Die Liebe und der Seidenbaron
Catharina muss sich im Jahr 1757 als Magd verdingen. Die einflussrieche Familie von der Leyen strebt in Krefeld das Monopol der Seidenweberei an. Frieder, der Sohn der Familie, macht Catharina Avancen und nimmt sie auf Empfängen und in die Oper mit. Doch liebt er sie wirklich? Ein opulenter Roman über eine nicht standesgemäße Liebe vor dem Hintergrund des Siebenjährigen Krieges.
Autor: Ulrike Renk |
Die Grundidee der Handlung
1757, Krefeld steckt mitten im Siebenjährigen Krieg und ist von den Franzosen besetzt. Weißnäherin Esther te Kamp ist verwitwet und hat Mühe, ihre drei Töchter durchzubringen. Da bekommt sie das Angebot, ihre Tochter Catharina als Magd in den Haushalt der Familie von der Leyen zu geben. Die führenden Seidenweber der Stadt wollen Catharina als Zofe für ihren Sohn Frieder, sie soll ihn auf seinen Reisen belgeiten und ihm den Haushalt führen. Widerstrebend tritt Catharina die Stelle an und entdeckt ein Leben, das ihrem bisherigen, vom mennonitischen Glauben geprägten Alltag so sehr entgegengesetzt ist, dass sie in massive Gewissenskonflikte gerät. Zudem wirbt Frieder regelrecht um sie, nimmt sie mit zu gesellschaftlichen Ereignissen und sucht in ihr eine intelligente Gesprächspartnerin. Kann das Liebe sein?
Wieder einmal erzählt Ulrike Renk ein Stück aus der Geschichte Krefelds, zur Zeit des Siebenjährigen Krieges herrschte in der Stadt Ausnahmezustand, welchen die Autorin sehr intensiv ihren Lesern nahebringt. Ein kleiner Ausschnitt aus dem Leben einiger ganz normaler Menschen, der für uns heute hervorragende Unterhaltung bietet.
Stil und Sprache
Ulrike Renk vermeidet in ihren historischen Romanen, was ansonsten vielfach dazu führt, dass man sich als Leser nicht wie in einem solchen fühlt: Die Alltagssprache klingt oft viel zu modern. Sie flicht stattdessen viele kleine – heute zumindest ungebräuchliche - Redewendungen besonders in die Dialoge ein, die einen abtauchen lassen in das Krefeld des 18. Jahrhunderts. So ist man sofort mittendrin, etliche spannende Details aus dem täglichen, oft sehr mühsamen Leben bereichern die Geschichte, die eigentlich gar nicht so viel Handlung bietet. Da geht es eben vielfach darum, was es zu kaufen und damit zu essen gibt, wie Seife hergestellt wird oder ähnliches, eben Dinge, die heute selbstverständlich und leicht zu organisieren sind, damals aber viel Raum einnahmen.
Überwiegend erzählt Catharina selbst in der dritten Person ihre Geschichte, ab und zu wird aber „umgeblendet“ auf Anna ter Meer und dann erzählt ein beobachtender Erzähler deren Sicht der Dinge. So erhält die Handlung einerseits eine sehr persönliche Note, andererseits ist man als Leser stets auf dem Laufenden, was die Personen angeht, die Catharina gerade nicht sieht. Einfach schön zum Schmökern!
Figuren
Catharina te Kamp steht im Mittelpunkt, auf ihre Gefühle und Sorgen wird sehr intensiv eingegangen. Sie ist gläubige Mennonitin und lebt ihren Glauben ganz selbstverständlich, möchte stets so agieren, dass es „gottgefällig“ ist und stellt alles unter diesen Gesichtspunkt. Das gibt ihr große Authentizität und lässt sie wahrhaftig und echt wirken. Frieder von der Leyen erkennt ihre Stärke und nutzt sie für seine Zwecke aus: Er bringt Catharina immer wieder bewusst in Situationen, in denen sie abwägen muss, wie weit sie gehen kann, ohne ihren Glauben zu missachten. Er lässt sie prunkvolle Kleider tragen, nimmt sie mit zu Opernvorführungen und Konzerten, alles Dinge, die eigentlich für Mennoniten – wie auch er einer ist – nicht statthaft sind. Er ist im Grunde ein fieser Typ, dabei aber charmant und gutaussehend, was bei Catharina zu höchster Verwirrung führt.
Einige andere Figuren haben allerdings etwas wenig Persönlichkeit abbekommen, so etwa Catharinas Mutter Esther, deren Motive völlig im Dunkeln bleiben, oder auch einige andere, die jedoch für die Handlung nicht so dringend gebraucht werden. Insgesamt aber liefert die Autorin eine runde Sache ab.
Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch ähnelt optisch den beiden anderen historischen Romanen der Autorin, wieder zeigt das Cover ein Grüppchen Menschen in historischen Gewändern – vermutlich ein Ausschnitt aus einem Gemälde – vor einem Hintergrund aus gemustertem Seidenstoff. Vorherrschende Farbe ist Blau. Innen gibt es 40 nummerierte Kapitel und am Ende ein Nachwort der Autorin, welches die historischen Hintergründe erläutert.
Fazit
Ein farbiger, umfassend recherchierter Roman mit teilweise „echten“ Darstellern. Wunderbar zu lesen, spannend bis zum Schluss, einfach ein toller Schmöker!
Hinweise
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