Reflexe auf Maximum. Gehirn auf Reserve.
Gero von Sarnaus Leben ist am Durchhängen, als Thang, ein modebewusster Vietnamese, mit seinem Mops Karlchen vor seiner Tür sitzt und ihn um Hilfe bittet. Thangs Schwester Lan ist verschwunden, die Spur führt ins Rotlicht- und Rockermilieu. Wer könnte dort besser nach ihr suchen als ein großer, schlagkräftiger Kerl wie Gero von Sarnau? Das denkt jedenfalls Lans Familie, die nichts von seinem dunklen Geheimnis weiß. Widerwillig nimmt Gero den Auftrag an - denn er ist mal wieder pleite. Als er befürchten muss, dass auch sein bester Freund Pierre in die dunklen Machenschaften verwickelt ist, wird sein Jagdtrieb entgültig geweckt. Der nahestehende Vollmond verheißt nichts Gutes ...
Autor: Rainer Stenzenberger |
Die Grundidee der Handlung
Der Klappentext gibt kurz und bündig die grundlegende Idee des Buches wieder. Nach dem Tod von Matte (im ersten Band) ist Gero umgezogen und chronisch pleite. Da kommt ihm das Angebot des Vietnamesen Thang, der ihn sozusagen als eine Art privaten Ermittler einsetzen will, ganz recht, denn er kann jeden Schein gebrauchen. Die Suche nach Lan führt Gero nicht nur ins Rotlichtmilieu, sondern auch tief in dunkle Machenschaften Berlins hinein, bei denen u. a. die russische Maffia eine Rolle spielt. Wird alles gut ausgehen? Gero is back, samt seiner wölfischen Spürnase, und bereit für neue Abenteuer!
Stil und Sprache
Das Buch punktet – wie schon sein Vorgänger – vor allem in stilistischer Hinsicht. Beim Wechsel der Perspektive Geros von seinem menschlichen zum Wolf-Ich ändert sich auch die Schreibweise. Nur noch Satzfragmente, die die animalischen Instinkte des Lupus unterstreichen sollen, in Kursivschrift, unterbrechen die sonst flüssige Sprache: „Lupus dreht sich. Nase in Luft. Von dort. Hetze hin. Fliege. Springe. Über Stöcke. Knackt alles." (Seite 9). Man kann also sozusagen von einer doppelten Ich-Perspektive sprechen.
Die Kapitel sind, wie gewohnt, in der Art „Tag 1. Dienstag 10.00 Uhr" gekennzeichnet und mal kürzer, mal länger gehalten. Als Ausgangspunkt dient die Szene, in der sich Gero in dem vietnamesischen Restaurant unter seiner Wohnung gegenüber zweier aggressiver Gäste für die Besitzer des Restaurants einsetzt – die Eltern der verschwundenen Lan. Die Suche, die eine Art roter Faden für den Roman ist, ist dabei der Haupthandlungsstrang. Außerdem gibt es kleine Nebengeschichten, wie z.B. die vom „General", einem Obdachlosen. Spannung kommt langsam aber behutsam auf, je weiter sich Gero in die Suche vertieft und je mehr er die dunklen Machenschaften aufzudecken droht.
Ein weiteres sprachliches „Schmankerl" ist – auch wenn es teilweise daran grenzt, dem Leser den letzten Nerv zu rauben – die Sprechweise des Vietnamesen Thang, ein Denglisch, wie es seinesgleichen sucht. „Meine Eltern haben dich beschrieben. Ein großer starker Kerl! Marvelous! Aber ungepflegt. Leider. Also? You're the guy?" (Seite 32).
Figuren
Im Zentrum des Buches steht Werwolf Gero. Auch wenn er sich nach außen hin als harter Kerl gibt, so hat er doch auch eine weiche Seite. Er trauert um seinen Kumpel Matte, zieht um, weil er die Wohnung, in der er gestorben ist, nicht mehr ertragen kann. Und bei einer Räuberei lässt er sich dazu erweichen, dem Bestohlenen die Perlen zu lassen, da sie als Erbstück eine besondere Bedeutung haben. Da Gero mal wieder chronisch pleite ist, greift er nach jedem „Strohhalm", wie dem Auftrag von Thang. Wir treffen auch Pierre, genannt „der Dude", wieder. Er hat mit der attrakiven Russin Tatjana angebändelt. Doch Gero kommt sie nicht ganz geheuer vor. Will er sich mit seinem besten Freund anlegen und nachbohren, ob diese Tatjana etwas mit Lans Verschwinden zu tun hat? Oder hält er sich brav aus dessen Liebesleben heraus? Auch der Vietnamese Thang, immer gefolgt von seinem Mops Karl (benannt nach Karl Lagerfeld), spielt natürlich eine wichtige Rolle. Er entspricht dem Klischee eines modebewussten und offenbar schwulen Kerls schon fast so sehr, dass es wehtut. Aber gerade das macht ihn auch zu einem unvergesslichen – wenngleich oft genug nervigen – Charakter des Buches.
Neben den zentralen Figuren gibt es natürlich auch zahlreiche Nebenfiguren, die mal mehr, mal weniger zum Geschehen und damit zum Fortgang der Geschichte beitragen.
Aufmachung des Buches
Das große Taschenbuch mit betont dunklem Cover liegt gut in der Hand und wirkt stabil. Man erkennt vage im Hintergrund den Berliner Fernsehturm. Der Titel „Berlin Werwolf" ist in einem satten Grünton abgehoben. Eine Werwolfklaue scheint auch beim zweiten Band ein Stück vom Cover abgerissen zu haben, so dass ein wenig Text zum Vorschein kommt. Auf der Rückseite ist eine Art Brücke zu erkennen, ich vermute einen Teil des Hochbahnviadukts nahe der Skalitzer Straße, wo sich Geros neue Wohnung befindet. Die Aufmachung ist erneut sehr dunkel und gelungen, auch wenn ich mir im Vergleich zum ersten Band mehr Abwechslung gewünscht hätte.
Fazit
Eltern, passt auf eure Kinder auf, Gero ist zurück! In gewohnter Manier und fast immer dem richtigen Riecher „ermittelt" er wieder im Herzen von Berlin. Die Fortsetzung hat mir gut gefallen, auch wenn sie mit dem ersten Band nicht ganz mithalten konnte. Wer keine Kuschelwerwölfe mag und lieber auf Action und echte, authentische Kerle steht, sollte hier zugreifen!
Hinweise
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Backlist:
Band 1: Berlin Werwolf - Blutsbrüder