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EIN BUCH ÜBER DEN MUT UND DIE KRAFT DREIER MENSCHEN, DIE DARAN GLAUBTEN, DASS JEDER EINZELNE DIE WELT VERÄNDERN KANN:

Weißrussland, Spätherbst 1941: Vor den Augen der Brüder Tuvia, Asael und Zus werden Eltern und Geschwister von der Gestapo abgeführt; den drei Brüdern gelingt die Flucht in die Wälder. Es ist der Anfang einer unglaublichen Rettungsaktion.
Inmitten der Wildnis versammelten die Bielski-Brüder über 1200 Juden und errichteten dort eine funktionierende Dorfgemeinschaft mit Synagoge, Krankenhaus, Schule, einer Zeitung, einem Badehaus und sogar einem Theater. Zweieinhalb Jahre entgingen diese jüdischen Partisanen mitten im Zweiten Weltkrieg dem Tod und der Gefangennahme.
Eine wahre Geschichte, die wie ein Märchen klingt, in einer Zeit des Schreckens, der Gewalt und der Zerstörung.

 

Die Bielski Brueder 

Originaltitel: The Bielski Brothers
Autor: Peter Duffy
Übersetzer: Michael Schmidt
Verlag: Fischer Scherz Verlag
Erschienen: 2005
ISBN: 978-3502181606
Seitenzahl: 336 Seiten


Inhalt, Stil und Sprache
Nach der Lektüre des Klappentextes  vermutet man eine eher romantisierte Geschichte: "Eine wahre Geschichte, die wie ein Märchen klingt ...". Ein Irrtum wie sich schnell herausstellt.
Beginnend mit den Eltern der titelgebenden Brüder wird die Familiengeschichte dieser jüdischen Familie in Weißrussland erzählt. Sie sind Mühlenbesitzer, friedliche Menschen, die nicht auffallen wollen und müssen, denn in der wechselvollen Geschichte des Landes gehören sie zwar verschiedenen Staaten an, aber eines bleibt immer gleich - sie müssen sich mit den antisemitischen Schikanen, die als Gesetze ausgegeben werden, arrangieren. Es wird nie besser, immer nur anders. Ein Teil der Kinder wandert deshalb in die USA aus. Die anderen leben im Umkreis ihres Heimatortes. Der Einmarsch der Deutschen in die Sowjetunion verändert dann von heute auf morgen alles grundlegend. Nach dem Massaker an Juden im Mai 1942 in der nahen Stadt Lida flüchtet zunächst die überlebende Familie in einen der riesigen und schlecht zugänglichen Wälder der Umgebung, da die bisherigen Verstecke nicht mehr sicher waren und in der Hoffnung hier nicht aufgestöbert zu werden. Die Gruppe wird erweitert und es schließen sich ihr auch Menschen an, die nicht verwandt mit den Bielskis sind. Aus den nahen Gettos fliehen Juden oder werden befreit, die nicht wissen wohin, aber vom "Waldlager" der Brüder gehört haben.

Der Autor beschreibt nun den Aufbau der Gruppe, wo und wie sie in den Wäldern leben und wer sie unterstützt, denn auf dem Höhepunkt "wohnen" ca. 900 Menschen dauerhaft im Lager, das immer wieder verlegt werden muss, wenn die Deutschen herausgefunden haben wo es sich befindet, häufig genug durch Denunziation. Da sowjetische Partisanen die gleichen Wälder als Rückzugsgebiet nutzen, kommt es schnell zu Schwierigkeiten, die dadurch gelöst werden, dass man sich den Partisanen anschließt und somit unter das militärische Kommando der Sowjets fällt. Damit gilt auch die Partisanengesetzgebung, die eine relative Sicherheit gewährleistet. Neben der Partisanentätigkeit ist es den Brüdern sehr wichtig, dass sie soviele Juden, egal welchen Alters und Gesundheitszustandes, wie es nur geht retten, und so überleben insgesamt ca. 1200 Menschen die Verfolgung.

Das Waldlager darf man sich nicht als ein egalitäres Utopia vorstellen, sondern als Abbild der damaligen gesellschaftlichen Realität – wer in der Hierarchie oben steht, genießt auch Privilegien. Das Besondere an der Gruppe Bielski ist, dass nicht nur soviele gerettet wurden, sondern, dass es sich um eine bewaffnete Widerstandsgruppe handelte. Nicht alle Juden waren wehrlos, aber viele brachten auch nicht den Mut auf das Leben im Getto gegen eines im Wald einzutauschen, solange dies noch einigermaßen gefahrlos möglich gewesen wäre. Ohne zu werten zeigt der Autor die vielfältigen Gründe dafür auf.

In einem abschließenden Kapitel schildert der Autor, wie das Leben der Brüder und ihrer Verbündeten weiterging, nachdem die Gruppe sich im Juli 1944 aufgelöst hatte.

Der Journalist Duffy schreibt distanziert und zugleich einfühlsam. Er ist ein guter Erzähler und die Geschichte liest sich sehr spannend, obwohl man nach dem Vorwort bereits weiß wie sie ausgeht. Darüber hinaus ordnet er die Ereignisse in ihren historischen Kontext ein; dies geschieht so gekonnt, dass man sich weder belehrt fühlt, noch langweilt - sofern man bereits einige Vorkenntnisse mitbringt. Wer noch so gar nichts über diese Zeit weiß, für den sind die Informationen sicher nicht ausreichend.
Er verschweigt bei der Schilderung des Lebens im Walddorf auch nicht die negativen Seiten - nicht die Mühsal, die ständige Angst vor Entdeckung und die Schwierigkeiten, so viele Menschen mit Lebensmittel u. ä. versorgen zu müssen; nicht die inneren Spannungen, die ebenso wie die Probleme mit den Bauern häufig mit Gewalt gelöst werden - bis hin zu Hinrichtungen von Denunzianten oder, in einem Fall, des Anführers eines inneren Aufstandes gegen die Herrschaft der Brüder.

Ich rechne es dem Autor hoch an, dass er zwar parteiisch ist, aber einer Idealisierung der Gruppe und ihrer Anführer entgegenwirkt. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass die (loyalen) Bauern, ohne die die Gruppe nie überlebt hätte, mehr gewürdigt worden wären, denn viele bezahlten entweder mit ihrem Leben dafür, oder wurden als Zwangsarbeiter deportiert.


Aufmachung des Buches
Der Einband des gebundenen Buches ist ganz in Sepiatönen gehalten. Als Hintergrund des Covers dient die Fotografie eines lichten Waldes. Davor gesetzt sind der Titel und drei kleine Passfotos (?) der Bielski-Brüder. Das Buch selbst ist fadengeheftet. Gleich zu Beginn des Buches findet man eine Übersichtskarte des Gebietes in dem sich die Bielski-Gruppe hauptsächlich bewegte. Etliche Fotografien, die sowohl die Familie Bielski, als auch andere Personen, die im Buch eine Rolle spielen, zeigen, hat man in der Mitte eingefügt. Sie sind auf anderem glattem Papier gedruckt. Einige Landschaftsaufnahmen sind auch dabei. Die Anmerkungen (eigentlich der Wissenschaftliche Apparat) haben eine ungewöhnliche Form, denn sie sind als Fließtext verfasst. Dadurch lassen sich die Quellen nicht so schnell erfassen, wie dies wünschenswert wäre.


Fazit
Eine spannend zu lesende Dokumentation (in Form einer Biographie) zu einem außergewöhnlichen Projekt – die Rettung von jüdischem Menschenleben durch bewaffneten Widerstand während des 2. Weltkrieges.


4 Sterne


Hinweise
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