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Herrin der Flüsse, Seherin des Schicksals, Mutter der weißen Königin. Sie sei so rein, dass sie ein Einhorn fangen könne, sagt man über Jacquetta von Luxemburg. Ihrer Vermählung mit dem mächtigen Duke of Bedford, dem engsten Berater König Henrys VI., sieht die junge Frau mit Furcht entgegen. Denn ihr Herz gehört Bedfords Junker Richard Woodville. Als der ungeliebte Gemahl unerwartet stirbt, schließen die beiden heimlich den Bund der Ehe – eine beispiellose Überschreitung der Standesgrenzen. Dann nimmt der König die junge Marguerite d’Anjou zur Frau, und Jacquetta steigt zur engsten Vertrauten der neuen Königin auf. Intrigen und Missgunst beherrschen bald das Leben bei Hofe. Doch mit unerschütterlicher Loyalität kämpft Jacquetta für das Herrscherpaar – und für ihre Tochter Elizabeth, die sie für etwas Höheres geboren sieht: die Krone des englischen Königreichs und die weiße Rose von York.

 

Die Mutter der Koenigin 

Originaltitel: The Lady of the Rivers
Autor: Philippa Gregory
Übersetzer: Astrid Becker, Elvira Willems
Verlag: rororo
Erschienen: 1. November 2012
ISBN: 978-3-499-25673-8
Seitenzahl: 672 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Frankreich/England im 15. Jahrhundert: Der Erbfolgekrieg zwischen den beiden Königreichen – später der Hundertjährige genannt – scheint mit der Hinrichtung von Jeanne d´Arc, der „Jungfrau von Orleans“ zu Gunsten der Engländer entschieden. Dazu beigetragen hat auch, dass der französische Adel zerstritten ist und sich mancher hohe Herr auf Seiten des Feindes persönliche Vorteile erhofft, so auch die Grafen von Luxemburg, deren Familie die junge Jacquetta entstammt. Deshalb ist es eine große Ehre, dass der Herzog von Bedford - Onkel des unmündigen englischen Königs Henry VI. und Regent Frankreichs – sie zu heiraten wünscht. Durch seinen frühen Tod wird Jacquetta frei für eine Liebesehe mit seinem Junker Richard Woodville, und obwohl sie sich damit „unter ihren Stand“ begibt, ermöglicht es ihr die eigene hohe Geburt und ihr Status als ehemaliges Mitglied der Herrscherfamilie, weiterhin am englischen Hof zu leben und das Vertrauen der jungen Königin Marguerite von Anjou zu erlangen. So wird sie unmittelbar in die Intrigen und Machtkämpfe der Magnaten - die Einfluss auf den unfähigen und kränklichen König gewinnen wollen - verstrickt und muss mehr als einmal um das Leben ihres Gatten und ihrer Söhne fürchten und ihre Loyalität für das Herrscherpaar beweisen.

Philippa Gregory stellt mit Jacquetta von Luxemburg (um 1415-1472) - Herzoginwitwe von Bedford und spätere Lady Rivers – die dritte Dame vor, die zur Zeit der „Rosenkriege“ eine besondere politische Rolle gespielt hat. Ein wenig befremdlich wirkt dabei, dass dieses Buch genau dort endet, wo das erste Die Königin der weissen Rose – bei der es sich um Jacquettas Tochter Elizabeth Woodville handelt – beginnt. Vom zeitlichen Ablauf her und zum besseren Verständnis, sollte darum „Die Mutter der Königin“ als erster Band gelesen werden.
Abgesehen davon hat die Autorin die wenigen Fragmente, die über diese bemerkenswerte Frau bekannt sind, sehr authentisch, spannend und glaubwürdig in das tatsächliche historische Umfeld eingefügt.


Stil und Sprache
Wie bei den meisten ihrer biografischen Romane, lässt Philippa Gregory ihre Hauptfigur die Handlung in der „Ich-Form“ selbst erzählen und benutzt die Gegenwartsform (Präsenz), um ihr Publikum stets nahe am Geschehen zu halten und dadurch Spannung zu wecken. Dies gelingt ihr auch mühelos, zumal es sich bei dem Stoff um eines der interessantesten Kapitel der englischen Geschichte handelt und sie die historischen Fakten sehr gekonnt mit den fiktiven Elementen zu einem stimmigen und nachvollziehbaren Ganzen verbindet. 
Das Buch lässt sich leicht und flüssig lesen, die Sprache ist der Zeit angemessen, die detaillierten Beschreibungen des mittelalterlichen Lebens – der Glanz des Hofes, die Not des einfachen Volkes, die Grausamkeit des Krieges oder Jacquettas glückliches Familienleben – sind sehr plastisch und bildhaft dargestellt und vermitteln dem Leser einen genauen und authentischen Einblick in diese Epoche. Die Begegnung der 15jährigen mit Jeanne d´Arc – die tatsächlich von Jacquettas Onkel gefangen genommen wurde und eine zeitlang auf einem seiner Schlösser lebte – ist sehr berührend erzählt und hätte durchaus so gewesen sein können.


Figuren
Fast alle wichtigen Personen sind historisch und Philippa Gregory hält sich bei ihrer Darstellung sehr nah an die bekannten Quellen. Henry VI. wurde nach dem frühen Tod seines tatkräftigen Vaters Henry V. bereits als Baby König, daher regierten seine beiden Onkel – John of Bedford und Humphrey of Gloucester – bis zu seiner Mündigkeit England und die eroberten Gebiete in Frankreich. Seine Unentschlossenheit und die phasenweise – von seinem französischen Grossvater Karl VI. ererbte – Geisteskrankheit machten Henry aber auch später zum Spielball seiner mächtigen Verwandten. Seine Frau Marguerite von Anjou versuchte vergeblich, ihm und damit auch sich, die Herrschaft zu erhalten. Als Französin und daher „Erzfeindin“ war sie beim englischen Volk verhasst und fand auch beim Adel wenig Unterstützung. Aus dieser Situation heraus entstand der Konflikt zwischen dem noch regierenden Haus Lancaster und dem Haus York, dessen Führer Richard selbst einen Thronanspruch hatte und – mit Hinweis auf die Regierungsunfähigkeit des Königs – einforderte.
Ein 30jähriger Bürgerkrieg, der unter dem Namen „Rosenkrieg“ – rot für Lancaster, weiss für York – in die Geschichte einging, war die Folge.

Durch die Hauptfigur und Ich-Erzählerin – die als Mitglied des Hofstaats diese Ereignisse tatsächlich unmittelbar miterlebt hat – beschreibt die Autorin alle Beteiligten zwar zwangsläufig aus Jacquettas Sicht, aber doch sehr authentisch und glaubwürdig. Tatsächlich scheint diese, bei aller Sympathie für die Sache Lancasters, doch auch ein gewisses Verständnis für die gegnerische Seite aufgebracht zu haben. Ihre Ehe mit Richard Woodville soll wirklich glücklich verlaufen sein. Aus ihr sind 16 Kinder hervorgegangen, von denen einige unter Edward IV. großen Einfluss auf die englische Politik nahmen. Den Vorwurf der Hexerei haben die Gegner ihrer Tochter Elizabeth später gegen Jacquetta erhoben, indem sie behaupteten, der König müsse verzaubert worden sein, da er sonst niemals so weit unter seinem Stand geheiratet hätte.


Aufmachung des Buches
Das Cover des Taschenbuches zeigt vor einem grünen Hintergrund das Portrait einer jungen Frau, das an den Rändern von stilisierten Blüten und Blättern umrankt wird. Darunter steht in großen Goldlettern der Titel und der Name der Autorin. 

An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass der deutsche Titel und auch der letzte Abschnitt des Textes auf der Buchrückseite Lesern, die sich in der englischen Geschichte nicht so gut auskennen, rätselhaft vorkommen muss und sie bzgl. des Inhalts möglichweise etwas anderes erwarten lässt. Zwar heiratete Elizabeth Woodville im Jahre 1464 tatsächlich den englischen König Edward IV., aber dieses Buch endet genau am Tag, als sie ihn kennenlernt. Jaquetta ist also noch gar nicht die „Mutter der Königin“, der Schluss lässt höchstens ahnen, dass sie es wird. Allerdings ist diese „Ungereimtheit“ allein dem deutschen Verlag und nicht der Autorin anzulasten.

Die Geschichte beginnt im Jahre 1430. Sie verteilt sich auf 54 unterschiedlich lange, datierte Kapitel und umfasst einen Zeitraum von 34 Jahren. Zwei Stammbäume – der von Jaquetta von Luxemburg und der Häuser Lancaster und York – und zwei Karten – Frankreich mit den von England eroberten Gebieten, sowie England mit den Schlachten der „Rosenkriege“ – sind der Handlung vorangestellt. In den Anmerkungen am Schluss des Buches geht die Autorin ausführlich auf die historische Bedeutung der Hauptperson ein, eine Danksagung und eine umfangreiche Literaturliste beschliessen das Buch.


Fazit
Über die Zeit der „Rosenkriege“ ist schon sehr viel und aus den unterschiedlichsten Perspektiven geschrieben worden. Philippa Gregory bringt uns hier eine Frau nahe, über die nur wenig bekannt ist, die aber als Grossmutter der Elizabeth von York – deren Heirat mit Heinrich Tudor aus dem Hause Lancaster die beiden Dynastien vereinte und den Bürgerkrieg beendete – einen wichtigen Platz in der englischen Geschichte einnimmt. Sorgfältig recherchiert, spannend und glaubwürdig erzählt, ein Roman, der das Prädikat „historisch“ wirklich verdient.


5 Sterne


Hinweise
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Wie bereits erwähnt, ist der vorliegende Roman der dritte Band von Gregory´s Trilogie über Frauen, die zur Zeit der „Rosenkriege“ eine besondere Rolle gespielt haben, chronologisch rangiert er jedoch vor dem ersten Teil Die Königin der weissen Rose, der die Handlung – wenn auch mit einer anderen Erzählerin – unmittelbar fortsetzt.
Der Thron der roten Königin ist zwar als zweites der drei Bücher erschienen, steht aber mit den beiden anderen nur insofern im Zusammenhang, als es ebenfalls den Thronstreit zwischen Lancaster und York schildert, diesmal aus Sicht von Margarethe Beauford, der Mutter des späteren Henry VII. aus dem Hause Tudor. Obwohl das historische Umfeld das gleiche ist – und daher auch Jacquetta und Elizabeth erwähnt werden – führt dieses Buch nicht die Familiengeschichte der Woodvilles fort und unterscheidet sich auch im Stil so stark von Teil 1 und 3, dass es als völlig eigenständig angesehen werden kann.

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