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Kategorie: (Roman-)Biografien

„10. April 1829. Heute war er wahrhaftig in Venedig. Er, Carl Spitzweg, Apotheker aus München. Wäre er lieber ein Maler aus München? Es war ihm, als schlüge sein Herz kräftiger …“
Seit seiner Kindheit träumt Carl Spitzweg von der Malerei. Erst als er seiner großen Liebe Clara begegnet, setzt er seinen Traum in die Tat um. 

 

Sonntag in meinem Herzen 

Autor: Asta Scheib
Verlag: Hoffmann und Campe
Erschienen: 11. September 2013
ISBN: 978-3-455-40430-2
Seitenzahl: 496 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Bereits zu seiner Geburt im Jahr 1808 legt Carl Spitzwegs Vater den beruflichen Werdegang seines Sohns fest – aus ihm soll einmal ein Apotheker werden. Obwohl sich schon in seiner frühen Kindheit sein künstlerisches Talent zeigt, muss er dieses vor dem strengen Vater verbergen und kann nur heimlich seine Bilder anfertigen. Folgsam beginnt Carl seine Lehre in der Königlich-Bayrischen Hofapotheke in München und studiert später zusätzlich Naturwissenschaften. Als Spitzweg Clara, der Liebe seines Lebens, begegnet, ändert er sein Leben grundlegend und will heiraten. Sein übergroßes Glück ist jedoch nur von kurzer Dauer, denn Clara stirbt nach kurzer, schwerer Krankheit. In seiner Trauer fasst er den Entschluss, sich endgültig der Malerei zuzuwenden und seinen bisherigen Beruf als Apotheker aufzugeben. Trotz seiner ständigen Selbstzweifel gelingt es ihm, Käufer für seine Gemälde zu finden und zu einem erfolgreichen und geschätzten Maler seiner Zeit zu werden. 

In ihrer informativen und gut recherchierten Romanbiographie hat Asta Scheib sich dem bisher wenig bekannten Leben des sehr beliebten Malers Carl Spitzweg angenommen. Mit seinen berühmten kleinformatigen Gemälden „Der arme Poet“, „Sonntagsspaziergang“, „Kaktusfreund“ oder „Schmetterlingsjäger“, die anheimelnde, vermeintlich idyllische Szenen aus dem Kleinbürgertum zeigen, gilt Spitzweg als ein typischer Vertreter des Biedermeier und zugleich als ein humorvoller und außergewöhnlich scharfsichtiger Chronist des 19. Jahrhunderts.

 

Stil und Sprache
Asta Scheib gelingt es mit ihrem unnachahmlichen Schreibstil das wechselvolle Leben von Carl Spitzweg äußerst einfühlsam, abwechslungsreich und literarisch ansprechend nachzuzeichnen. Man spürt, dass die Autorin sich sehr eingehend mit dem Leben und Werk des Künstlers beschäftigt hat, aber auch das zeitgeschichtliche Umfeld gründlich recherchiert hat. Hierdurch gelingt es ihr hervorragend, die von ihr ersonnenen und sorgfältig ausgewählten Episoden stimmungsvoll und glaubwürdig in die biographischen Fakten einzubetten. Diese ausgewogene Mischung aus Wahrheit und Fiktion lässt ein sympathisches, stimmiges Bild Spitzwegs lebendig werden.
Der Leser kann allerdings kaum differenzieren, welche Schilderungen nun auf wahren Begebenheiten beruhen und welche der dichterischen Freiheit der Autorin entsprungen sind, da diese dem Leser ein Literaturverzeichnis und erläuternde Anmerkungen in einem Nachwort schuldig bleibt.

Sehr anschaulich und unterhaltsam gibt sie dem Leser Einblick in historische Ereignisse, das Alltagsleben und die bunte Künstlerszene in München, beschreibt ausführlich seine beschwerlichen Reisen ins Ausland und durch seine bayerische Heimat und führt ihm sehr nachdrücklich die Auswirkungen von lebensbedrohlichen Krankheiten auf das damalige Leben in der Stadt vor Augen. Mit ihrer Romanbiographie zu Carl Spitzweg hat Scheib zugleich ein umfassendes und sehr lebendiges Gesellschaftsportrait des 19. Jahrhunderts und der Epoche der Spätromantik und des Biedermeiers entworfen.


Figuren
Die Autorin gibt dem Leser zunächst einen aufschlussreichen Einblick in Spitzwegs frühe Kindheit und Jugend und sein durch den autoritären Vater sehr restriktives Leben in der großbürgerlichen Münchner Familie. Sehr empathisch schildert sie den frühen Tod seiner geliebten Mutter und widmet sich ausführlich den familiären und freundschaftlichen Bindungen Spitzwegs, insbesondere dem innigen Verhältnis zu seinen beiden Brüdern und seiner liebevollen Tante, seiner späteren Stiefmutter. Erst nach dem Tod des strengen Vaters konnte Spitzweg sich seiner wahren Leidenschaft, der Malerei, vollauf widmen. Zu seinem Lebensende konnte Spitzweg schließlich auf ein erfolgreiches, schaffensreiches Künstlerleben in finanzieller Sorglosigkeit zurückblicken, doch das große Glück in seinem Leben mit der einzigen Liebe seines Herzens währte nur kurz. So lässt Scheib den Leser neben den beruflichen Erfolgen ebenfalls Anteil nehmen an Spitzwegs persönlichen Enttäuschungen, tragischen Momenten und privaten Schicksalsschlägen in seinem wechselvollen Leben. 

Asta Scheib ist es hervorragend gelungen, ein lebendiges, glaubhaftes Portrait des Künstlers Carl Spitzweg zu zeichnen und seine schillernde Persönlichkeit mit all seinen berührenden und liebenswerten Facetten herauszuarbeiten. Der Leser begegnet einem äußerst sympathischen, humorvollen Menschen und Naturliebhaber, sensibel, bescheiden, warmherzig, der Konflikten gerne aus dem Weg ging und als Autodidakt lange Zeit voller Selbstzweifel mit seinen malerischen Talenten haderte. So hat man am Ende der Lektüre beinahe das Gefühl, diesen faszinierenden Menschen wirklich persönlich kennen gelernt zu haben.
Aber auch die übrigen Nebenfiguren aus Spitzwegs privatem und beruflichem Umfeld sind sehr liebevoll, lebensnah und vielschichtig mit ihren Stärken und Schwächen gezeichnet – hierunter eine Vielzahl berühmter Persönlichkeiten wie beispielsweise Schleich, von Schwind, von Kobell, Pettenkofer und sogar Heine. Gemeinsam mit ihnen kann der Leser in die damalige bürgerliche Gesellschaft eintauchen und das rege Künstlerleben im damaligen München hautnah miterleben.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch ist sehr ansprechend aufgemacht. Den Schutzumschlag ziert der wunderschöne Abdruck eines für Spitzwegs Malstil typischen Gemäldes mit dem Titel „Der Maler im Garten“, das um 1839 entstanden ist. Insgesamt 51 Kapitel führen durch das Buch, das mit einer kurzen Danksagung schließt. Vermissen lässt sich allerdings ein ausführlicheres Nachwort der Autorin und Angaben über genutzte Literaturquellen, zudem wäre ein Personenregister für einen Überblick über die vielen erwähnten, historischen Persönlichkeiten hilfreich gewesen.


Fazit
Eine sehr gelungene Romanbiographie über Carl Spitzweg - feinfühlig und lebendig portraitiert, hervorragend recherchiert und abwechslungsreich erzählt. Ein sehr lesenswertes Buch für alle, die sich für die anekdotischen Biedermeierbilder des bekannten Malers interessieren und mehr über das wechselvolle Leben dieses außergewöhnlichen Menschen und Künstlers erfahren möchten.


4 5 Sterne


Hinweise
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