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Kategorie: Interviews mit Autoren


Foto: MDR 


Guten Tag Herr Richardt. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview genommen haben. Sie sind seit 2001 Fernsehmoderator für die Sendung „Mach dich ran“ beim MDR, Ihr Lebenslauf zeugt von Ihrer Liebe zum Fernsehen. War es schon immer Ihr Traum, vor der Kamera zu stehen?

Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Aber in der Tat macht es mir sehr viel Spaß vor der Kamera. Ich kann fast alles machen, was ich will; ich kann Schabernack treiben, verrückte Dinge ausprobieren, Menschen bei Problemen helfen und Wünsche erfüllen. Es ist also schon ein Traumjob, den ich da habe. Wichtig ist mir, dass ich mich nicht verstelle, sondern einfach so bin, wie ich bin. Deswegen lerne ich keine Texte und lese nicht vom Teleprompter ab. Ich mache alles aus dem Bauch heraus. Ich hatte übrigens schon als Kind kleine Rollen beim Fernsehen. Das fing mit 10 Jahren an. Allerdings hat es mich damals überhaupt nicht interessiert und ich habe nur gemacht, um mein Taschengeld aufzubessern


Nun erschien am 09.03.2008 unter dem Titel „Und kommen Sie gut in die Betten …“ Ihr erstes Buch – eine Sammlung von Kurzgeschichten. Da stellt sich mir die Frage, wie Sie vom Fernsehen zum Schreiben gekommen sind.

Seit 2006 schreibe ich für die Online-Ausgabe der SUPERillu Kolumnen. Anfangs las sich das aber noch sehr diplomatisch und unwitzig. Und dann habe ich 2007 im Krankenhaus gelegen und mich gelangweilt. Da hab ich dann einfach die Erlebnisse im Krankenhaus aufgeschrieben und den Mitpatienten der Station vorgelesen. Und die fanden es lustig. In diesem Augenblick habe ich meinen Schreibstil gefunden. Ein großer Schritt vom Fernsehmoderator zum Autor war es für mich nicht. Ich schreibe so, wie ich moderiere: Einfach aus der Hüfte heraus, immer mit einem Augenzwinkern.


Ihr Buch beinhaltet Kurzgeschichten aus dem Alltag eines Fernsehmoderators. Haben Sie all dies tatsächlich so erlebt oder haben Sie hier und da der schriftstellerischen Freiheit freien Lauf gelassen?

Ich glaube, ich bin kein großer „Geschichten-Ausdenker“. Alles, was in dem Buch steht, ist auch tatsächlich so passiert. Auch, wenn es teilweise sehr kurios zugeht. Aber so ist das Leben. Ich habe einfach die Augen und Ohren offengehalten und die Erlebnisse dokumentiert. Aber es ist wirklich erstaunlich, wie witzig und irrwitzig die Welt manchmal ist.


Was war das für ein Gefühl, als Sie das erste Mal Ihr eigenes Buch gedruckt in den Händen gehalten haben?

Das war toll! Wie ein eigenes Baby. Auch wenn ich noch keine Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt habe – aber so muss es sich anfühlen. Mit dem Unterschied, dass mein „Baby“ schon nach 4 Monaten das Licht der Welt erblickte. Ich habe es sogar mal kurz gestreichelt. Ja, das war ein ganz besonderer Augenblick für mich.


Was halten Ihre Familie, Freunde und Bekannte von Ihrer schriftstellerischen Tätigkeit?

Meine Familie und meine Freunde sind begeistert. Zumindest war das Feedback überaus positiv. Meine Mama konnte es kaum erwarten, endlich ein Exemplar von mir zu bekommen. Im Bekanntenkreis gab es aber schon den einen oder anderen Neider, der einem den Erfolg nicht gönnt. Aber das sind dann eher Leute, mit denen ich privat nichts zu tun habe. Es ist mir egal, wenn sich Leute darüber lustig machen, ohne es überhaupt gelesen zu haben. Der Erfolg bei den Lesern und Zuschauern baut mich auf. Da kann ich ja nicht so viel falsch gemacht haben, oder?


War es für Sie einfach, einen Verlag zu finden oder mussten Sie erst Unmengen Absagen über sich ergehen lassen?

Ich habe 15 Verlage angeschrieben – und 15 Absagen bekommen. Die letzte trudelte erst nach der Buchpremiere ein, also über fünf Monate nach dem Absenden des Manuskriptes. Man begründete die Absage damit, dass sich kein Mensch dafür interessiert und es schwer wird, diese Themen im Buchhandel zu etablieren. Der Funke sei nicht übergesprungen. Da habe ich eine E-Mail zurückgeschrieben und erzählt, dass der Funke sowas von übergesprungen ist, dass das Buch sich nun wie warme Semmeln verkauft. Die anderen 14 Verlage schrieben alle Standardabsagen. Wahrscheinlich hat es kein Mensch gelesen. Irgendwie habe ich sogar Verständnis dafür. Der Buchmarkt in Deutschland ist übervoll. Jedes Jahr erscheinen über 90.000 Bücher. Da kann man sich ausrechnen, wie viele Manuskripte auf den Tischen der Lektoren landen. Die Zeit kann kein Mensch aufbringen. Ich vermute, dass da die Praktikanten schon die Absagen schreiben. Ich hatte sehr viel Glück, dass ich doch noch einen Verlag gefunden habe.


Glauben Sie, dass Ihr Beruf als Fernsehmoderator bei der Verlagssuche von Vorteil war?

Das glaube ich nicht. Ich habe in einer LeipzigerBuchhandlung gefragt, ob ich dort mal lesen dürfte, um zu sehen, ob meine Geschichten überhaupt ankommen. Erstaunlicherweise durfte ich. Den Zuhörern hat es sehr gefallen – und auch dem Chef der Buchhandlung. Er hat mich mit dem Lektor des hauseigenen Verlages bekannt gemacht und dem habe ich mein Manuskript gegeben. Er nahm es mit in den Urlaub und schrieb mir danach eine Mail, dass er unbedingt ein Buch daraus machen möchte, weil er sich köstlich amüsiert hat. Ein paar Wochen später hatte ich den Vertrag und vier Monate später war das Buch im Handel. Das wollte ich selbst so schnell und schrieb mir über Weihnachten die Finger wund. Meine Bekanntheit als TV-Moderator hilft höchstens beim Verkauf der Bücher. Auf die Entscheidung des Verlages hatte dies keinen Einfluss.


Auf der Leipziger Buchmesse hatten Sie vier Lesungen, nun ist eine Lesereise durch Mitteldeutschland geplant. Waren bzw. sind Sie vor den Lesungen nervös?

Vor der ersten Lesung, also vor der Buchpremiere, war ich total aufgeregt. Und ich blieb auch weit hinter meinen eigenen Erwartungen zurück. Ich suchte die falschen Geschichten aus und betonte auch manchmal falsch. Die anderen drei Lesungen waren dagegen der Wahnsinn. Ich bereitete mich besser vor, baute ein kleines „Drehbuch“ mit Hilfe meines Lektors und erzählte zwischen den Geschichten kleine Anekdoten als Überleitungen. An allen drei Tagen – immer in derselben Buchhandlung – war es gerammelt voll und die Leuten lachten sich schlapp. Da wusste ich, warum ich dieses Buch schrieb: Um das erleben zu dürfen! Um die Leser und Zuhörer zum Lachen zu bringen. Das war unbeschreiblich.


Planen Sie ein weiteres Buch? Wenn ja, wird es wieder eine Kurzgeschichtensammlung oder haben Sie Blut geleckt und versuchen sich nun an einem Roman?

Wenn der Trubel um das erste Buch vorbei ist, wird es mir sicherlich wieder in den Fingern jucken. Aber momentan konzentriere ich mich voll und ganz auf meine Lesereise. Ich plane über 30 Veranstaltungen. Aber im Sommer werde ich bestimmt wieder heiß aufs Schreiben. Einen Roman zu schreiben ist gewiss um einiges schwieriger. Vielleicht schreibe ich ja dann mal über Beziehungsmissverständnisse und den Umgang zwischen Mann und Frau. Dieses Thema habe ich ja bisher komplett außen vorgelassen. Mal sehen ...


Gibt es etwas, dass Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben möchten?

Kauft dieses Buch und unterstützt einen Nachwuchsautor! ;-) Nee, im Ernst: Wenn ich einen Rat geben darf: Bitte NIEMALS aufgeben, bei dem was Ihr tut. Selbst wenn der „offizielle Weg“ keinen Erfolg mehr verspricht; versucht es weiter und benutzt dabei eure Phantasie! Man glaubt gar nicht, mit welch verrückten Ideen man Erfolg haben kann. So habe ich das bisher gemacht. Und ich war so oft überrascht davon, wie das Leben funktionieren kann, wenn man sich richtig soll anstrengt und scheinbar sinnlose Wege ausprobiert. Es klappt! Ach ja: Und kauft trotzdem dieses Buch! ;-)


Ich danke Ihnen für das Interview.

Ich danke Ihnen! Und ich hoffe, dass Sie ein wenig Schmunzeln konnten beim Lesen meines Buches. Das war mir außerordentlich wichtig. Alles sollte authentisch sein, zum Lachen bringen – und vor allem: Die Leser sollten sich in den Geschichten wiedererfinden. Also dann: Und kommen Sie gut in die Betten ...



Foto: Kerstin Pötzsch