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Bombenattentate in europäischen Großstädten versetzen den Westen in Aufruhr. Die CIA ist ratlos: eine neue Terrorgruppe, ihr Führer nennt sich „Suleiman“, mehr weiß man nicht. Als die Kette der Anschläge nicht abreißt, hat Nahostexperte Roger Ferris eine Idee: wenn man den Feind nicht infiltrieren kann, dann muss man eben so tun, als ob. Im Rückzugsgebiet der Gruppe wird daraufhin eine präparierte Leiche platziert, mit Scheinidentität und einer Tasche voller brisanter Unterlagen. Und der Plan scheint aufzugehen: der verunsicherte Gegner macht die ersten Fehler. Doch bevor die Falle zuschnappt, wird Rogers Freundin Alice entführt…

 

  Autor: David Ignatius
Verlag: Rowohlt Taschenbuch Verlag (rororo)
Erschienen: 04/2008
ISBN: 978-3-499-24716-3
Seitenzahl: 474 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Roger Ferris ist Agent in der CIA und arbeitet in der Abteilung „Naher Osten“, die seit dem 11. September 2001 daran arbeitet, einzelne Netzwerke der Al-Quaida zu infiltrieren und zu zerstören. Ein solches Netzwerk hat der Syrer Süleyman aufgebaut, der den Terror nach Europa trägt und für Autobomben in den großen europäischen Städten verantwortlich ist. Die CIA und der jordanische Geheimdienst GID kennen bislang nur seinen Namen, sämtliche Versuche, in das Netzwerk einzudringen, schlugen bislang fehl.
Im Krieg gegen die Al-Quaida entwickelt Roger Ferris einen brillanten Plan: mit einer Operation wird ein Netz aus Lügen inszeniert, die den Feind verwirren soll, so dass er sich gegen Süleyman stellt. Doch Ferris hat nicht damit gerechnet, dass sich diese Verschwörung selbstständig zu machen scheint  – sein Plan wird zu einem Spielball zwischen den Interessen einzelner Geheimdienste und Süleymans Netzwerk. Ferris verliert die Kontrolle und muss alles riskieren, um seine neue Partnerin zu retten, die in die Schusslinie geraten ist.

Ignatius ist als Journalist Nahost- und Geheimdienstexperte und hat in diesem Spionagethriller eine brillante und kaum zu durchschauende Verschwörung aufgebaut, die den Leser fesselt und erst auf den letzten Seiten des Buches vollständig aufgelöst wird. Hierbei geht es nicht darum, die muslimische Kultur durch Klischees zu verurteilen. Mit seinem Fachwissen bringt Ignatius vielmehr die Kultur des Islams, die Katastrophe des Irakkriegs und seiner Folgen und den Kampf der Geheimdienste gegen den internationalen Terrorismus näher.


Stil und Sprache
Der Erzählstil ist ausschließlich auf die Perspektive des Protagonisten ausgerichtet, man schaut ihm über die Schulter und kennt vorwiegend nur seine Gedanken und Gefühle. Die Gefühle anderer Figuren lernt man nur dann durch die Hauptfigur kennen, wenn diese Kontakt mit ihm haben.

Das Buch beginnt zunächst mitten in der Geschichte. Der Einschub ist inhaltlich aber verständlich, wenn man die Zusammenfassung auf dem Buchrücken kennt. Ab dem zweiten Kapitel wird dann die vollständige Geschichte erzählt. Die anfängliche Vorausschau ist geschickt inszeniert, fesselt den Leser und baut von Anfang an eine enorme Spannung auf, die bis zum Ende nicht mehr einbricht, auch wenn sie im Tempo variiert. Hierdurch will man das Buch nicht mehr aus der Hand legen, was durch die angenehme Kapitellänge von durchschnittlich 10 Seiten noch gefördert wird. Die Kapitel sind durch die Angabe der Orte gegliedert, in denen die Geschichte grade spielt, so kann man dem Ablauf ideal folgen.

Die Handlung läuft nicht gradlinig ab - auch wenn man die Zielrichtung kennt, wird man von der Entwicklung der Geschichte immer wieder überrascht, sodass es nicht langweilig wird. Man fiebert mit dem Protagonisten, entwickelt aber keine patriotische Einstellung zu Amerika, sondern steht der Handlung – insbesondere der CIA – kritisch gegenüber.

Ignatius hat sich als Journalist zum Experten für Geheimdienstarbeiten und für den Nahen Osten entwickelt. Dies kommt dem Buch zu Gute, es fließen gezielt Kenntnisse über die Denkweisen, Möglichkeiten und Abläufe der Geheimdienste, der Handlungsorte und insbesondere auch Kulturkenntnisse zum Islam mit ein. Dies sorgt für große Authentizität und einen vielschichtigen Überblick, auf Schwarzweißmalerei wird verzichtet.


Figuren
Nicht nur die Figur des Protagonisten, sondern auch alle weiteren Figuren sind hervorragend ausgearbeitet worden. Jede Einzelne hat klare Ansichten, Motive und Ziele, jeder wird – ihrer Bedeutung angepasst – ein mehr oder weniger stark ausgeprägter Hintergrund verliehen. So entsteht ein genaues Bild der Figuren, sie werden dreidimensional und nachvollziehbar und sind vor allem plausibel.

Im Zentrum des Romans steht Roger Ferris, Nahostexperte und CIA-Agent in Amman / Jordanien. Man hat Teil an seinem Leben, teilt seine Ängste und Gefühle, fiebert während des gesamten Buches mit ihm mit. Bei der Verfolgung seines vorrangigen Zieles, der Zerschlagung der Terrorzellen der Al-Quaida, verliert er doch nicht seine Menschlichkeit, ist kein reiner Patriot und steht der Geheimdienstarbeit – insbesondere was den Umgang mit Menschen betrifft – kritisch gegenüber. Er ist nicht perfekt, hat seine Macken, so zum Beispiel auch Probleme in seinem Privatleben. Nicht zuletzt durch den Verzicht reiner Agenten-Klischees wird Ferris sehr glaubhaft dargestellt.


Aufmachung des Buches
Mir liegt dieser Roman als Taschenbuchausgabe mit 474 Seiten vor. Das Cover ist in sehr dunklen Tönen gehalten, in dem die Silhouette einer Person dominiert. Ob diese durch einen runden Tunnel ins Helle geht oder aus einem hellen Hintergrund ins Dunkle tritt, ist nicht zu erkennen. Diese nicht weiter zu identifizierende Figur soll vermutlich den fiktiven Agenten darstellen, eben den Mann, der niemals lebte. Ich finde diese Aufmachung durchaus passend, im Buchgeschäft hat sie mich sofort angesprochen. Die Schriftzüge des Titels und des Autors fügen sich gut ein.

Die einzelnen Kapitel sind nicht durch Zahlen dargestellt, vielmehr durch die Angabe der Orte, in denen das Buch grade spielt. Der Ortsbezeichnung folgen jeweils drei schwarze Punkte, die sich auch neben den jeweiligen Seitenzahlen wiederfinden. Diese Darstellung ist mal etwas Neues und ein schönes Detail.

Eine Kleinigkeit ist mir noch auf dem Buchrücken aufgefallen: hier wird der Name des Antagonisten anders geschrieben als im Buch.


Fazit
David Ignatius ist mit diesem Roman ein hervorragender Spionagethriller gelungen, der sowohl durch eine mitreißende Handlung, als auch eine meisterhaft inszenierte Verschwörung begeistert, die den Leser lange im Dunkeln lässt. Dieses Buch legt man so schnell nicht mehr aus der Hand. Sehr gelungen ist auch der Einblick in die Kultur des Islams, über die bei vielen in der westlichen Welt nur Vorurteile und Ängste herrschen, deren Kern und Denkweise aber weitgehend im Unbekannten bleiben. Daher hat sich „Der Mann, der niemals lebte“ seine 5 Sterne redlich verdient.


5 Sterne


Hinweise
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