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In jedem giftfrei gehaltenen Garten - und sei er noch so klein - lassen sich abwechslungsreiche Lebensräume schaffen, die als möglichst vernetzte Ökozellen zu einem Refugium schutzbedürftiger Arten werden, die in der intensiv genutzten freien Landschaft kaum mehr Existenzmöglichkeiten finden. Überlebenshilfen jeglicher Art sind besonders für Insekten wichtig, da sie, von den Schmetterlingen und einigen Käferarten abgesehen, erst Mitte der achtziger Jahre verstärkt in das Blickfeld des Artenschutzes rückten.
Es verwundert daher nicht, dass man den in dieser Broschüre angesprochenen Solitärbienen, Solitärwespen und Hornissen selbst in Kreisen engagierter Naturschützer lange Zeit nur wenig oder gar keine Beachtung schenkte. Wissenswertes über die Gäste und Helfer im Garten für aufgeschlossene Menschen, die über Ökologie nicht nur sprechen, sondern auch ein wenig davon verstehen wollen, findet man in dieser, vom Autor liebevoll gestalteten Broschüre.
Nicht nur für Fachleute, sondern für alle interessierten Garten- und Naturfreunde ist sie eine wahre Fundgrube.

 

Bienen Hummeln Wespen 

Autor: Helmut und Margrit Hintermeier
Verlag: Obst- und Gartenbauverlag
Erschienen: August 2012 (7. Auflage)
ISBN: 978-3875961232
Seitenzahl: 160 Seiten


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Angesichts der derzeitigen Proteste gegen das weltweite Bienensterben kommt dieses Buch gerade recht. Auch wenn 160 Seiten wenig erscheinen, so gelingt es den Autoren doch ihr Thema umfassend darzustellen. Sehr viel Wert legen sie auf die ökologischen Zusammenhänge – wer, wie von wem abhängt. Von der Bestäubungsleistung der (Solitär-)Bienen und Hummeln hängen nicht nur die Erträge der  Kulturpflanzen ab, sondern auch aller Wildpflanzen, Sträucher und Bäume, die in erster Linie von Wildtieren und Vögeln genutzt werden. Die dann ihrerseits wieder für die Verbreitung der Samen der Pflanzen sorgen. Auch die ungeliebten Wespen und Hornissen tragen viel zum ökologischen Gleichgewicht bei, indem sie für ihre Brut Unmengen an eiweißreicher Nahrung benötigen, und diese ausschließlich durch die Verfütterung von (Schad-)Insekten, Spinnen, Aas etc. gedeckt wird. Nebenbei räumt man mit ein paar Mythen auf. Die Hummeln sind fleißiger als die Honigbienen und bei den Wespen sind nur die Deutsche und die Gemeine Wespe zu den Lästlingen (aber nicht Schädlingen) zu zählen, alle anderen meiden den Menschen. Darüber hinaus sind Hornissen nicht in der Lage, ein Pferd mit 7- 9 Stichen zu töten, wie immer wieder erzählt wird. Ein Argument, das so oft als Begründung zur Zerstörung der Nester herhalten musste, dass die Hornisse inzwischen vom Aussterben bedroht ist.

Das Inhaltsverzeichnis ist sehr umfangreich und in verschiedene Kapitel zu  Honigbienen, Hummeln, Solitärbienen und Solitärwespen, Sozialen Faltenwespen und Hornissen eingeteilt. Darüber hinaus werden in zwei weiteren Kapiteln noch die Insekten, die sich als Bienen, Hummeln oder Wespen tarnen, und einige Feinde, an die man zuerst gar nicht denkt, wie z.B. den Wespenbussard oder die Spitzmaus, aufgezählt.

Die einzelnen Kapitel ähneln sich in ihrem Informationsgehalt. Die Autoren beschreiben die Lebensweise - z.B. die Staatenbildung bei Honigbienen, Hummeln, Hornissen und Sozialen Faltenwespen. Natürlich fehlen dabei auch nicht die Beschreibung des Nestbaus, des Nestes, der Fortpflanzung, der Aufzucht und die Nennung der Feinde oder Gegenspieler, z.B. Falter oder Kuckucksbienen. Ausführliche Zeichnungen ergänzen den Text, dazu aber später mehr. Bei den Hummeln wird zusätzlich der Körperbau vorgestellt und ein einfacher Bestimmungsschlüssel gereicht. Ein ebensolcher findet man auch für Wespen. Nahrungspflanzen im menschlichen Nahbereich werden ebenso aufgeführt, wie Wildpflanzen oder die Beutetiere der "Fleischjäger". Während z.B. der Honigbiene ein ganzes Kapitel gewidmet ist, werden angesichts der großen Vielfalt bei den Solitärbienen und den Sozialen Faltenwespen nur einige wenige Vertreter genauer vorgestellt und auf ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede untersucht. Wer mehr wissen will, den verweisen die Autoren auf weiterführende Literatur. Schutzmaßnahmen für die Insekten nehmen einen breiten Raum ein, sie betreffen sowohl den Natur- und Landschaftsschutz, als auch konkrete Maßnahmen, die im eigenen Garten oder sogar auf dem Balkon ergriffen werden können, z.B. in Form von Nisthilfen. Es finden sich daher viele Bauanleitungen (in Wort und Bild) dafür, ebenso Tipps für die pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Dabei betonen die Autoren immer wieder, dass das aggressivste Insekt die Honigbiene ist. Alle anderen sind ausgesprochen friedfertig, sogar Wespen und Hornissen, die diesbezüglich einen ausgesprochen schlechten Ruf genießen. Tipps zu richtigem Verhalten und Erster Hilfe bei Stichen werden von dem erfahrenen Autor ebenfalls gereicht.

Schwierigere Sachverhalte (wie der Schwänzeltanz der Honigbiene) oder der Aufbau der Nester werden anhand von schematischen Zeichnungen und z.T. farbig ausgeführten Bildern verdeutlicht. Weiter lassen sich Zeichnungen von Kultur- und Wildpflanzen finden, die auf Grund ihres hohen Gehalts an Nektar und Pollen für die Solitär- und Honigbienen, ebenso wie für Hummeln wichtig sind. Auch an wunderbaren, detailreichen, textunterstützenden Fotos herrscht kein Mangel. Die Nahaufnahmen z.B. des Stachels einer Wespe (Seite 123) faszinierten mich, genauso wie die Aufnahmen von Hornissennestern an den "unmöglichsten" Stellen, z.B einem Feldkreuz.

Das Buch erscheint in der 7. Auflage und wie es aussieht, hat man seit den 90ziger Jahren wohl nur das Cover ausgetauscht und den Begriff Unkräuter größtenteils durch Wildräuter ersetzt. Auch findet sich noch kein Hinweis darauf, dass das "Drüsige Springkraut" als gefährlicher Neophyt  gilt und entsprechend bekämpft wird. Diese Bemerkungen möchte ich aber keinesfalls als Kritikpunkte verstanden wissen, es soll nur aufzeigen, das das Buch trotz seines Alters noch immer hochaktuell ist; und erklären, weshalb Sprache und Stil, in dem es verfasst ist, etwas vom zur Zeit üblichen abweichen. Im ersten Moment wirkt der Text fast altmodisch, ist man doch so lange Sätze nicht mehr gewohnt. Schnell erkennt man aber die Vorzüge: Hintermeier schreibt sehr flüssig, gut verständlich und zuweilen richtiggehend spannend. Man kann den Gedankengängen mühelos folgen und so wird aus einem "drögen" Sachbuch eine wunderbare Lektüre.

Bleibt noch die Frage der Zielgruppe zu klären. In erster Linie hat man wohl interessierte Laien und Pädagogen im Blick, außerdem Mitglieder von Naturschutzverbänden. Inwiefern nun ausgewiesene Fachleute noch profitieren können, möchte ich nicht beurteilen. Ein wenig biologisches Vorwissen, z.B. zum Aufbau einer Blüte, sollte man schon mitbringen, oder sich zwischendurch aneignen.


Aufmachung des Buches
Das Cover zieht, obwohl zurückhaltend in der Farbigkeit, den Blick auf sich. Die beiden ausgewählten Bilder verweisen sofort auf den Inhalt und man möchte es gleich in die Hand nehmen, um darin zu blättern.
Die Broschur hat ein nahezu quadratisches Format und liegt trotz des überraschend hohen Gewichts gut in der Hand. Stabiles, weißes und glattes Papier zeigen, wie sorgfältig der Verlag bei der Ausstattung vorging.
Einziger Kritikpunkt ist die Unübersichtlichkeit bei der Nennung der Literatur. Trotz der groben Unterteilung, die den verschiedenen Kapiteln entspricht, erschwert der Fließtext, in dem die einzelnen Bücher - nur durch Bindestriche von einander getrennt - aufgeführt sind, den Überblick über die Literatur. Von der auch nicht so ganz klar ist, ob es sich um Quellen handelt, die die Autoren benutzten, oder ausschließlich um weiterführende Literatur. Wenn sie andere Verfasser zitieren, so fügen sie dies in Klammern in den Text ein. Der wissenschaftlich Apparat lässt ein wenig zu wünschen übrig, da stellt man inzwischen andere Ansprüche an die Autoren. Das ausführliche Inhaltsverzeichnis macht das Fehlen eines Registers nicht wett. Schade, dass an dieser Stelle gespart wurde. Dennoch möchte ich mit dieser Kritik das Buch nicht abwerten, da sich die Verfasser im Rest des Werkes durch sehr sorgfältiges Arbeiten auszeichnen.
Noch eine kleine Anmerkung – Helmut Hintermeier wird als Autor auf dem Klappentext angegeben, Margrit Hintermeier aber auf dem Cover ebenfalls als Autorin aufgeführt. Es war mir daher nicht möglich zu entscheiden, wer nun für den Text verantwortlich zeichnet und ich spreche daher mal von dem Autor oder den Autoren.


Fazit
Ein Muss für alle LeserInnen, die sich für unsere wichtigsten Helfer im Garten und der (Kultur-)Landschaft interessieren und sie schützen wollen. Aufklärung gerade zu Wespen und Hornissen ist wichtiger denn je, und hoffentlich trägt diese Buch dazu bei, dass wir unsere Mitgeschöpfe nicht mehr in gut und böse einteilen, und so das Aussterben einiger nicht mehr fördern, sondern es aktiv verhindern.


5 Sterne


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