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KEINER HAT DEN SCHUSS GEHÖRT.

Tief im Bayerischen Wald, hoch oben im Wipfel einer Fichte, verwittert seit dreißig Jahren ein Skelett. Gefunden wird es ausgerechnet, als Kommissar Konrad Wolf aus München seinen Urlaub dort verbringt – bei Ayla, seiner Freundin. Warum hat sich der Grenzschützer Hans damals in einer Baumkrone erschossen? Der alte Fall nimmt eine unschöne Wendung, als unweit des Skeletts ein zweiter blank geschabter Knochen entdeckt wird. Dieser ist jüngeren Datums und gehört zu einem vermissten Kommunalpolitiker. Kann es einen Zusammenhang geben? Durch die düsteren Waldwogen streicht ein eiskalter Wind. 

 

Der Grenzer 

Autor: Josef Kelnberger
Verlag: Kindler
Erschienen: 09/2013
ISBN: 978-3463406145
Seitenzahl: 368 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Kommissar Wolf hat Urlaub und will diesen nutzen, sich zusammen mit seiner Freundin Ayla über die gemeinsame Zukunft klar zu werden. Kaum angekommen erschüttert ein Skandal den kleinen Ort. Kinder finden ein Skelett im Wald, festgebunden in einer Fichte. Schnell ist klar, das kann nur Hans ein, ein Grenzbeamter, der vor dreißig Jahren spurlos verschwand. Aber warum er sich damals erschossen hat, weiß niemand. Bei einer Wanderung findet dann ausgerechnet der Kommissar noch einen Knochen und schon ist er mitten drin in Ermittlungen, die er gar nicht führen will … und im Focus der zuständigen Beamten …

Wie der kundige Krimileser sofort ahnt, gibt es natürlich einen Zusammenhang zwischen den aktuellen Geschehnissen und dem Selbstmord des Grenzers Hans. Wie genau sich dieser aber im Laufe der Handlung entwickelt, das ist schon sehr gut gemacht und gibt neben den Ermittlungen auch einen spannenden Einblick in die Grenzregion des Bayerischen Waldes. 


Stil und Sprache
Nach einem kurzen Prolog steigt Josef Kelnberger direkt in die Handlung ein, hat es dabei aber nicht so eilig, dass er nicht vorher noch schnell die Faszination schildern kann, die Ayla auf Kommissar Wolf ausübt: „Das Klacken ihrer Absätze und der Schwung ihrer Hüfte schienen diese verlassene Stadt, den ganzen  Bayerischen Wald in Schwingungen zu versetzen, und bestimmt fielen auf den bewaldeten Buckeln rings um die Stadt Zwiesel vor Schreck ein paar dieser todkranken Fichten um, denen der Borkenkäfer die Eingeweide herausgefressen hatte.“ (S.11) Dieser Satz zeigt eindrücklich den Schreibstil des Autors, der sich auf dem schmalen Grat zwischen feinem Humor und purem Slapstick bewegt. Denn eigentlich soll das hier ja ein Krimi sein - und im Wesentlichen ist es das auch, aber eben immer wieder angereichert mit feiner Ironie und leisem Humor. Das ist überwiegend auch angenehm zu lesen, dabei wohltuend dialektfrei, lediglich an manchen Stellen hemmt die Erzählfreude Josef Kelnbergers etwas den Handlungsfluss und bremst so die akribisch aufgebaute Spannung immer wieder aus. Das gleichen jedoch die zahlreichen Wendungen des Falles zum Glück immer wieder aus, so dass trotz der (fast) alleinigen Erzählperspektive des Kommissars keine Langeweile aufkommt. Unterbrochen wird diese nur von gelegentlichen Passagen in kursiver Schrift, die einen Teil der alten Geschichte nach und nach aufrollen.

Ein spannendes Finale rundet die immer wieder mit Überraschungen aufwartende Geschichte ab, wohltuend auch hier die realistische Auflösung mit nur teilweise gutem Ende für die Beteiligten. 


Figuren
Dass es sich hier eigentlich um den zweiten Teil einer Serie handelt, bemerkt man als „Erstleser“ kaum, es gibt zwar einige Verweise auf vorherige Handlungen, diese stören aber nicht und man kommt den Protagonisten auch so sehr nahe. Zumindest der Kommissar öffnet sich dem Leser sehr schnell, was sicher auch durch die Erzählperspektive begünstigt wird. Er ist ein – außerhalb seines Polizeialltags - oft unsicherer Mensch und kann nach wie vor überhaupt nicht fassen, womit er die Beziehung zu Ayla verdient hat. Sie ist jung und schön, dabei eine starke Frau und in vieler Hinsicht das genaue Gegenteil von Konrad Wolf. Der macht auch gern mal Fehler, stellt sich ungeschickt an und bekommt viel weniger von seiner Umgebung mit als gut für ihn ist. Ohne Aylas klaren Verstand und ihren Sinn für die Notwendigkeiten des Lebens wäre er mehr als einmal aufgeschmissen. Dennoch ist er kein Trottel und von Grund auf sympathisch, kennt sich doch jeder irgendwann im Verlauf der Handlung mindestens einmal in ihm wieder.

Aylas Rolle in der Geschichte wandelt sich von der Randfigur – zu Beginn – hin zur aktiven Beteiligten und wertet die ganze Story enorm auf. Eine Türkin in einer bayerischen Kleinstadt ist zumindest ungewöhnlich und so fällt sie natürlich überall auf. Ihre Gefühle bleiben jedoch immer etwas diffus, sie spricht nicht gern darüber und so kann neben Konrad Wolf auch der Leser oft nur raten, was sie gerade bewegt.

Die übrigen Beteiligten haben eine ihrer jeweiligen Rolle entsprechende Darstellung bekommen und fügen sich gut in die Geschichte ein.


Aufmachung des Buches
Das etwas größer als üblich geratene Taschenbuch ist in Klappbroschur aufgemacht und zeigt auf dem Cover eine in dunklen Sepiatönen gehaltene, neblige Waldlandschaft. Auf einer kleinen Lichtung zeigt sich ein Wolf und blickt den Betrachter an. Dieses Motiv gibt die Stimmung des Buches sehr gut wieder, ein Eyecatcher ist es allerdings nicht. Innen gibt es zwischen Prolog und Epilog 13 recht lange Kapitel.


Fazit
Ein interessanter Fall, ein sympathischer Kommissar mit Ecken und Kanten und ein spannendes Setting im deutsch-tschechischen Grenzgebiet: Zutaten für ein angenehmes Lesevergnügen ohne allzu viel Blutvergießen, aber mit feinen Nuancen und Stoff zum Nachdenken.


4 5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Bullen und Schweine

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