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Kategorie: Klassiker

Der Mann mit dem schlohweißen Haar wird Bruno Brazil genannt und ist Agent des US-amerikanischen Geheimdienstes. Seine ersten Fälle löst er noch auf sich alleine gestellt, ganz so wie sein Kollege James Bond. Aber das internationale Geheimdienstpflaster wird unübersichtlicher und brutaler, und Bruno Brazil versichert sich der Hilfe eines kompetenten Teams von Abenteurern, „Kommando Kaiman“ genannt und mit Gaucho Morales, Whip Rafale, Texas Bronco, Billy Brazil, „Big Boy“ Lafayette und später als Verstärkung Tony Nomade perfekt besetzt. Zwischen 1967 und Ende der 1970er Jahre von Szenarist Greg - unter dem Pseudonym Louis Albert - und seinem Zeichner William Vance spektakulär in Szene gesetzt, präsentierten sich die rasanten Abenteuer in einer außergewöhnlich realistischen Qualität und neuartiger Dynamik. In drei Gesamtausgaben werden diese Geschichten zum ersten Mal vollständig nachgedruckt und bieten die Möglichkeit, einen der ganz großen Klassiker des europäischen Abenteuercomic neu zu entdecken.

 

Bruno Brazil 1 

Originaltitel: Intégrale Bruno Brazil 1
Autor: William Vance
Übersetzer: Klaus Strzyz, Michael Nagula, Isabel Winkowski, Volker Hamann
Illustration: Greg
Verlag: Ehapa Comic Collections
Erschienen: Oktober 2013
ISBN: 978-3-7704-3712-2
Seitenzahl: 216 Seiten
Altersgruppe: ab 10 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)


Die Grundidee der Handlung
Die Bruno Brazil Gesamtausgabe 1 enthält folgende Geschichten:

Der Hai, der zweimal starb
Bei einer Identitätsüberprüfung eines Verkehrsunfallopfers stellt man fest, das es sich bei dem Verletzten um eine ausgesprochen prominente Person handelt - und zwar um den Naziverbrecher Kurt Schellenburg, den man auch den Wolf von Nürnberg nennt. Angeblich soll er über den Verbleib eines gewaltigen Nazi-Goldschatzes Bescheid wissen. Aus diesem Grund schaltet der Geheimdienst sofort Bruno Brazil ein, um Schellenburg, der aus dem Krankenhaus entkommen konnte, zu folgen und so dem Schatz auf die Spur zu kommen. Da aber die Presse Wind von dem Unfall bekommen hat, gelangt die Information über Schellenburgs Auftauchen in die Zeitung, was die Geheimdienste unzähliger Länder auf den Plan ruft. Der Wettlauf um das Gold beginnt …

Kommando Kaiman
Bruno Brazil sitzt mit Freunden vor dem Fernseher. Plötzlich erscheint während der regulären Sendung der Kopf eines Kaimans auf dem Bildschirm. Was bei den meisten Menschen nur ein irritiertes Achselzucken hervorruft, lässt bei den Geheimdiensten die Alarmglocken schrillen. Offenbar gelingt es einer fremden Macht, die Kontrolle über einen Satelliten zu übernehmen und somit besitzt er die Möglichkeit, die Medien nach belieben zu manipulieren und mittels unterschwelliger Botschaften das gesamte Volk zu hilflosen Marionetten zu machen. Die einzige Spur führt in den Regenwald von Südamerika. Man bittet Bruno Brazil, alles zu unternehmen, um die alleinige Kontrolle über die Medien zurück zu erlangen. Bruno stellt die Forderung, das er sich ein Team aus beliebigen Leuten zusammenstellen darf, um eine schlagkräftige kleine Truppe um sich zu scharen. Er nennt sie Kommando Kaiman, und sie besteht aus Outlaws und Gesetzlosen, die nicht nach den Werten der Gesellschaft streben. Doch Bruno kennt sie und weiß um ihre Fähigkeiten, weshalb er ihnen bedingungslos vertraut. Der Regierung bleibt nichts anderes übrig, als seinen Wünschen nachzugeben. Das Kommando Kaiman ist geboren.

Die teuflischen Augen
Texas Bronco, ein Mitglied des Kommandos Kaiman, überfällt aus heiterem Himmel und ohne jedes Motiv eine Bank. Da er seine Hausbank überfallen hat und der Bankier ihn bestens kennt, geht das Ereignis sofort durch sämtliche Medien. Gaucho Morales, Bruno Brazil, sein Bruder Billy und Big Boy Lafayette wittern sofort, dass da etwas faul sein muss. Bruno macht sich auf den Weg, um Bronco im Gefängnis zu besuchen. Während er mit ihm spricht, verliert Bronco erneut die Kontrolle über sich selbst. Er handelt wie ein ferngesteuerter Roboter und versucht Bruno zu töten. In der Zwischenzeit wird Whip Rafale bei einem absichtlich herbei geführten Unfall entführt und einige Stunden später scheint auch sie unter der Kontrolle eines fremden Willens zu handeln. Irgendjemand scheint es auf die Mitglieder des Kommando Kaiman abgesehen zu haben.

Die versteinerte Stadt
Bruno Brazil und seine Freunde, die Mitglieder des Kommando Kaiman, sind auf einem Angelausflug. Im Anschluss daran suchen sie einen abgelegen Bunker auf, den sie im Namen der Regierung auf seine Sicherheit überprüfen sollen. Während der Überprüfung kommt es zu einem seltsamen Ereignis. Plötzlich sinken Bruno und seine Freunde benommen auf den Boden. Irgend etwas droht ihnen den Verstand zu rauben und beinahe fallen sie in eine tiefe Ohnmacht. Doch mit einem Trick gelingt es ihnen, den Angriff zu überstehen. Ausserhalb des Bunkers bietet sich ihnen ein grauenhafter Anblick. Die gesamte Besatzung des Bunkers wirkt wie tot … Was ist hier nur geschehen? Bruno Brazil, der die Symptome, die bei den Opfern auftreten, schon einmal gesehen hat, vermutet einen Angriff mittel Ultraschall. Jedoch taucht niemand in der Nähe des Bunkers auf, was also ist das Ziel der Verbrecher? Schon bald vermuten sie, das es die Verbrecher auf die Plünderung der nahegelegenen Stadt abgesehen haben. Sie machen sich auf den Weg, um den Gaunern einen Strich durch die Rechnung zu machen.

Mit „Bruno Brazil“ hat sich Ehapa Comic Collections einen weiteren Klassiker der franko-belgischen Comicszene ins Programm geholt. Erneut entstand dabei eine sehr hochwertige Gesamtausgabe, deren Ausstattung und Umfang keine Wünsche offen lassen. Lediglich die Verarbeitung des Comics weist kleine Mängel auf, doch darüber kann man getrost hinweg blicken, denn mit Bruno Brazil wird eine echte Perle der Comickunst neu aufgelegt.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Bei Bruno Brazil ist der akribisch, detailreiche Zeichenstil von William Vance ein wichtiger Aspekt des Comics. Der durchweg sehr „realistische“ Stil wirkt glaubwürdig und passt ganz ausgezeichnet zu einer klassischen Agentengeschichte. Vance Tuschearbeit zeichnet sich durch eine sehr feine, akribische exakt gesetzte Strichführung aus, mit deren Hilfe er die Personen sowie deren Umgebung gekonnt zu Papier bringt.

Obwohl es sich bei Bruno Brazil um einen franko-belgischen Comic handelt, spielen die Geschichten überwiegend in den USA. Das liegt daran, das William Vance ein großer Fan US-amerikanischer Comics war. Inspiriert wurde er im Übrigen durch die ersten James Bond Verfilmungen, mit Sean Connery in der Hauptrolle. Dies merkt man der Geschichte auch in weiten Teilen an. Allerdings entspricht Bruno Brazil in seinem Verhalten eher dem Bond, den wir aus den neuesten Verfilmungen kennen, wenngleich er nicht so brutal handelt. Desweiteren agiert er mit einem Team, was absolut untypisch für einen Agenten ist.

Sämtliche Figuren bei Bruno Brazil verfügen über einen sehr hohen Wiedererkennungswert. Insbesondere die Hauptfiguren haben ausgeprägte Charaktermerkmale, mit deren Hilfe man sie stets sofort identifizieren kann. Die Kolorierung wurde mit dezenten, gedeckten Farben ausgeführt. Poppig wirkende Farbtöne, wie sie bei Luc Orient verwendet werden, findet man bei Bruno Brazil nicht.

Der Seitenaufbau war damals noch ganz klassisch. Die Panels sind allermeist in drei bis vier Zeilen untergliedert. Halbseitige Bilder gibt es eher selten und Darstellungen, die eine ganze Seite einnehmen, gibt es überhaupt nicht.


Aufmachung des Comics
Die Gesamtausgabe von Bruno Brazil ist wieder einmal ein wahres Schmuckstück aus dem Hause Ehapa Comic Collections. Die Ausstattung ist hervorragend. Solide Bindung, dicke, überdurchschnittlich haltbare Buchdeckel, totmattes Papier, bedruckt mit einer leicht glänzenden, sehr brillant wirkenden Farbe, und als dickes Sahnehäubchen gibt es jede Menge Bonusseiten mit reichliche redaktionellen Informationen.


Fazit
Wer auf Agentengeschichten steht, kann nahezu unbesehen zugreifen. Eine uneingeschränkt empfehlenswerte Gesamtausgabe.


4 5 Sterne


Hinweise
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