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Landshut im Advent 1541. Anna Lucretia, die uneheliche Tochter Herzog Ludwigs X., fiebert ihrer Heirat entgegen. Doch Unheimliches geschieht auf Burg Trausnitz: Ihr Verlobter entgeht knapp dem Tod, ein Bote stirbt auf mysteriöse Weise. Ihr Vater erkrankt an Diabetes, dem süßen Fluss, was einen Krieg der deutschen und italienischen Köche um die bessere Heilkost auslöst. Doch der Herzog weist bald Vergiftungserscheinungen auf. Wer steckt hinter den rätselhaften Ereignissen?

 

Suesses Gift und bittere Orangen 

Autor: Eve Rudschies
Verlag: Gmeiner
Erschienen: 04.03.2013
ISBN: 978-3839213544
Seitenzahl: 374 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Während seiner Regierungszeit machte Herzog Ludwig X. von Bayern, der kunstsinnige, auch leiblichen Genüssen sehr zugetane Herrscher, seine Residenzstadt Landshut zum ersten Zentrum der Renaissance-Kultur nördlich der Alpen. Dorthin entführt uns Eve Rudschies in ihrem historischen Kriminalroman zur Adventszeit des Jahres 1541.
Die bevorstehende Verlobung seiner 18jährigen, unehelichen Tochter Anna Lucretia von Leonsperg mit dem 17 Jahre älteren Gelehrten Doktor Johann Albrecht von Widmannstetter wird durch beunruhigende Vorfälle getrübt. Schließlich bricht Herzog Ludwig auf der Verlobungsfeier während des üppigen Festmahls bewusstlos zusammen. Auf Anraten Widmannstetters wird eine radikale Umstellung der Ernährung nach dem Vorbild der Paracelsusdiät beschlossen. Doch bald treten beim zuckerkranken Herzog Vergiftungserscheinungen auf, was einen Gelehrtenstreit um die richtige Heilkost entfacht und bei den Köchen einen Wettstreit um die richtige Auswahl und Zubereitung der geeigneten Speisen auslöst. 
Sabina, Anna und Widmannstetter bemühen sich, rasch Licht in die beunruhigenden Geschehnisse zubringen, da sie befürchten, dass das Leben des zuckerkranken Herzogs bedroht wird. So rückt ausgerechnet die Hofküche in ihren Fokus, denn ein Komplott liegt nahe.

Ihren clever konstruierten Kriminalroman rund um Intrigen, Machtgier und Eifersucht am herzoglichen Hof Ludwig X. lässt Eve Rudschies vor dem Hintergrund Landshuts und bekannter historischer Persönlichkeiten spielen. Sehr geschickt verknüpft sie gut recherchierte historische Informationen über die politischen Verhältnisse jener Zeit mit historischen Gepflogenheiten am Hofe und garniert sie mit interessanten, kulinarischen Details.


Stil und Sprache
Durch den mitreißenden Erzählstil, den ereignisreichen, rätselhaften Beginn ihres Romans und den stetigen Wechsel verschiedener Handlungsstränge gelingt es der Autorin, rasch Spannung aufzubauen und diese auch aufrecht zu erhalten. Geschickt hat sie die verschiedenen Elemente des vielschichtigen Kriminalfalls miteinander verwoben und lässt durch versteckte Andeutungen Hinterlist, Neid und Intrigen hinter den verhängnisvollen Vorfällen erahnen, ohne jemals zu viel zu enthüllen. Neben überraschenden Wendungen gibt es viel Gelegenheit über vermeintlich verdächtige Figuren und Drahtzieher zu rätseln, bis schließlich die wahren Hintergründe für die verwickelten Geschehnisse aufgedeckt werden.

Eve Rudschies versteht es hervorragend, den Leser ins noch mittelalterlich geprägte Landshut des 16. Jahrhunderts eintauchen zu lassen. Historische Personen und die zahlreichen Schauplätze wie beispielsweise Burg Trausnitz und die Landshuter Residenz sind beeindruckend lebendig und mit viel Liebe zum Detail nachgezeichnet, so dass man sich problemlos in jene Zeit zurückversetzt fühlt. Man merkt, dass die Autorin sehr gründlich recherchiert hat und sich eingehend auch mit den damaligen Sitten und Gebräuchen beschäftigt hat. Ihre große Leidenschaft fürs Kochen spürt man vor allem bei den faszinierenden Schilderungen der vielen Speisen, ihren aufschlussreichen Erläuterungen zu den damaligen Ernährungstheorien und natürlich der Beschreibung eines zentralen Schauplatzes des kulinarischen Krimis: der herzoglichen Hofküche, in der deutsche und italienische Köche wegen des erkrankten Herzogs einen erbitterter Wettstreit austragen.

Der Schreibstil ist angenehm und flüssig zu lesen, und die Sprache scheint der damaligen Zeit angemessen angepasst zu sein. Obwohl ein Glossar zu weniger geläufigen Begriffen fehlt, erschließt sich deren Bedeutung in der Regel im textlichen Zusammenhang.


Figuren
In diesem Roman gibt es eine Vielzahl von handelnden Charakteren, die die Autorin je nach Bedeutsamkeit für die Handlung mitunter sehr vielschichtig und lebendig gezeichnet hat. Sehr gelungen hat sie die historisch verbürgten Figuren am Hof Herzog Ludwigs X. portraitiert: seine strenge Schwester Sabina, die den Hofstaat des unverheirateten Herzogs leitet, die herzogliche Maitresse Ursula von Weichs, die seit 15 Jahren verzweifelt darauf wartet, von ihm geheiratet zu werden, seine uneheliche Tochter Anna Lucretia und ihr Verlobter Johann Albrecht von Widmannstetter, ein Gelehrter und Berater des Herzogs, der für den Prunkbau der Residenz zuständig ist, sowie sein treu ergebener Hofrat Weißenfelder. Außerdem gibt es auch zahlreiche bedeutsame Nebenfiguren, wie beispielsweise den einflussreichen Hofrat Doktor Leonhard von Eck aus München, der als Abgesandter seines Herrn Herzog Wilhelm, dem Bruder Ludwigs, am Landshuter Hof weilt, und natürlich das herzogliche Küchenpersonal, denen ebenso viel Aufmerksamkeit gewidmet wurde.

Die junge Protagonistin Anna Lucretia wird als eine bemerkenswerte Persönlichkeit geschildert, die für die damalige Zeit außergewöhnlich gebildet war. Sehr einfühlsam wird sie gezeichnet, wodurch auch ihr bisweilen etwas stures und unüberlegtes Verhalten nachvollziehbar und glaubwürdig erscheint. Weitere tragende Rollen bei der Aufklärung der mysteriösen Geschehnisse spielen Sabina, die etwas undurchsichtige, kühle Schwester des Herzogs, und Anna Lucretias Verlobter, der sich wegen seiner umstrittenen, für den Herzog verordneten Diät viele Gegner am Hof geschaffen hat.


Aufmachung des Buches
Das ansprechende Covermotiv des Taschenbuchs zeigt einen Ausschnitt aus dem Gemälde „Stillleben mit Früchten, Nüssen und Meise“ von J.S. Beck und passt stilistisch zu diesem kulinarischen Krimi. Sehr originell ist der äußerst ausführliche Rezeptteil im Anhang, der einige der im Roman erwähnten Speisen und Getränke im historischen Kontext genauer erklärt und ihre Zubereitung zum Nachkochen erläutert. In der anschließenden Bibliographie finden sich weitergehende Literaturhinweise zu Kochrezepten und der Kochkunst der damaligen Zeit.

Hilfreich wäre noch ein Personenregister zum Überblick der handelnden Figuren und zur besseren Orientierung ein Ausschnitt eines historischen Stadtplans von Landshut mit den wichtigsten Schauplätzen gewesen.


Fazit
Ein unterhaltsamer, kulinarisch-historischer Kriminalroman, der vor allem durch sein sehr gut geschildertes, historisches Flair und seine originelle Rahmenhandlung besticht. Empfehlenswert vor allem für Leser, die sich für eine Zeitreise ins Landshut des 16. Jahrhunderts interessieren und sich von den kulinarischen Genüssen und der vielfältigen Kochkunst jener Zeit verführen lassen möchten.


4 Sterne


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