Smaller Default Larger

Liebe Sabine,
Du und ich, wir sind keinen leichten Weg gegangen und unsere Fehler können wir nicht mehr ungeschehen machen. Wenn ich jetzt an Dich denke, erinnere ich mich an Deinen überraschten Blick, als ich Deinen Pullover aufgehoben habe, Deine strahlenden Augen, als Du das Meer gesehen hast. Was am Ende von uns bleibt, ist Lukas.

Peter, Sabine und Lukas waren einmal eine Familie.
Das ist lange her. Bis Vater und Sohn sich überraschend gegenüber stehen. Peter beginnt, um Lukas' Vertrauen zu kämpfen. Lukas weiß nicht, wie er Peter in sein Leben lassen kann, ohne Sabine zu verletzen. Nichts ist verloren, und nichts bleibt, wie es war.

 

Wenns am schoensten ist 

Autor: Astrid Ruppert
Verlag: Marion von Schröder
Erschienen: 11.04.2014
ISBN: 978-3547711967
Seitenzahl: 272 Seiten

Hier geht's zur Leseprobe


Die Grundidee der Handlung
Als sich Sabine und Peter vor fast 20 Jahren Hals über Kopf verliebten, hätten sie niemals gedacht, dass mit der Geburt ihres Sohnes Lukas nur kurze Zeit später die Scheidung ins Haus flattern würde. Seitdem machen sich die beiden das Leben zur Hölle, denn ein neutraler Umgang dem Kind zum Gefallen ist bei Sabines gebrochenem Herzen unmöglich, sodass Peter sich immer mehr von seinen väterlichen Pflichten zurückzieht und sie irgendwann ganz beendet. Zum 70.Geburtstag von Lukas' Oma und nach neun Jahren Funkstille wagt der Junge mit einem fantastischen Talent fürs Klavierspielen aber einen Schritt zur Versöhnung und wird sogleich bitter enttäuscht, denn Peter flüchtet bei seinem Anblick von der Feier. Was beide Männer zu dem Zeitpunkt noch nicht wissen, ist dass der vermeintliche Rabenvater schwer an Leukämie erkrankt ist. Kann dieser Schicksalsschlag einen Neuanfang einläuten?

Astrid Ruppert hat für ihren Roman eine Protagonisten-Familie gewählt, wie es sie unzählige Male in Deutschland gibt und dadurch sehr glaubhaft den Konflikt zwischen Geschiedenen in Worte gefasst, womit die hässlichen Spannungen ungefiltert auf den Leser übergehen. Die Entschlossenheit von Peter, lieber dem Tod ins Auge zu blicken statt auf Medikamente angewiesen zu sein, macht die Vater-Sohn-Beziehung im weiteren Verlauf sehr intensiv und das Buch zu einer nachhaltigen Lektüre.


Stil und Sprache
Ich habe selten bei einem Buch das Gefühl, dass am Schluss die Tränen vor Rührung kullern könnten und ich besser eine Packung Taschentücher bereithalten sollte, aber Astrid Ruppert hat schon mit ihrem Roman „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ bei mir eine emotionale Reaktion ausgelöst, weswegen ich nicht erstaunt war, als ich hier bereits im Mittelteil eben jenes Gefühl hatte. Immerhin würden wir uns wohl alle am liebsten davor verschließen einen geliebten Menschen, insbesondere ein Elternteil, so früh zu begraben oder dem eigenen Vater wie einem Fremden gegenüberzustehen. Leider war der sentimentale Höhepunkt für meinen Geschmack dann etwas zu knapp abgeschlossen, obwohl wir so zielstrebig darauf zu marschiert sind (nur eine Seite), sodass ich die Taschentücher dann doch nicht brauchte und lediglich  feuchte Augenwinkel hatte. In dieser Szene wirkte es auf mich ein wenig so, als ob die Autorin als Schutzmechanismus hier schnell einen Schlussstrich ziehen wollte, was zwar schade war, aber andererseits auch gut zu dem bodenständigen Peter passte. Wer gerade selbst diese oder eine ähnliche Diagnose bekommen hat bzw. Menschen an diesem Scheideweg kennt, sollte es sich definitiv zwei Mal überlegen, ob diese Lektüre die richtige ist, weil der Verlauf eindeutig nicht geradewegs auf ein Happy End im klassischen Sinne steuert bzw. weiträumiger interpretierbar ist.

Nichtsdestotrotz war der Roman mit weniger als 300 Seiten extrem dicht gefüllt von erinnerungswürdigen Sätzen, bei denen ich häufig eine kurze Lesepause einlegen musste, um sie komplett aufzunehmen und im Sog nicht zu überfliegen. Der Schreibstil war insgesamt nämlich geprägt von unzähligen Metaphern, die sehr bildhaft und symbolisch treffend das Dilemma der verpassten Jahre von Lukas und Peter oder den Gesundheitszustand des Krebskranken noch deutlicher hervorhoben. Allein dafür kann ich diesen Roman schon weiterempfehlen, weil es zeigt, dass Astrid Ruppert sich bei ihrem mittlerweile vierten Werk aus diesem Genre noch gesteigert hat. Es sind keine abgehobenen Vergleiche, sondern beispielsweise die warme Decke als Verständnis für Geborgenheit, die aber genau im passenden Moment das Gesagte abrunden.


Figuren
Die Autorin konzentriert sich ganz auf die zerbrochene Familie und lässt die aktuellen (besten) Freundinnen der Protagonisten nur hin und wieder agieren. Mit viel weiblicher Intuition, Wärme und Mitgefühl stehen diese zwar hilfreich zur Seite, aber gegenüber den Hauptcharakteren erfahren wir eindeutig zu wenig, um in ihnen eine wichtige Schlüsselrolle zu sehen.
Neben den starken und interessanten Persönlichkeiten von Peter und Lukas war es aber auch schon für Sabine schwierig, nicht unterzugehen. Als Mutter hat sie aus gekränkter Eitelkeit leider eine auffällig egoistische Ader aufgebaut, um ihren Goldjungen angeblich von allen schlechten Einflüssen fernzuhalten. Aus Verlustangst und der Furcht vor Einsamkeit hat sie außerdem die Treffen von Peter boykottiert, was die Alleinerziehende beim Leser sicherlich schnell als „Buh-Mann“ abstempelte. Sabine stammt aus einer konservativen Familie, für die eine Scheidung ein Drama darstellt und die Ergotherapeutin selbst die Denkweise eines typischen Landeis einbrockte.
Herzlich war das Familienleben in der Jugend von Peter auch nicht, da seine Eltern es missbilligten, dass ihr Sohn am Theater arbeitete und generell sehr oft unzufrieden waren. In logischer Konsequenz hat sich der reisefreudige Rebell immer mehr von ihnen entfernt, aber ein selbstbestimmtes und glückliches Leben geführt. Schlussendlich war sein Charakter für mich der tiefgründigste, weil er speziell nach seiner niederschmetternden Diagnose trotzdem noch für seinen jungen Spross kleine Weisheiten auf Lager hatte, wie beispielsweise: „Wie wenig Zeit wir alle haben, während wir denken,wir hätten die Ewigkeit.“ (S.100). Seine überaus vernünftige, fast schon pragmatische Art mit der er seinen Tod als einen Schritt auf der Zeitskala sieht, hat mich zum Nachdenken gebracht, da wir alle doch ziemlich verzweifelt an unserem Leben klammern. Peter hat sein Leben glücklich und befreit gelebt und ist nun bereit zu gehen – diese Stärke ist bei mir im Gedächtnis geblieben und Lukas kann wirklich stolz auf seinen Papa sein.
Dorthin ist es allerdings ein weiter Weg, als zu Beginn das Verhältnis der Verwandten auf Eiseskälte abgekühlt ist, denn „Wenn Lukas „Vater“ sagt, hat er das Gefühl, ein falsches Wort auszusprechen, ein Unwort.“ (S.8). Der Hobby-Pianist ist das Opfer der Scheidungskrieges seiner Eltern und dafür ein ziemlich lieber Bursche geworden. Geleitet von Wut, Enttäuschung und Schmerz kann man seine Entwicklung im Roman wunderbar nachvollziehen und sitzt praktisch neben ihm in der Achterbahn der Gefühle.


Aufmachung des Buches
Die Klappenbroschur ist für das ernste und traurige Thema entsprechend ruhig und zurückhaltend gestaltet worden. Der Inhalt ist so präsent, dass es aber auch gar keinen bunten Schnickschnack auf dem Cover oder peppige Kapitelüberschriften braucht. Die leisen Farben mit weiß, altrosa, braun und grün, sowie die Möwe als Symbol für die Freiheit, die sich Peter auch auf dem schweren Krankheitsweg wünscht, zeigen somit schon von außen als Wegweiser die Handlung voraus.


Fazit
Man soll immer aufhören, wenn es am schönsten ist und genau dieses Motto hat die Autorin konsequent bis zum Ende durchgezogen, denn ich hätte gerne noch weiter gelesen, auch wenn die ganz großen Tränen bei mir zum Schluss nicht rollten. Astrid Ruppert steht trotzdem weiterhin auf der Liste meiner deutschen Lieblingsautorinnen ziemlich weit oben.


4 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo