Drucken
Kategorie: Romane

Ein Geheimnis aus der Vergangenheit. Ein Weg in die Zukunft…

Kurz vor ihrer Hochzeit fährt die New Yorker Anwältin Ellen Branford in den abgelegenen Küstenort Beacon, um den letzten Wunsch ihrer Großmutter zu erfüllen. Sie soll einen Brief überbringen und hofft, die Angelegenheit schnell erledigen zu können. Doch schon bald ahnt sie, dass sich dahinter viel mehr verbirgt. Denn inmitten von Blaubeerfeldern wartet eine alte Geschichte von Liebe und verlorenen Träumen auf Ellen – die ihr zeigen wird, dass man manchmal all seine Pläne über den Haufen werfen muss, um das wahre Glück zu finden …

 

Der Sommer der Blaubeeren 

Originaltitel: The Irresistible Blueberry Bakeshop and Café
Autor: Mary Simses
Übersetzer: Carolin Müller
Verlag: Blanvalet
Erschienen: 21.04.2014
ISBN: 978-3442382170
Seitenzahl: 416 Seiten

Hier geht's zur Leseprobe


Die Grundidee der Handlung
Ellen Branford ist eine erfolgreiche Anwältin aus New York City, die ihrer Großmutter am Sterbebett versprach, deren Jugendliebe in dem beschaulichen Beacon aufzusuchen und einen klärenden Brief über die Vorkommnisse vor rund 60 Jahren zu überreichen. Für die toughe Geschäftsfrau mit einer Vorliebe für Landschaftsfotografie bedeutete dieser Ausflug in die Einöde eine Flucht vor den stressigen Hochzeitsvorbereitungen mit ihrem Verlobten Hayden und Kontakt mit der Gemütlichkeit der Dorfleute. Schon an ihrem ersten Tag vor Ort bricht die gestandene Großstädterin allerdings auf einem morschen Pier ein und wird von dem Einheimischen Roy Cummings in letzter Minute vor dem Ertrinken gerettet, dem Ellen voller Glücksgefühle einen feuchten Kuss auf den Heldenmund drückt. Wie es das Schicksal will, laufen sich die beiden in der kleinen Ortschaft nun ständig über den Weg und es wirkt beinahe so, als ob Ellens Oma die Fäden aus dem Grab zwischen ihnen führt, obwohl die Übergabe des Briefes unterdessen schwieriger wird und beinahe stagniert.

Mary Simses hat in ihrem Debütroman ein relativ kleines Familiengeheimnis eingewebt, was trotzdem eine riesige Wirkung aufbaut und vor allem die Vorzüge des Landlebens auf humorvolle Weise anpreist. Frauen, die am Scheideweg einer Beziehung stehen, werden bei der Autorin vielleicht den Mut zur Veränderung finden oder ansonsten auf jeden Fall einige entspannte Lesestunden.


Stil und Sprache
Die Spannung wird gleich zu Beginn mit dem Einbruch von Ellen in das eiskalte Meer auf die Spitze getrieben, denn obwohl sie eine geübte Schwimmerin ist, verliert sie in der Situation verständlicherweise die Nerven und rudert lediglich völlig orientierungslos mit dem Armen. Nachdem sie wieder an Land ist, will sie von ihrer gefährlichen Lage aber nichts mehr wissen und beharrt eingeschnappt auf ihrer Meinung, dass sie es auch alleine ans rettende Ufer geschafft hätte. Diese Sturheit verhilft ihr in der kleinen Gemeinde zu dem trefflichen Spitznamen „Die Schwimmerin“ und zu einer kleinen Berühmtheit, worüber sogar die ansässige Dorfzeitung berichtet. Im weiteren Verlauf der Handlung bockt ihr dies dann einige peinliche Momente vor ihrer Familie ein, die sie spontan besucht, als sie den Aufenthalt aus Zeitnot verlängert, aber ahnungslos über den kleinen Ausflug ins Nasse ist. Die Autorin hat diese eigentlich sehr dramatische Szene in ihrem Roman zu einem lustigen Running-Gag umgewandelt, was perfekt zu dem gefürchteten Dorfklatsch passt und sich auch nach circa 400 Seiten nicht abnutzt, wie beispielsweise hier: „Noch einen Drink für die Schwimmerin!“, rief ein Mann mit einem weißlichen Haarschopf Skip zu. (S.98), woraufhin die Protagonistin im häufigen Takt mit roten Wangen im Boden versinken möchte. Die liebevolle Art, wie die eigentlich Fremde in der Mitte der Eingesessenen aufgenommen wird gegenüber der auf das Geld und die gesellschaftliche Stellung fixierten New Yorker Bürger wurde mit einem zwinkernden Auge schön aufgeschaukelt und entlädt sich mit einem lauten Wums im Beaconer Pub, wo der entscheidende Wendepunkt einzuzeichnen wäre.

Erzählt wird die Geschichte in der Ich-Perspektive der Vergangenheitsform, was ich sehr angenehm empfand, zumal Mary Simses Stil insgesamt auch sehr harmonisch und vollgesogen mit amerikanischer Leichtigkeit ist. Die Beschreibungen der Landschaft z.B. der baufälligen Blaubeerfarm mit den zarten und vernachlässigten Beerensträuchern im Gestrüpp, sowie die neu entdeckten Gemälde, die Ellens Oma in ihrer glücklichen Jugend malte und sogar ausstellte, sind sehr bildhaft beschrieben und ließen mich in die längst vergangene Epoche eintauchen. Obwohl die Autorin für meinen Geschmack wenig Fokus auf das Beacon von Ellens Großmutter legt, da die Protagonistin selbst in heller Aufruhr im Herzen ist, gelingt es ihr durch vergilbte Briefe der vorherigen Generation dennoch den Flair der „guten, alten Zeit“ zu übermitteln.


Figuren
Eindeutiges Augenmerk liegt bei der Lektüre natürlich auf dem Liebespaar in spe, welches seinen Weg zwar ohne große Überraschung, aber trotzdem unterhaltsam beschreitet.
Roy muss man für seine Geduld mit der auf Vernunft getrimmten Anwältin einfach gern haben, da er ihren harten Verhandlungspanzer mit viel männlichen Geschick anknabbert und schlussendlich einreißt. In seinem Beruf als Zimmermann wird von ihm eine treffsichere und harte Hand erwartet, aber schon bald zeigt sich, dass sich hinter der vom Wind gegerbten Haut auch ein sanfter Kerl versteckt.

Am Anfang dachte ich, dass Hayden dagegen ein verwöhnter Schnösel aus einer Politiker-Familie wäre, der glaubt mit seinem Geld die Welt zu beherrschen und Ellen somit ein langweiliges Luxusweibchen wäre. Meine Meinung zu beiden New Yorkern hat sich dann aber ziemlich schnell relativiert, weil vor allem Ellen sich extrem flott an mit den zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftigen Arbeitsbedingungen arrangierte (z.B. Handyempfang nur auf dem WC) und ihr Leben als gut bezahlter „Haifisch im Rock“ (S.366) beinahe von einem Tag auf den anderen gegen ein ruhiges Dasein als Bäckerin der weltbesten Blaubeermuffins tauschen wollte. Genauso leicht fiel es ihr auch die Vorsätze von fettfreier Ernährung an der frischen Meerluft sprichwörtlich über Bord zu werfen und sich hungrig auf frittierte Muscheln mit Pommes zu stürzen – diese neu gewonnene Eigenschaft wird wohl jede Leserin sehr wohlwollend aufgenommen haben.

Wie schon erwähnt, waren alle Bewohner von Beacon sehr zuvorkommend, ehrlich und bodenständig, aber die Betreiberin von Ellens Hotel, dem Victory Inn, Paula hat tatsächlich wie eine tüchtige Herbergsmutti mit Rat, Tat, Speis und Trank zum Erfolg des Buches beigetragen. Es kam mir in einzelnen Passagen fast so vor, als wäre sie die Kupplerin auf Erden, die von Ellens Oma den engelsgleichen Beistand erhielt.


Aufmachung des Buches
Die Klappenbroschur verströmt schon auf den ersten Blick mit den prallen Blaubeeren auf dem Cover eine gelungene Sommer-Atmosphäre, sodass man sich am liebsten eines der süßen Früchtchen abpflücken würde. Unter der Klappe verbirgt sich dann das Rezept für die oft angepriesenen Blaubeer-Muffins, welches ich zur Haupternte bestimmt mal ausprobieren werde und eine gelungene Idee vom Verlag war.


Fazit
Dieser Roman ist eines jener Sommerbücher, die uns von der Liebe auf den ersten Blick oder einem romantischen Urlaubsflirt träumen lassen und dadurch unbedingt in den Strandkorb gehören – natürlich mit ein paar Blaubeeren im Gepäck.


4 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de