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Kategorie: Sozialwissenschaft, Recht und Wirtschaft

Schwester Helga liebt den groß gewachsenen Chefarzt Dr. Robert Sanden. Doch der hat nur Augen und Ohren für die Mikroökonomie.
Bei Doktorspielen in der Universitätsbibliothek hat sie ihm einst den Kopf verdreht. Zwischen den Schenkeln ihres Koordinatensystems hat er zum ersten Mal erfahren, wie man richtig Preise macht. Knallharte Gewinnmaximierung – das ist alles, was ihn interessiert. Als Helga ein schwerer Schicksalsschlag ereilt, lässt der still Verehrte sie prompt im Regen stehen. Und so stürzt sich die junge Krankenschwester in die Wirtschaftswissenschaft, immer im Kampfe gegen eine Rivalin, von der sie so gar nichts weiß ...

 

  Autor: Thomas Hönscheid
Verlag: Eichborn
Erschienen: 2009
ISBN: 978-3-382-183476-4
Seitenzahl: 151 Seiten 


Stil und Sprache
Die Idee, ein Sachthema in eine „triviale“ Form zu gießen, fand ich sofort spannend. Obwohl ich sonst keine Arztromane lese, konnte ich da einfach nicht widerstehen. Ich bin weder Wirtschaftswissenschaftler noch VWL-Student o.ä., sondern das, was man am ehesten als „interessierten Laien“ bezeichnet. Was Mikroökonomie angeht, bin ich also – wie Schwester Helga zu Beginn – vollkommen unschuldig.
Sprachlich-stilistisch ist das Buch überwiegend an „Schundliteratur“ angelehnt. Aufgrund der oft komplexen Inhalte, die Hönscheid vermitteln möchte, kann dieser Stil allerdings nicht kontinuierlich durchgehalten werden. Und so wechseln sich triviale und komplexe Passagen munter ab. Anfangs wirkt es schon etwas befremdlich und leider auch reichlich konstruiert, wenn der Erzählfluss zunächst unbekümmert dahinplätschert um abrupt von einem gelehrten Stakkato abgelöst zu werden. Aber irgendwann gewöhnt man sich daran und erkennt, dass Hönscheid diese Brüche wohl auch so intendiert hat.


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Der Autor liefert hier eine Parodie zahlreicher Diskussionen und Genres ab. Da wird mit dem Gesundheits- und Bildungssystem und natürlich mit der Marktwirtschaft abgerechnet. Arztromanromantik wird mit „hard facts“ aus der VWL gemixt und beides wird ziemlich auf die Schippe genommen.
Ich hab zwar jetzt nicht unbedingt sehr viel mehr Ahnung von Mikroökonomie, aber mein Interesse wurde auf alle Fälle geweckt. Ich hab mir auch schon einige Sachen notiert, die ich unbedingt lesen möchte (z.B. über die Theorie der feinen Leute). Einiges bleibt ja doch hängen, weil Hönscheid ziemlich witzige Beispiele zu Rate zieht (z.B. den Osterhasen als Monopolisten), die man sich einfach merken muss.
Angesprochen werden in meinen Augen vor allem Studenten der VWL (das Buch ist sicherlich ein lustiges Geschenk für Mikroökonomiegeplagte) und eben interessierte Laien, die mal ein bisschen in die Materie reinschnuppern wollen.


Aufmachung des Buches
„Schwester Helga“ kommt in einer typischen Arztroman-Aufmachung daher. Es ist broschiert und daher wohl etwas stabiler als herkömmliche Arztromanhefte (die sind dünner und „flatteriger“). Auf dem Cover wird das Genre auf alle Fälle schön parodiert. Mich hat die Aufmachung jedenfalls angesprochen, weil ich etwas Witziges erwartet habe. Im Buch sind einige Schwarz-Weiß-Abbildungen, die z.B. komplizierte Kurven in lustiger Weise aufgreifen (beispielsweise in Form eines Baguettes etc.).


Fazit
Ein nettes Buch, das mir stellenweise zu sehr konstruiert vorkam. Im Großen und Ganzen habe ich aber von der Lektüre profitiert und kann sie vor allem als Gag für Wirtschaftswissenschaftler empfehlen.


4 Sterne


Hinweise
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