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Kategorie: Boys Love

Als Yukio und Tetsu zufällig einem Mann namens Ashiei begegnen, verfällt Yukio bei seinem Anblick in Schockstarre! Tetsu kann aus seinem Freund nur herauskriegen, dass dieser Mann Juns Vater sei. Was geschah bloß in Yukios Vergangenheit, bevor er Tetsu kennen lernte?

 

Acid Town 2 

Originaltitel: Acid Town, Volume 2
Autor: Kyugo
Übersetzer: Dorothea Überall
Illustration: Kyugo
Verlag: Carlsen Manga
Erschienen: März 2013
ISBN: 978-3-551-72615-5
Seitenzahl: 188 Seiten
Altersgruppe: ab 16 Jahren


Die Grundidee der Handlung
Auch der 2. Band von Acid Town ist wieder ein Mix aus Gegenwartshandlung, durchsetzt mit Rückblenden in Yukios und Juns glücklose Vergangenheit. Dieser Fremde, der von sich behauptet, Yukios Vater zu sein, bringt unschöne Dinge über Yukio ans Licht, die dieser vor seinem Freund am liebsten für immer verborgen hätte, doch Tetsu reagiert darauf ganz anders als Yukio vermutet hätte. Weil zwischen den zwei Freunden aber dennoch vieles, wenn nicht das Wichtigste, unausgesprochen bleibt, kommt es zu fatalen Missverständnissen, die ihre Freundschaft gefährden. In einem parallelen  Handlungsstrang gerät Yukio immer tiefer in die Fänge der Mafia.

In Band 1 fand ich – abgesehen von der absoluten Trostlosigkeit des Handlungshintergrundes – keinen  echten Hinweis auf ein dystopisches Setting. Dieser wird nun gleich zu Anfang von Band 2 in einer recht eindeutigen Szene (ab Seite 28) nachgeliefert, was aber eigentlich nur verwundert, warum die Mangaka so wenig mit der Idee anzufangen weiß. Denn der Fokus liegt wieder ganz auf der ausweglosen persönlichen Lage der Protagonisten, in die sie sich aufgrund verschiedener Ereignisse immer tiefer verstricken und die sie zu verschlingen droht.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Das realistische und zugleich minimalistische Artwork zählt zu den größten Stärken von Acid Town. Es bannt den Betrachter an die Seiten, bereitet Gänsehaut an den erwünschten Stellen oder weckt beim Leser Mitgefühl, das bis zur Schmerzgrenze und darüber hinaus reicht. Erzielt werden diese großen Emotionen durch einen sehr dünnen, zarten Strich, der im großen Kontrast zur allgemeinen Düsternis in dem Manga steht, sowie einer einzigartigen Bildperspektive bzw. Bildkomposition.

Yuki und sein kleiner Bruder Jun haben helle Haare, feine Gesichtszüge und einen schmalen Körperbau. Die dünne Linienführung lässt sie – hineingesetzt in ein karges, kaltes Umfeld, das nur vage mit ein paar Umrisslinien in den Hintergründen angedeutet ist (z.B. kahle, rissige Mauern, Steinboden, enge Straßenschluchten, Hinterhöfe) – besonders zart und zerbrechlich erscheinen. Da werden automatisch Beschützerinstinkte geweckt, sowohl bei Tetsu als auch indirekt beim Leser. Zwielichtige, verschlagene Schurken, die Yuki Böses wollen, gibt es jede Menge in dem Manga: Juns Vater Ashiei ist ein heruntergekommenes Wrack, der mit Yuki noch eine Rechnung offen hat und deshalb auf Rache aus ist. Außerdem wären da noch diverse Mafiagrößen auf japanischer wie auch chinesischer Seite (Finder lässt grüßen), die an Yuki aus ganz unterschiedlichen Gründen Interesse zeigen. Als Gegenpol zu so viel Bösem dienen natürlich Tetsu, aber auch sein Vermieter Ryoji und dessen Schwester Riko. Beide haben herzliche, offene Gesichtszüge und ein freundliches, hilfsbereites Wesen, mit dem sie Tetsu und Yuki bemuttern und ihnen sowas wie ein Zuhause und eine Familie geben. Doch auch der Nachwuchsboss der Seidokai, Hyodo, könnte Yukis Freund und Beschützer werden, mehr will ich an der Stelle aber nicht verraten …

Wie ich eingangs schon schrieb, wird Empathie und Dramatik mit ungewöhnlichen Perspektiven und einer klug durchdachten Bildkomposition, häufig auch ganz ohne Worte, an den Leser heran transportiert. Wie in einem Film zeigt sich oft nur ein Schuh, eine Schulter, eine zusammengeballte Faust, ein hochgestellter Kragen. Das Geschehen nur in Ausschnitten wahrnehmen zu können, schürt zwangsläufig Bedrohlichkeit, denn wer weiß schon, was außerhalb des Panels lauert … Auf der anderen Seite steht eine sehr sensible Erzählweise mit den Protagonisten in Nahaufnahme. Ihre Gedanken und Emotionen erschließen sich dem Leser durch ausdrucksstarke Mienen und Gesten, die aber immer verhalten und nie effekthascherisch daherkommen.

Die Panelzuschnitte sind raffiniert: mal schräg, überlappend oder offen fügen sie sich dynamisch zu einem Gesamtbild zusammen und bieten dem Leser reichlich Abwechslung fürs Auge. Dorothea Überalls Übersetzung ins Deutsche gefällt mir auch. Der sprachliche Umgangston passt hier gut rein, ist weder zu jugendlich noch vulgär.


Aufmachung des Manga
Wie sein Vorgänger ist auch Band 2 in einem etwas größeren Format als verlagsüblich mit matten Buchdeckeln und einer Farbglanzseite verlegt. Zum besseren (Wieder-)Einstieg ist der Handlung eine Inhalts- und Personenübersicht vorangestellt. Die Coverillustration über beide Buchdeckel mit den vier wichtigsten Figuren aus dem Band ist diesmal in deutlich matteren Farben gehalten, gleich geblieben ist nur noch der neongelbe Buchrücken mit türkisfarbenen Buchstaben für den Titel. Obwohl mir das dezentere Cover im Prinzip besser gefällt, harmoniert es meiner Meinung nach nicht mit dem neonfarbenen Buchrücken. Außer den Special Thanks der Mangaka gibt es im Anhang keine weiteren Bonusseiten, dafür umso mehr Verlagswerbung.


Fazit
Die dramatische Handlung bleibt mit etlichen Twists packend, auch wenn ihr Grundgerüst nichts bietet, was man nicht schon woanders gelesen hätte. Die Pluspunkte von Acid Town liegen klar bei der empathischen Erzählweise und dem fürs Boys Love-Genre vielleicht untypischen, zum trostlosen Plot aber absolut passenden düsteren Artwork.

 
4 Sterne


Hinweise
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Backlist:
- Band 1