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Kategorie: Dystopien

Die Siegesfreude ist von kurzer Dauer: Connor muss sich als neuer Anführer der Flüchtlinge beweisen. Risa fürchtet, ihm keine große Hilfe zu sein. Lev versucht, ein neues Leben zu beginnen.

Einer von ihnen wird verraten werden. Einer von ihnen wird fliehen. Einer von ihnen wird auf Cam treffen, einen Jungen, den es nicht geben darf. 

 

Vollendet 2 

Originaltitel: Unwholly 
Autor: Neal Shusterman
Übersetzer: Anne Emmert und Ute Mirr
Verlag: sauerländer
Erschienen: 08/2013
ISBN: 978-3737367189
Seitenzahl: 544 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Nachdem der General, der den Flugzeugfriedhof geleitet hat, sich zurückgezogen hat, leitet Connor unter falschem Namen das Flüchtlingscamp der Wandler. Doch es gibt Probleme, Lebensmittel- und Medikamentenlieferungen lassen auf sich warten. Connor muss sich gegen Intrigen zur Wehr setzen und entlarvt einen Spion in den eigenen Reihen. Währenddessen muss Lev seine Strafe abarbeiten, Risa fühlt sich nutzlos und zweifelt an sich selbst. Als sie einen verletzten Jugendlichen ins Krankenhaus begleitet, verändert sich für sie alles … und dann ist da noch Cam, ein Junge, der vollkommen anders ist …

Auch hier kann ich wieder einmal nicht zu viel verraten, nur so viel: Neil Shusterman hat nach dem (fast abgeschlossenen) ersten Teil der Versuchung widerstanden, einfach einen Neuaufguss derselben Story abzuliefern. Im Gegenteil, Der Aufstand strotzt nur so vor neuen Ideen und entwickelt die schockierende Handlung des ersten Teils konsequent weiter. Wieder steht die zentrale Frage im Mittelpunkt: Ist ein Mensch mehr als die Summe seiner Teile? Gruselig, aber gar nicht so fernab jeder Realität … 


Stil und Sprache
Neal Shusterman setzt mit der Fortsetzung seiner Trilogie (die angeblich nun doch einen vierten Teil bekommen soll) einige Zeit nach den Ereignissen des ersten Bandes ein. Connor leitet das Camp auf dem Flugzeugfriedhof und auch Risa und Lev haben ihren Anteil. Es gibt jedoch auch einige neue Charaktere, die abwechselnd zu Wort kommen, so dass man als Leser stets über alle Facetten der Gesamtgeschichte auf dem Laufenden ist. Gerade zu Beginn wird so das Tempo hoch gehalten, allerdings gibt es im mittleren Teil doch ein paar kleine Längen, wenn alle Handlungsstränge aufgebaut sind, aber nicht so recht vorankommen. Da dreht sich einiges im Kreis und man muss als Leser etwas Geduld aufbringen, bis es dann wieder richtig weitergeht.

Gut gefallen haben mir besonders einige Randepisoden, zum Beispiel die über Miracolina, das Zehntopfer, das unbedingt gewandelt werden möchte und sich durch nichts davon abbringen lässt. Wie sie und Lev schließlich doch noch eine gemeinsame Ebene finden, das ist sehr einfühlsam dargestellt und trägt zum Gelingen der Gesamthandlung bei. Außerdem gibt es besonders in den ersten Teilen immer wieder eingestreute Anzeigen, die für die Wandlung werben. Da läuft es einem schon beim Lesen eiskalt den Rücken hinunter. Aber wenn man weiß, dass im Jahr 2008 in Nebraska nach Erlass eines Babyklappengesetzes ohne Altersbeschränkung 34 Kinder und Jugendliche von ihren Eltern ausgesetzt wurden, dann scheint eine Gesellschaft wie in Vollendet beschrieben gar nicht mehr so fern.

Anders als im ersten Teil lässt der Autor diesen Band mit etlichen offenen Fragen enden, schürt aber mit seinem letzten Satz auch die Hoffnung auf ein gutes Ende: „Dann fahren sie auf der Route 66 Richtung Osten, in einen Welt hinein, die reif ist für die Rettung.“ (S. 538) 


Figuren
Neal Shusterman macht es sich nicht leicht mit seinen Charakteren, gerade die Protagonisten haben einiges durchzustehen. Risa zum Beispiel ist nach einem Unfall querschnittsgelähmt und könnte mit einer neuen Wirbelsäule geheilt werden. Sie muss einige wichtige Entscheidungen treffen und weiß dennoch nie, was richtig ist. Connor zerbricht fast an der Bürde der Verantwortung für Hunderte von Flüchtlingen und muss einerseits verantwortlich und überlegt handeln, ist aber eigentlich nur ein unsicherer Jugendlicher, der nur zu gern vertrauen möchte. Lev muss ebenfalls Dinge tun, hinter denen er nicht steht, er wird von gewissen Gruppen zum Idol stilisiert, eine Rolle, die er nie haben wollte.

Sie alle sind einfühlsam gezeichnet und entwickeln sich konsequent weiter, ohne dabei aber die Grenze zum Übermenschlichen zu überschreiten. So bleiben sie trotz ihrer Macken und der unmenschlich brutalen Situationen, in die sie immer wieder geraten, durchweg sympathisch und handeln nachvollziehbar und logisch.

Drei neue Charaktere gibt es außerdem, Miracolina, Starkey und Cam. Diese drei sind auf ihre Weise eher Antagonisten, haben sie doch alle ihre Gründe, gegen Connor und die flüchtigen Wandler vorzugehen. Zu viel soll ja hier nicht verraten werden … aber besonders Cams Charakterzeichnung ist wunderbar gelungen! 


Aufmachung des Buches
Der zweite Teil der Trilogie ist passend zum ersten aufgemacht, nur die Farben des fest gebundenen Buches sind verändert worden: von silbrig-verkratzt zu kupferfarben-verkratzt. Ein paar Blutstropfen sind außerdem zu sehen, ansonsten beherrscht der Titel das Cover. Innen gibt es wiederum sieben Teile und viele kurze Kapitel, die mit dem Namen der jeweils agierenden Person versehen sind. Voran gestellt ist dem zweiten Teil eine Art FAQ, in dem die wichtigsten Begriffe erklärt sind. Ein Nachwort des Autors und eine Quellenangabe runden den Band ab.


Fazit
Einige kleine Längen trüben den Lesegenuss des zweiten Teils etwas, dennoch kann dieser schon aufgrund der aufwühlenden Grundidee durchaus mit dem Auftaktband mithalten. Überraschende neue Wendungen lassen den Leser dringend auf Teil 3 warten. Unbedingt lesenswert!


4 5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Vollendet