Smaller Default Larger

Eine kleine Insel, ein vernichtender Sturm und für zwei außergewöhnliche Helden beginnt das größte Abenteuer ihres Lebens

Einen Monat hatte Mau allein auf einem winzigen Atoll im großen Pelagischen Ozean verbracht. Als Junge hatte er seine Familie verlassen, als Mann kehrt er nun heim zur Insel des Lichts. Doch am Tag seiner Rückkehr zieht ein vernichtender Sturm auf, und eine gigantische Welle tötet alle Bewohner seiner Heimat. Doch Mau ist nicht allein auf seiner Insel: Eines Tages steht ein fremdes, weißes Mädchen vor ihm – Daphne, die einzige Überlebende des gestrandeten Segelschiffs ‚Sweet Judy‘ und eine entfernte Verwandte der königlichen Familie. Zusammen mit ihr, einem fluchenden Schiffspapagei und weiteren Gestrandeten wagt Mau einen neuen Anfang. Gemeinsam bieten sie dem Schicksal die Stirn und stellen sich dem größten Abenteuer ihres Lebens.

 

  Autor: Terry Pratchett
Verlag: Manhattan
Erschienen: 06.04.2009
ISBN: 978-3-442-54655-8
Seitenzahl: 448 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Zu dem Text des Buchrückens gibt es nicht mehr viel zu ergänzen, sagt er bereits das Wichtigste über Terry Pratchetts neuesten Roman aus. So bleibt mir an dieser Stelle eigentlich nur zu sagen, dass der Autor es auch fernab der Scheibenwelt versteht, den Leser in die Geschichte zu locken und bis zum Schluss nicht mehr daraus zu entlassen. Die Grundidee dieses Romans ist etwas Neues, etwas Spannendes, etwas Lesenswertes.


Stil und Sprache
Der Roman beginnt mit einem zweiseitigen Prolog, der die Schöpfung der Welt kurz zusammenfasst – einer Welt, die der unsrigen zum Verwechseln ähnlich ist und doch eine Andere. Terry Pratchett überrascht den Leser diesmal mit einem Roman fernab der beliebten Scheibenwelt, doch enttäuscht wird sicherlich niemand. Zu Anfang finden sich einige wenige Fußnoten, die manches – wie Baumkraken oder das Segelflossenkrokodil – kurz auf humorvolle Art erklären, da diese für Mau selbstverständlich sind und der Leser andernfalls nicht wüsste, um was es sich eigentlich handelt.

Pratchetts Sprachstil ist so, wie man ihn kennt: klar und durch und durch bildlich. Es ist ein Leichtes, das Geschriebene auch vor dem inneren Auge zu sehen, ja manches Mal auch laut zu lachen ob des für den Autor typischen Humors und seiner bisweilen skurrilen Ideen (wie ‚Die Einsame Palme‘).

Es wechseln sich immer wieder mehrere Handlungsstränge ab, doch durch die Kennzeichnung (eine Leerzeile), kommt es zu keiner Zeit zu Verwirrungen. Auch auf Rückblenden trifft der Leser, die ich jedoch zu keiner Zeit als störend empfunden habe, da sie zum einen geschickt in das Geschehen eingebunden sind und zum anderen nicht unnötig in die Länge gezogen wurden. Außerdem lernt der Leser so die Figuren noch besser kennen, vor allem Daphne.
Die Dialoge sind Pratchett ebenfalls hervorragend gelungen und stellen zu keiner Zeit einfach nur herunter gerattertes Geplänkel dar. So manches Mal trifft der Leser auch auf philosophische Diskussionen und ernste Themen, die mit ernsten Worten wiedergegeben werden.

Terry Pratchett beleuchtet in „Eine Insel“ unsere Kultur durch die Augen Maus, eines ‚Wilden‘. Es macht unheimlich viel Spaß, sich selbst auf diese Weise zu betrachten, halten die Inselbewohner uns ‚Hosenmenschen‘ im Großen und Ganzen wohl schlichtweg für verrückt. Zudem gelingt es Pratchett vorzüglich, die sprachlichen Schwierigkeiten vor allem zwischen Mau und Daphne darzustellen, wobei sie sich anfangs durch Strichmännchen im Sand Abhilfe schaffen, die im Buch auch abgebildet sind.


Figuren
Die Figuren in diesem Buch sind durchweg wunderbar ausgearbeitet, keine – von den Wichtigsten bis hin zu den Randfiguren – wirkt farblos. Stattdessen kommen alle mit ihren Eigenheiten, Fähigkeiten, Macken und Wünschen daher und erwecken die Buchstaben zum Leben.
An dieser Stelle möchte ich lediglich auf die beiden Protagonisten eingehen, auch wenn es über viele weitere Figuren einiges zu sagen gäbe (auch Wissenschaftler wie Darin und Newton finden Erwähnung in dem Buch):

Mau ist ein hilfsbereiter, neugieriger und gerade zu Anfang auch naiver Mensch. Er ist aber auch einfallsreich und mutig. Doch er ist ein Dämonenjunge, seit ihm seine Seele abhanden gekommen ist. Seine Jungenseele hat er auf dem Atoll zurück gelassen, wo er einen Monat allein verbringen musste, um zum Mann zu werden. Doch als er zurück zur Insel kam, um dort seine Männerseele zu bekommen, waren alle Bewohner tot – von der gigantischen Welle in die dunklen Tiefen gerissen oder achtlos auf dem Strand zurückgelassen worden. Seither zweifelt Mau an den Göttern der Nation, hat er doch seinen Glauben an sie verloren.

Daphne alias Ermintrude ist ein überaus gewitztes, intelligentes und wissbegieriges Mädchen, das von Mau ‚Geistermädchen‘ genannt wird, da sie so blass ist. Mit der Zeit wird sie aufgeschlossener, lebt sich in die Sitten und Bräuche der Nation ein und versucht doch, die eigenen Traditionen nicht gänzlich aus den Augen zu verlieren.

Mau und Daphne entwickeln sich über die Geschichte hinweg weiter, wachsen über sich und ihren anfangs noch beschränkten Horizont hinaus. Der Leser kann sich wunderbar in sie hineinversetzen, erlebt die Geschichte gerne mit ihnen. Sie sind absolut glaubwürdig und liebevoll dargestellt.


Aufmachung des Buches
Optisch ist das Buch absolut gelungen, zeigt es doch den Protagonisten Mau wie er – was er in der Geschichte tatsächlich immer tut – am Strand steht und auf das Meer blickt. Der aus dem Wasser springende Delphin hat ebenfalls eine wichtige Bedeutung, die ich an dieser Stelle jedoch nicht vorweg nehmen möchte. Ist der Schutzumschlag größtenteils matt gehalten, hebt sich das Bild in hochglänzend davon ab und lässt das Meer schön schimmern.

Ein weiteres schönes Detail sind die kleinen quadratischen Bilder zu Beginn eines jeden Kapitels, die skizzenhaft auf das Kommende hinweisen, ohne jedoch zu viel zu verraten. Zudem finden sich am Anfang und am Ende des Buches eine sich über zwei Seiten erstreckende Weltkarte, sowie am Anfang auch noch eine Karte der Nation. Diese sind sehr liebevoll dargestellt.

Schade ist jedoch, dass der Titel nicht von der Originalausgabe übernommen wurde, spiegelt „Nation“ den Inhalt des Buches doch noch viel treffender wieder – auch wenn „Eine Insel“ ebenfalls gut gewählt ist.


Fazit
Wer Terry Pratchetts Scheibenwelt mag, wird von diesem Buch zwar etwas überrascht sein – ist es doch irgendwie anders (und das nicht nur, weil es nicht auf der Scheibenwelt spielt) –, es aber mit Sicherheit ebenso gerne lesen und es mit leisem Bedauern schließlich ins Bücherregal stellen, ist die Geschichte doch viel zu schnell vorbei. Ein rundum gelungener Roman, der die Lesezeit wie im Flug vergehen lässt und in dem der Autor Witz und Gefühle wunderbar miteinander verwebt.


5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo