Dreizehn Jahre ist es her, dass Ruth den Albtraum aller Eltern erlebte: Während eines Campingurlaubs in Cornwall verschwand ihre kleine Tochter Heather, Tage später fand man sie tot in einem alten Minenschacht. Undenkbar, dass eine so schreckliche Geschichte sich wiederholt. Bis zu dem Tag, da ihre zweite Tochter ebenfalls verschwindet ...
Originaltitel: Far Cry |
Die Grundidee der Handlung
Dreizehn Jahre ist es her, als Ruth ihre Tochter Heather verlor. Bei einem Campingurlaub mit einer Freundin und deren Familie verschwindet sie eines Abends im Nebel und wird ein paar Tage später tot aufgefunden. Ob es sich tatsächlich um einen Unfall oder doch Mord handelte, konnte nie ermittelt werden. Ruth versucht so gut es geht ihr Leben zu meistern, was ihr auch weitestgehend gelingt, bis ihre zweite Tochter, Beatrice, nach ihrer Flötenstunde spurlos verschwindet ...
Es ist generell ein Albtraum, sein Kind zu verlieren. Wie muss es dann sein, wenn man zweimal dieses Schicksal erleidet? John Harvey schildert dies sehr eindrucksvoll und authentisch, so dass dem Leser gar nichts anderes übrig bleibt, als dieses Buch zu verschlingen.
Stil und Sprache
Da der Autor mit vielen einzelnen Erzählsträngen beginnt, die teilweise zusammenfinden, teilweise aber auch für sich bleiben, bietet sich die beobachtenden Perspektive als Erzählform an. Der Autor schafft es, den Leser gleich auf den ersten Seiten einzufangen, was, neben der Handlung, sicherlich auch an dem flüssigen und mitreißenden Stil liegt. Des Weiteren spürt man die knisternde Spannung, die in der Luft liegt, schon sehr früh. Zahlreiche Wendungen und unerwartete Enthüllungen tragen ebenfalls dazu bei, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann.
Der größte Teil des Geschehens beschäftigt sich mit der Gegenwart und dort natürlich hauptsächlich mit dem Verschwinden von Beatrice. Aber auch kleinere Kämpfe, die die beiden Ermittler ausfechten müssen, finden ihren Platz im Gesamtbild. Wie so oft, verwischen hier zum Teil auch die Grenzen, so dass man gar nicht immer unbedingt benennen kann, zu welchem Handlungsstrang eine Situation nun eigentlich gehört.
Ebenfalls wird die Vergangenheit, genauer gesagt das Geschehen vor dreizehn Jahren, umfassend behandelt. Es handelt sich um eine Art Rückblende, es wird also nicht von einer oder mehreren Personen erzählt, sondern erhält seine eigene Aufmerksamkeit. Man könnte sagen, es handele sich um eine Geschichte in der Geschichte. Somit erhält der Leser einen Einblick in alle wichtigen Ereignisse der Vergangenheit und kann diese Informationen in die Gegenwart einfließen lassen.
Figuren
„Schrei aus der Ferne“ ist der zweite Fall für die Ermittler Will Grayson und Helen Walker, die nicht allzu detailliert dargestellt werden. Allerdings lassen ihre Handlungen einige Rückschlüsse auf ihre Charaktere zu. Hilfreich sind zudem ein paar private, sowie berufliche Fakten, die immer mal wieder ihren Weg an die Oberfläche finden. Trotz dessen, dass keine umfangreiche Vorstellung stattfindet, hat der Leser nicht unbedingt das Gefühl, zu wenig erfahren zu haben. Bestimmt ist es interessant und bringt sicherlich neue Erkenntnisse, wenn man den ersten Band noch nachträglich liest, notwendig ist es aber nicht.
Die weiteren Figuren werden meist auch nur grob umrissen, um das Risiko von Längen zu minimieren, was gut gelungen ist. Auch hier hat man nicht das Gefühl, zu wenige Informationen zu erhalten.
Einzig Ruth wird umfangreicher und detaillierter beschrieben, sie ist die Person, mit der man sich am meisten auseinandersetzen soll. Dies wird sehr deutlich und man nimmt die Herausforderung gerne an. Auf Grund der ausführlichen Darstellung dieser Figur fällt es leicht, sich in sie hineinzuversetzen und ebenfalls zu spüren was auch sie durchmacht und durchgemacht hat. Schmerz, Trauer, Hoffnung, alle Empfindungen übertragen sich auf den Leser, wodurch das Buch geradezu lebendig wird.
Aufmachung des Buches
Das Cover des Taschenbuchs ist sehr düster gehalten. Man sieht bloß zwei Kinderhände, deren Fingernägel in verschiedenen grellen Farben lackiert sind und die sich scheinbar an einer Holzkante festhalten. Ob das Kind droht, irgendwo abzustürzen oder ob es sich hinter etwas versteckt, lässt sich nicht konkret erkennen. Obwohl das Titelbild recht einfach ist, zieht es den Betrachter in den Bann, es schreit ihn förmlich an, nach dem Buch zu greifen und es zu lesen.
Fazit
Ein wahrlich grandioser Kriminalroman, gelungen von Anfang bis Ende und mit Spannung auf hohem Niveau. Außerdem auch ohne Hintergrundwissen aus dem ersten Band verständlich.
Hinweise
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Backlist:
Band 1: Splitterndes Glas