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Houston, Texas, 1968.

Zwei Familien – die eine schwarz, die andere weiß – finden zusammen inmitten eines Konflikts, der sie auseinanderzureißen droht.

 

Das Schweigen unserer Freunde  Originaltitel: The silence of our friends
Autoren: Mark Long, Jim Demonakos
Übersetzer: nicht angegeben
Illustration: Nate Powell
Verlag: Egmont Graphic Novel
Erschienen: Oktober 2013
ISBN: 978-3-7704-3729-0
Seitenzahl: 216 Seiten
Altersgruppe: ab 12 Jahre (Empfehlung des Rezensenten)


Die Grundidee der Handlung
Zwei Familien – die eine von dunkler, die andere von heller Hautfarbe – freunden sich in einer Zeit großer Umbrüche an. Doch was ein erster Schritt für mehr Verständnis sein könnte, ruft von außen nur Anfeindungen hervor, und selbst der Chef des Reporters Jack wehrt sich, die Wahrheit über die Aktivisten der Bürgerrechtsbewegung im Texas der Spätsechziger in den Nachrichten auszustrahlen. So ist die Freundschaft harten Belastungsproben ausgesetzt.

In einer der ersten Publikationen des neu geschaffenen Labels „Egmont Graphic Novel“ erzählt Mark Long seine Kindheitsgeschichte, die seines Vaters und Nachrichtensprechers John Long und der intensiven Freundschaft zur Familie von Larry Thomas. Zwar nimmt er sich als Autor einige kleinere Freiheiten, so ändert er die Namen der Charaktere in seiner Szenerie geringfügig ab, hält sich im Wesentlichen aber an die Fakten und setzt so einem wichtigen Bestandteil amerikanischer Geschichte ein Denkmal. Absolut beeindruckend!


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Das Schweigen unserer Freunde führt zurück nach Texas im Jahre 1968. Die vollständig monochrom gezeichnete Graphic Novel erzählt zu Beginn die Geschichte einer weißen Familie, des jungen Mark und seiner Geschwister, in leisen Tönen. Geht Mark zum Spielen nach draußen, haben Themen wie Vietnam oder die „Rassenunruhen“ einen starken Einfluss auf ihn. Dabei fließen die Handlungen über zu anderen Schauplätzen und parallel verlaufenden Ereignissen und nehmen den Leser immer stärker mit in die Bürgerrechtsbewegung der afroamerikanischen Bevölkerung.

Im Verlauf der Geschichte werden die zunächst stillen Töne dann lauter, als der Reporter Jack, zuständig für Rassenthemen beim Sender KRRC, zwischen die Fronten der aufgeheizten Gemüter und die einseitigen Gerichtsverfahren gerät. Nate Powell setzt in seinen Zeichnungen die Gewalt, aber auch den friedlichen Protest, Hass und Freundschaft, Leid und Schmerz, sowie die Hoffnung dieser Epoche sehr bewegend um. Dabei kommen etliche Seiten ganz ohne Text aus und vermögen die Gefühle, die Stimmung allein durch seine Illustrationen auszudrücken. Entsprechend brutal, aber zugleich ungemein authentisch stellt Nate Powell die Übergriffe der Polizei und des Militärs gegen friedliche Demonstranten dar. Die Wucht der ausgeteilten Schläge wird mit Soundwords umso intensiver verdeutlicht. Da Jack mitfilmt, werden einige der Bilder in der Form alter Fernsehröhren in die Geschehnisse eingefügt. Noch eindringlicher werden die Szenen, als der Zusammenstoß eskaliert und reihenweise Schüsse fallen. Auch Jack und Larry werden Opfer der Polizeibrutalität – ihr Schicksal und das etlicher anderer Studenten schildert der Zeichner in bewegenden Bildern.

Nate Powell hat einen beeindruckenden Zeichenstil – mit erstaunlicher Genauigkeit fängt er die Stimmung ein, die Texas und insbesondere Houston Ende der 60er Jahre bestimmt hat. Dabei hat sein Stil etwas enorm Realistisches, seine Ausarbeitungen entfalten sowohl grafische wie emotionale Tiefe. Sehr treffend und ebenso überzeugend wie individuell sind ihm die Figuren gelungen. Im Zentrum stehen sowohl Larry Thompsons Familie, als auch die von Jack, deren Familienname im Laufe der Graphic Novel nicht zu finden ist. Sie sind sehr gut charakterisiert und realitätsnah ausgearbeitet. Menschenmassen – ob nun im Gerichtssaal oder beim Trauerzug um Martin Luther King – werden nur grob umrissen als wogende Menge gezeigt, deren Einzelheiten sich in der Entfernung noch weiter verliert, aber zugleich die Größe dieser Gruppen wiedergibt.

Die Abfolge der Bilder variiert stark – mal folgen sie klassisch durch Stege getrennt einem starren Ablauf, in anderen Szenen sind sie sehr flexibel ausgeführt, überlagern sich, fließen ineinander oder haben ausgefranste, wie gekämmt wirkende Bildränder. Es ist aber jederzeit – auch für Comic-Eisnteiger – die Reihenfolge klar zu erkennen. Sprechblasen durchbrechen die Begrenzungen der Illustrationen schon mal, und Songtexte fließen durch die Bilder wie Wasser, was ihnen eine sehr melodische Form verleiht. Je nach Stimmung bzw. Tageszeit wechseln die Bildumrandungen zwischen Schwarz und Weiß.


Aufmachung des Comics
Das als Softcover in einem handlichen, mittelgroßen Format aufgelegte Buch ist – wie man es aus dem Hause Egmont auch nicht anders kennt – hervorragend verarbeitet. Dem festeren Karton des Umschlags und dem griffigen Papier im Inneren sieht man nach dem ersten Lesen keine Spuren an, auch die Verleimung mit Fadenheftung ist tadellos ausgeführt. Eine Szene aus der Geschichte bildet das Cover. Der Titel ist ein Ausschnitt aus einem berühmten Zitat von Martin Luther King, der – stellvertretend für die Bürgerrechtsbewegung – nicht hätte treffender gewählt werden können.

Den Abschluss bildet ein Glossar, der wichtige Bezeichnungen erklärt und als Kurzporträts bedeutende Personen dieser Zeit vorstellt. Zudem erzählt Mark Long seine Geschichte und die seines Vaters, und ein Interview mit Nate Powell beschließt das Buch.


Fazit
Eine bewegende Graphic Novel über ein entscheidendes Kapitel amerikanischer Geschichte, die auch 45 Jahren nach der Bürgerrechtsbewegung immer noch nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat, aber zugleich Brücken des Verständnisses baut.


5 Sterne


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