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Kategorie: 1600 – 1750 Barock

Im Jahr 1742 fallen die Panduren im bayerischen Niederwessen ein, plündern und morden. Am abgelegenen Puchberger-Hof werden sechs Leichen gefunden. Die einzige Überlebende ist die 11-jährige Amrei, die fortan stumm bleibt. Sie wächst bei einem Bauern im Dorf zu einer hübschen, freundlichen Frau heran. Der junge, lebensfrohe Schulmeister Korbinian kommt aus München in das Dorf. Dank ihm beginnt Amrei sich mitzuteilen. Kurz darauf wird Amrei mehrmals bedroht. In Korbinian wächst der Verdacht, dass der Anschlag auf den Puchberger-Hof einst nicht von den Panduren begangen wurde. Eine spannende Verfolgung inmitten von Intrigen, Gewalt und dem ersten Aufkeimen junger Liebe beginnt.

 

Im dunklen Tal 

Autor: Angeline Bauer 
Verlag: Rosenheimer Verlagshaus
Erschienen: 20. Februar 2013
ISBN: 978-3475541841
Seitenzahl: 240 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Ein bayerisches Dorf im Jahre 1742: Die elfjährige Amrei verliert bei einem Überfall auf den elterlichen Hof ihre gesamte Familie und – durch den Schock – die Sprache. Sie wächst bei Pflegeeltern auf und wird von ihrer Umwelt wegen ihres Gebrechens einerseits bemitleidet, andererseits aber auch verspottet. Als der junge Musiker Korbinian 1753 als Lehrer in den Ort kommt, fasst Amrei zu ihm Vertrauen und findet eine Möglichkeit, sich mit ihm zu verständigen. Aber damit bringt sie ihn und sich in große Gefahr.

Vor dem Hintergrund des sehr authentisch dargestellten Lebens der bayerischen Landbevölkerung im 18. Jahrhundert schildert Angeline Bauer packend, berührend und glaubwürdig die – fiktive – Geschichte des jungen Paares.


Stil und Sprache
Dieses Buch ist ein „historischer Heimatroman“. Die Autorin wohnt im Chiemgau, nahe des Schauplatzes ihrer Erzählung, von daher ist die Beschreibung der Örtlichkeiten sehr bildhaft und gut vorstellbar. Der Leser hat „das dunkle Tal“ wirklich vor Augen und kann das karge Leben der Bauern, die mit einfachsten Mitteln der Natur ihren Lebensunterhalt abgewinnen mussten – und dabei mit Überschwemmungen, harten, langen Wintern und Missernten zu kämpfen hatten – wirklich nachvollziehen.

Bis auf die ersten drei Kapitel – der Vorgeschichte – wird die Handlung aus der Sicht von Korbinian Hecht geschildert, meistens in der dritten Person, aber in den Briefen an seinen Bruder fungiert er selbst als „Ich-Erzähler“. Dadurch erfährt man nicht nur einiges über sein bisheriges Leben als Musiker am Fürstenhof zu München und den Grund seiner „Degradierung“ zum Dorfschulmeister, sondern auch, wie er persönlich mit seiner völlig veränderten Situation fertig zu werden versucht.
Das Buch liest sich leicht und flüssig. Die Sprache ist zeitgemäß, die örtliche Mundart klingt zwar an, ist aber gut verständlich, fremdartige Begriffe werden im Anhang erklärt. Dass der Mord an Amreis Familie – wie schon der Klappentext andeutet – seinen Hintergrund in ihrer Umgebung haben könnte, wird nicht nur Korbinian, sondern auch dem Leser bald klar. Trotzdem bleibt die Spannung erhalten, da es mehrere Lösungsmöglichkeiten gibt, bis sich am Ende alles schlüssig und glaubhaft aufklärt.


Figuren
Angeline Bauer hat alle ihre Figuren vielschichtig und sorgfältig gezeichnet. Es sind lebendige Menschen, mit mancherlei Sorgen, aber auch kleinen Freuden – wie z.B. dem Besuch des Jahrmarktes. Die Autorin beschreibt ihre Charaktereigenschaften, ihre Stärken und Schwächen sehr liebevoll und treffend, der Leser kann sich ein gutes Bild von ihnen und ihrer jeweiligen Situation machen.
Mit großem Einfühlungsvermögen schildert sie Amreis schweres Schicksal und erweckt damit Interesse und Anteilnahme bei ihrem Publikum. Diese Gefühle verspürt auch Korbinian zunächst für die junge Frau, bis sich daraus eine tiefe Liebe entwickelt. Beide sind auf ihre Art Außenseiter im Dorf und so finden sie fast zwangsläufig zusammen, was die Autorin sehr berührend, aber ohne Kitsch und Pathos erzählt.

Der abgelegene Ort ist eine Welt für sich, Fremde sind eine Seltenheit und werden von den meisten Einwohnern zunächst mit Misstrauen und Zurückhaltung aufgenommen. Die Schulaufsicht lag im 18. Jahrhundert bei der Kirche und der strenge Vikar macht es dem Lehrer bei seinen Schülern und dem Großteil ihrer Eltern nicht gerade leicht. Es dauert eine Weile, bis es Korbinian gelingt, die Anerkennung des Geistlichen zu erwerben – wozu ihm schließlich die Musik und das Schachspiel verhelfen – sodass sie einander am Ende respektieren und beinahe Freunde werden.


Aufmachung des Buches
Das Buch ist in weißes Leinen gebunden und zeigt den Titel und den Namen der Autorin nur auf dem Rücken. Für den Schutzumschlag wurde das Portrait eines jungen Mädchens von Franz v. Defregger (1835-1921) verwendet. Die ersten drei Kapitel schildern die Vorgeschichte von 1742 – den Überfall auf Amreis Familie –, die weiteren 15 Kapitel beginnen 11 Jahre später und umfassen einen Zeitraum von 13 Monaten. Jedem ist ein Sprich-, bzw. ein Dichterwort vorangestellt. Diese Sprüche werden im Anhang noch einmal – mit ihrer jeweiligen Quelle versehen – aufgeführt. Dort findet sich auch ein Nachwort mit historischen Anmerkungen zum Ort der Handlung sowie ein Personenverzeichnis und ein Glossar.


Fazit
Dieses Buch hat mich so sehr berührt, dass ich es innerhalb weniger Tage zweimal gelesen habe. Eine wunderschöne Geschichte – atmosphärisch dicht, einfühlsam und glaubwürdig erzählt. Sehr empfehlenswert!


5 Sterne


Hinweise
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