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Kategorie: Romane

Sommer 2011. Adolf Hitler erwacht auf einem leeren Grundstück in Berlin-Mitte. Ohne Krieg, ohne Partei, ohne Eva. Im tiefsten Frieden, unter Tausenden von Ausländern und Angela Merkel. 66 Jahre nach seinem vermeintlichen Ende strandet der Gröfaz in der Gegenwart und startet gegen jegliche Wahrscheinlichkeit eine neue Karriere – im Fernsehen. Dieser Hitler ist keine Witzfigur und gerade deshalb erschreckend real. Und das Land, das er trifft, ist es auch: zynisch, hemmungslos erfolgsgeil und auch trotz Jahrzehnten deutscher Demokratie vollkommen chancenlos gegenüber dem Demagogen und der Sucht nach Quoten, Klicks und „Gefällt mir“-Buttons.

 

Er ist wieder da 

Autor: Timur Vermes
Verlag: Eichborn
Erschienen: September 2012
ISBN: 978-3847905172
Seitenzahl: 396 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Eben noch im Führerbunker mitten im besetzten Berlin, jetzt in einer friedlichen  Zukunft … Adolf Hitler ist zurück. Zurück in unserer Zeit, die sich entscheidend von seiner eigentlichen unterscheidet. Zurück in unserer Zeit, die scheinbar noch genauso empfänglich für seine Manipulation ist. Adolf Hitler startet seine Karriere im heutigen Fernsehen und stößt damit erschreckend schnell auf Zustimmung …

Timur Vermes wagt sich in seinem ersten Roman nicht nur an ein schwieriges, sondern auch an ein extrem kontroverses Thema. Erstaunlich glaubwürdig zeichnet er sein an sich absurdes Szenario einer Wiederkehr Hitlers und trotz all dem Lachen bleibt der Leser auch schockiert und erschüttert zurück, denn so fernab der Realität, wie man anfangs glaubt, ist der Roman bei weitem nicht.


Stil und Sprache
„Er ist wieder da“ ist in der ersten Person aus der Perspektive des Hauptcharakters geschrieben. So schockierend dieser Blickwinkel anfangs erst mal wirkt, so notwendig ist er auch für die Wirkung der Geschichte. Hitlers Beurteilung der heutigen Zeit macht einen Großteil der Anziehungskraft des Romans aus. Denn obwohl er unglaublich viele Dinge völlig falsch deutet, hält er dem Leser gerade dadurch den Spiegel vor. Das fängt bei harmlosen Dingen an – z.B. den „merkwürdigen“ Hundebesitzern, die tatsächlich die Haufen ihrer Tiere sammeln, in Hitlers Augen arme Verwirrte – spricht aber auch einige ernstere Themen an – z.B. die absolut klischeehafte Darstellung in vielen Fernsehformaten. Zusätzlich zeigt das Buch natürlich auch recht schnell, wie leicht wir eigentlich zu beeinflussen sind und wie gefährlich Demagogen heute noch sein können. Die neuen Medien scheinen uns sogar noch anfälliger dafür zu machen, statt für mehr Transparenz zu sorgen.

So amüsant das Entdecken der heutigen Welt durch diese Perspektive ist, folgt dann leider eine sehr langatmige Phase, in der nichts wirklich Neues passiert und die Handlung, sofern noch sichtbar vorhanden, eher vor sich hin plätschert. Man ertappt sich beim Querlesen von ganzen Seiten und verdreht die Augen, wenn ein weiterer Monolog über alte Kriegsstrategien, und warum sie im zweiten Weltkrieg nicht funktionierten, kommt. Erst gegen Ende wird es wieder spannendender und auch deutlich erschreckender. Der Schluss des Romans schließlich ist absolut perfekt getroffen und endet genau an der richtigen Stelle.

Der Schreibstil von Timur Vermes liest sich angenehm und bietet die richtige Mischung aus moderner Sprache und altertümlicher, zum Ich-Erzähler passender Wortwahl. Selbst in den langen Monologen schreibt er dabei abwechslungsreich genug, dass man gerne weiter liest. Ein besonderes Highlight und immer für einen Lacher gut, sind die lautmalerischen Wörter, die Hitler für die ihm unbekannten technischen, meist englischen Begriffe findet.


Figuren
Adolf Hitler ist keine einfache Hauptfigur. Auf der einen Seite ist er von Beginn an allein schon durch seine Geschichte und Ansichten absolut unsympathisch. Lang und breit spricht er über seine Taten im Zweiten Weltkrieg, erkennt aber selbstverständlich keine einzige als Verbrechen an, sondern spricht von der Falschheit der Medien und dass die Geschichte immer von den Siegern geschrieben wird. Auf der anderen Seite kann man anfangs beinahe Mitleid bekommen, so überfordert ist er von der modernen Welt und so falsch interpretiert er sie. Das Mitleid legt sich dann aber schnell, sobald er an Fahrt aufnimmt und sich zurück in die deutsche Öffentlichkeit bringt.

Unter den Nebencharakteren finden sich viele fiktive, wie die Leute vom Fernsehstudio, bei dem Hitler schließlich unter kommt. Aber auch einige reale Personen, hauptsächlich Politiker, kommen vor und werden erwähnt. Ein besonderes Highlight ist das Aufeinandertreffen von Hitler mit der NPD Spitze. So wirklich glücklich über seine Erwähnung dürfte dabei kein Politiker sein, aber dem Leser bietet sich dadurch einiges zum Lachen.


Aufmachung des Buches
„Er ist wieder da“ erschien als Hardcover mit Lesebändchen und ist sehr schlicht gehalten. Beinahe das komplette Cover ist weiß, darauf nur schemenhaft angedeutet die typische Frisur von Adolf Hitler. In der Schlichtheit ist es wirklich sehr passend und zugleich hat es einen hohen Widererkennungswert.


Fazit
Timur Vermes‘ Satire schwankt auf fast vierhundert Seiten zwischen wahnsinnig witzig und ziemlich erschreckend. Er hält unserer Zeit den Spiegel vor und ihm gelingt damit trotz einem spannungsarmen Mittelteil ein einmaliges und lesenswertes Buch.


3 5 Sterne


Hinweise
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