, Katharina Naumann
Verlag: rororo
Erschienen: 01.02.2014
ISBN: 978-3499228612
Seitenzahl: 458 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Für Orla Cassidy sollte der 14. Februar 2012 der Start in eine neue Etappe mit ihrer großen Liebe Sim werden, denn sie erhoffte sich nach drei wundervollen Jahren den ersehnten Heiratsantrag. Sie behielt recht, dass dieser Tag ein besonderer war, allerdings im negativen Sinne, denn zeitgleich mit dem denkwürdigen Valentinsgruß ereilte sie ein Anruf von Sims Agenten mit der bitteren Nachricht, dass ihr Schatz auf Londons Straßen an einer Lungenembolie verstarb. Von diesem Schock wie gelähmt, wird die letzte Nachricht zu Orlas Rettungsanker, die sie (ungelesen) überall mit sich trägt. Sie beschließt eine Auszeit von ihrem Leben zu nehmen und ihre Heimat Irland für das stickige London zu verlassen, um dort Sims Mietwohnung, in der er während der Dreharbeiten zu seiner BBC-Durchbruchserie wohnte, nach dessen Tagebuch (vergeblich) zu durchforsten. In England trifft sie allerlei Bekannte von Sims prominenter Glitzerwelt, die ihr alle raten, die Karte des Toten schnellstmöglich zu vergessen oder besser noch zu verbrennen. Als sich dann auch noch Sims schöne Schauspielkollegin merkwürdig verhält, wird klar, dass ihr Liebling ein gemeines Doppelleben führte.

Ich war sehr überrascht, als uns die Autorin schon ziemlich früh in der Handlung einen Strich durch den wohl traurigsten Heiratsantrag der Liebesgeschichte machte, indem sie den männlichen Part als einen untreuen Gigolo entzauberte. Juliet Ashton hat dadurch ziemlich geschickt die Erwartungen auf ein Happy End heruntergeschraubt und dann schlussendlich doch noch sehr gelungen einen Bogen geschlagen, der ohne Sims Fehltritte nicht so berauschend gewesen wäre.


Stil und Sprache
Für ihr Debüt hat mich Juliet Ashton mit einem sehr ausdrucksstarken Schreibstil umgehauen. Gleich zu Beginn auf der ersten Seite fallen sofort mehrere eher ungewöhnliche Verben auf, die in der Kombination auf ein unverbrauchtes Repertoire von Schreibkunst hinweisen, wie „rülpsender Auspuff“ oder „losrasselnde Wecker“. Mit diesem Gespür umschifft die gebürtige Irin nichtssagende und langweilige Sätze mit ihrem Charme und macht alltägliche Handlungsweisen wertvoller, was sehr sympathisch und erquicklich war.

Dank des ausgeklügeltem und verhältnismäßig tiefgründigem Inhalt wird die Spannung gut gesteigert, denn wie vermutlich jede betrogene Frau will Orla dem Sachverhalt auf die Spur kommen und ihre Konkurrentin leiden sehen. War es zuerst nur interessant, wo Sims Tagebuch zu finden sei, um ihn somit durch seine letzten Gedanken noch einmal lebendig zu machen, galt es später nur noch sich von seiner Falschheit reinzuwaschen und einen passenden Nachfolger für Orlas angeknackstes Ego zu erbeuten. Die bösen Geister der Vergangenheit sind aber wie meistens leider ziemlich hartnäckig und spannende Ups and Downs sind die Folge.

Im Mittelteil verliert sich die Autorin meiner Meinung nach dann zu sehr in der Idee, dass die anonyme Großstadt aus liebenswürdigen Landeiern psychisch labile Menschen macht, die auch ohne zu Zögern völlig in ihren beinahe kriminellen Machenschaften aufgehen. Zu nennen wäre hier beispielsweise Orlas Hang zum Stalking bei Anthea Blake, die Sim den Kopf verdreht haben soll und nun zum Hassobjekt der Irin mutiert. So spannend wie es ist, eine Londoner Berühmtheit auf Schritt und Tritt entweder online oder live zu verfolgen, fühlte ich mich als Leser unangenehm als Voyeur, obwohl der Grund für das Auflauern schnell und unkompliziert mit einem klärenden Gespräch von Frau zu Frau aus der Welt geschafft wäre. Dieser Punkt zieht sich in einem gewissen Grad etwas ins Lächerliche, wenngleich ich die Verfassung von Menschen in eben jener Situation nicht aus eigener Erfahrung eingrenzen kann.


Figuren
Ein großes Lob verdient die Autorin zuerst für ihre feine Namenswahl, denn mittlerweile wiederholen sich die gängigen Namen doch leider viel zu oft in der Unterhaltungsliteratur, wodurch die Charaktere irgendwann wie ein Einheitsbrei durch die Zeilen schwimmen.

Es ist schon eine Weile her, dass ich den Lebenspartner von einer Protagonistin seit der ersten Begegnung dermaßen unausstehlich fand, dass ich bei seinem schnellen aber heftigen Tod keine Gefühlsregung aufbrachte. Sim, der eigentlich Simon heißt, macht es durch seine arroganten Sticheleien in Form von Tagebucheinträgen, die Orlas Job als Grundschullehrerin verpönten oder die urigen Feiern der Cassidys in den Schmutz ziehen, aber auch wirklich leicht ihn nicht zu mögen.
Orla dagegen ist ein Familienmensch, die für ihre Arbeit mit Benachteiligten und Kindern regelrecht aufgeht und der man wünscht, dass sie flink wieder aus der Trauer erwacht und einen Blick auf den schnieken Marek wirft. Dieser ist ein Stiefbruder und gleichzeitig Erziehungsberechtigter einer Sprachschülerin von Orla und würde der süßen Frau mit den grünen, geheimnisvollen Augen jeden Wunsch erfüllen. Leider zieht es viele Frauen eher zu den unnahbaren Grobianen hin, als zu den ehrbaren Geschäftsmännern mit alten Tugenden, sodass Marek einige Anläufe braucht bevor er glückliche Stunden mit Orla verbringen darf. Seine Stiefschwester Bogna, die für allerlei witzige Verdreher der Sprache sorgt, nannte ihn einmal treffend: „Er ist wie Bär mit Poschmerz.“ (S.238).
Um Orla im wilden London nicht alleine mit ihren Sorgen zu lassen, steht ihr als Mutterersatz Sims ehemalige Vermieterin und Buchhändlerin Maude zur Seite. Die 75-Jährige Witwe hat zwar ihr eigenes Polster zu tragen, nichtsdestotrotz verfügt sie über ein wahres Feingespür, welches Orlas Ängste mit der Präzision eines Uhrwerks auslotet.


Aufmachung des Buches
Obwohl „Ein letzter Brief von dir“ als Taschenbuch publiziert wurde, weckt das opulente Cover den Eindruck eines gebundenen Romans, da praktisch alle wichtigen Stationen der dreijährigen Beziehung von Sim und Orla in den Symbolen am Rand vertreten sind. Hier hat sich der Designer in seiner Arbeit wirklich gut mit dem Inhalt beschäftigt. Gefallen hat mir zudem, dass jede Kapitelzahl mit einem kleinen Brief umrahmt und es nicht einfach nur durchnummeriert wurde.


Fazit
Was mit der schrecklich unsensiblen Valentinskarte von Sim als „Anti-Lovestory“ begann, entwickelte sich dann glücklicherweise doch noch in eine herzwarme Geschichte, die uns allerdings erst ganz zum Schluss von den brennenden Fragen erlöste.


4 5 Sterne


Hinweise
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