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Sich unsichtbar machen ist sein tägliches Geschäft. Beweise und Spuren verschwinden zu lassen, damit kennt er sich aus. Diesmal geht es um einen misslungenen Überfall auf ein Kasino. Er soll aufräumen, die Spuren beseitigen. Eine Million Dollar in bar stehen auf dem Spiel – 48 Stunden hat er Zeit. Und da draußen gibt es jemanden, der es auf seinen Kopf abgesehen hat. Aber auch der wird ihn zuerst einmal finden müssen. Sie nennen ihn schließlich nicht umsonst „Ghostman"

 

Ghostman 

Originaltitel: Ghostman
Autor: Roger Hobbs
Übersetzer: Rainer Schmidt
Verlag: Goldmann
Erschienen: Juli 2013
ISBN: 978-3-442-31337-2
Seitenzahl: 384 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Ein Überfall auf den Geldtransporter eines Casinos endet in einer Katastrophe: Bei der Schießerei wird ein Räuber getötet und der zweite ist mit der Beute wie vom Erdboden verschluckt. Vor Jahren ging ein Deal vom gleichen Drahtzieher wegen eines Fehlers des Ghostman schief. Daher ist Jack gegen alle seine Prinzipien bereit, die Eisen aus dem Feuer zu holen, sprich den Vermissten samt Beute aufzuspüren. Er hat nur noch 48 Stunden Zeit, bevor die Farbpatronen in den Geldpaketen platzen. Doch Jack ist nicht der einzige, der sich auf die Suche macht ...

Die Ausgangslage ist sehr spannend und verspricht einen rasanten Thriller. Leider ist die Umsetzung nicht dementsprechend gelungen. Zu viele Einzelheiten und der langatmige Erzählstil nehmen einen großen Teil der Spannung heraus. Schade. 


Stil und Sprache
Jack Delton ist ein Ghostman. Er ist für die Flucht und das vollkommene Untertauchen sowohl der Räuber wie auch der Beute zuständig. Der ausführliche Prolog beschreibt einige generelle Vorgehensweisen bei Raub und dann detailliert den Überfall auf den Geldtransporter vor dem Casino bis zur Schießerei und der Flucht des überlebenden Ganoven. Dieser Prolog ist spannend geschrieben und gut gelungen. Ab dem ersten Kapitel erzählt Jack aus seiner Sicht sehr ausführlich zwei Geschichten parallel: Den misslungenen Raub in Kuala Lumpur vor fast fünf Jahren und die heutige Jagd nach dem vermissten Geld in Atlantic City.

Die Mehrzahl der Kapitel ist dem Auffinden der verschwundenen Beute und des verletzten Ganoven des Casinoraubes gewidmet. Dazwischen zeigen ein oder wenige Kapitel hintereinander die Handlung aus der Vergangenheit. Nur die Ortsangabe unter der Kapitelzahl dient als Hinweis. Der Erzählstil ist bei beiden Handlungssträngen genau gleich detailliert, was es vor allem zu Beginn mühsam macht, die beiden Geschichten voneinander zu trennen. Dabei bleibt die Spannung völlig auf der Strecke. Hier ein Beispiel: „Sie setzte sich der Kochnische gegenüber auf die Couch. Obwohl ich ihr den Rücken zuwandte, spürte ich, dass sie mich ansah. Ich spülte die Kanne aus, goss Wasser in die Maschine und schaltete sie ein. Sie fing an zu brodeln und zu tröpfeln. Angela saß schweigend da, und ich beobachtete, wie der Kaffee durchlief, bis die Kontrolllampe erlosch. Ich riss zwei Päckchen Zucker für sie auf, schüttete den heißen Kaffee in zwei Keramikbecher und rührte ihren mit dem Löffelstiel um" (S.98). Diese Szene beschreibt das Wiedersehen von Jack und seiner Mentorin bei dem Raub vor fünf Jahren und diese Ausführlichkeit von banalen Handlungen und Abläufen zieht sich bis etwa Mitte des Buches durch.

Danach wird es leicht besser, obwohl gewisse Wiederholungen mit der Zeit nerven. So benützt Jack jedes Mobiltelefon nur ein einziges Mal, bevor er es verschrottet bzw. auseinander nimmt, zerbricht und fast immer aus einem Fenster schmeißt. Man könnte fast glauben, die Verfolger müssten nur dieser Spur von Handyteilen folgen. Auch fand ich es seltsam, dass nur Gangster und eine einzige FBI-Agentin mitmischen. Wo bitte ist da die Polizei?

Spannung kommt auf, als einerseits die Ausführung des vergangenen Verbrechens naht und wir endlich wissen wollen, was dabei schief gelaufen ist und worin Jacks Versagen lag, andererseits die Probleme bei der Beschaffung der Casinobeute mehr und mehr zunehmen. Die Uhr tickt und am Ende jedes Kapitels aus der Gegenwart ist die Stundenangabe bis zur Explosion der Farbpatronen angegeben. Zudem wird sowohl Jack wie auch dem Leser klar, dass der Casinoraub zahlreiche Hintergründe hatte und Ziele verfolgte, denen ein Verwirrspiel unter verschiedenen Syndikaten und entsprechenden Wendungen und Verfolgungen zu Grunde liegen. Niemandem ist zu trauen, Gangsterehre gibt es nicht und für Jack wird es eine Frage des Überlebens. 


Figuren
Jack Delton ist eine erfundene Identität für den Raub vor fünf Jahren. Wie sein richtiger Name lautet, wie alt er ist oder über seine Kindheit erfahren wir nichts. Jack ist wie ein Chamäleon. Er versteht es, nicht nur sein Äußeres komplett umzugestalten, sondern auch die Art zu sprechen und sich zu bewegen der Rolle anzupassen. Er schlüpft nicht in die Rolle, er lebt sie und vergisst zuweilen, wer er gerade ist. Durch die vielen Verwandlungen ist es mir überhaupt nicht gelungen, ein klares Bild seiner wirklichen Persönlichkeit zu erhalten. Dafür schlüpft er so gekonnt in die gewünschte Identität, dass man beim Lesen zuweilen selbst vergisst, dass dies nur eine Rolle darstellt. Dieser Aspekt ist glaubwürdig, perfekt gelungen und verfügt über seine ganz eigene Faszination.

Da Jack ein absoluter Einzelgänger ist, bleiben die verschiedenen Nebenrollen alle im Hintergrund und eher blass. Auch die Teams der beiden Verbrechen wurden vom Drahtzieher zusammengewürfelt, man kennt sich nicht, respektiert jedoch das Können des jeweiligen Spezialgebietes. Zwei verschiedene Syndikatbosse wollen die Casinobeute in die Finger kriegen und kurze Begegnungen finden statt. Deren Bodyguards sind zahlreich, werden laufend eliminiert und sind austauschbar. Und weil Jack die Geschichten selbst erzählt, bleiben die Gedanken und Ziele der Nebenrollen völlig im Dunkeln. Die FBI-Agentin Rebecca Blacker heftet sich in Atlantic City an die Fersen vom Jack. Doch auch ihr Hintergrund bleibt gänzlich im Dunkeln und ihr Handeln wird dadurch zeitweise als willkürlich empfunden, denn der Leser weiß nicht, wie sie Jack jeweils wieder und wieder aufspüren kann. 


Aufmachung des Buches
Das broschierte Taschenbuch ist etwas größer als gewohnt. Das Cover ist in verschiedenen Grautönen bis Schwarz gestaltet und zeigt zwei Männer von hinten. Obwohl das Licht von vorne kommt, sind die Schatten der Männer auf der rechten Seite. Der Titel ist in einem hellen Grün von oben nach unten geschrieben und als Relief abgedruckt. Ein ungewöhnliches Cover, das zwar mit den Patronen am Boden auf Gangster hinweist, ansonsten aber nicht wirklich zum Inhalt des Buches passt.


Fazit
Die spannende Ausgangslage konnte nicht genutzt werden, der zuweilen langatmige und detaillierte Erzählstil lässt vor allem in der ersten Hälfte kaum Spannung aufkommen. Das letzte Drittel des Buches ist am besten gelungen und entschädigt für den Durchhaltewillen des Lesers.


3 Sterne


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