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Hagelunwetter, Hungersnot und Pest: Die Bürger der Stadt Ravensburg werden im Jahr 1483 vom Unheil verfolgt. Der mächtige Kaplan der Stadt sieht darin ein Teufelswerk. Und er hat bereits eine Schuldige ausgemacht: die junge rothaarige Hebamme Luzia, die in seinen Augen eine Hexe ist.

 

Seelenfeuer 

Autor: Cornelia Haller
Verlag: Hoffmann und Campe
Erschienen: 9. März 2012
ISBN: 978-3455403572
Seitenzahl: 479 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Hexerei, Aberglaube und die Dummheit der Menschen sind die Themen, um die sich in dieser Geschichte alles dreht. Unvorstellbar, zu welch grausamen Handlungen der Mensch fähig war (und heute noch ist). Gab es in der Zeit der Aufklärung Ernteeinbußen aufgrund schlechten Wetters oder einer andere Katastrophe, oder kam es zu häufigen Todesfällen wie durch die Pest, musste natürlich auch jemand Schuld an dem ganzen tragischen Geschehen haben. Ein Sündenbock war stets schnell gefunden, und gerade außergewöhnliche Menschen, wie z.B. jene mit roten Haaren, einem körperlichen Makel oder auch einer seltenen Begabung, wurden schnell vorverurteilt und gerieten so in den Focus der Inquisition.

Auffällig viele Parallelen gibt es in diesem Buch zum bereits 2008 erschienen Roman von Sabine Weigand „Die Seelen im Feuer“. Die Titel sind ob der (zufälligen?) Ähnlichkeit leicht zu verwechseln, aber gut zum Thema gewählt. Hat man Weigands Buch gelesen und nimmt nun das von Cornelia Haller zur Hand, stolpert man aber über viele Ähnlichkeiten, hier kurz aufgelistet:

Bei Sabine Weigand „Die Seelen im Feuer“:

  • Protagonistin Johanna ist eine Apothekerstochter
  • Sie verliebt sich in den Medicus Cornelius
  • Heilkräuter und Medizin sind ein wichtiges Thema

Bei Cornelia Haller „Seelenfeuer“:

  • Protagonistin Luzia lebt bei ihrem Onkel, der Apotheker ist
  • Sie verliebt sich in den Medicus Johannes
  • Heilkräuter und Medizin sind ebenso ein wichtiges Thema

Am Auffälligsten jedoch ist das Ende der Bücher, das beinah identisch ist. Nur die Handlungsorte sind gänzlich unterschiedlich. Natürlich will und kann man Cornelia Haller nichts unterstellen, aber wer beide Bücher kennt, kann gar nicht anders, als diese unübersehbaren Parallelen zumindest zu bemerken.


Stil und Sprache
Erzählerisch versteht es Cornelia Haller den Leser mit wenigen Sätzen mitzunehmen in die Welt ihrer Protagonistin. Atmosphärisch dicht sind gerade die anfänglichen Szenen, in denen Luzia noch bei ihren Pflegeeltern lebt. Hallers Verbundenheit zum Bodensee, in dessen Umgebung die Geschichte spielt, ist ebenso spürbar, wie sie geschickt ihr Wissen rund um die Heilkunst mit Kräutern Luzia angedeihen lässt. Die Szenen, in denen Haller ihre Protagonistin ihren Wissensdurst durch Pater Wendelin erweitert, wirken niemals aufgesetzt oder oberlehrerhaft.
Auktoriale und personale Erzählperspektiven sind fein verwoben und der flüssige Erzählstil lässt nie Längen aufkommen. Der Spannungsbogen ist von Beginn bis zum Schluss straff, sodass sich die knapp 500 Seiten flott lesen lassen.

Als kleine Schwäche zeigen sich allerdings die Szenen, als Luzia verhaftet wird und Schlimmes erdulden muss. Denn obwohl die Autorin keine Scheu hat, die grausamen Foltermethoden genau zu beschreiben, bleiben diese Ereignisse für den Leser manchmal seltsam distanziert. Das Schreckliche Geschehen wird einem zwar bewusst, aber die Empathie kann die Autorin nicht richtig vermitteln und so fehlt einfach ein entscheidendes Detail. Im Gegensatz dazu verwundert es direkt, dass so manch andere Szenen sehr intensiv, glaubwürdig und authentisch beschrieben sind. So kämpft sich Luzia ganz zu Beginn des Buches durch Schnee und Eis, um einer Gebärenden zur Seite zu stehen, und dieser Teil des Buches ist wohl einer der intensivsten und für den Leser spürbarsten Momente der Geschichte.
Allerdings ist zu bedenken, dass dies ein Debütroman ist, was diese kleinen, oben genannten Mankos relativiert.


Figuren
Darsteller gibt es viele an der Zahl und trotz fehlenden Personenregisters verliert man nie die Übersicht. Luzia selbst, ihre Freunde und Menschen, die ihr wohlgesonnen sind, wurden liebevoll ins Leben gerufen und mit allen Facetten skizziert. So manch andere Figur jedoch wirkt dazu im Gegensatz etwas schablonenhaft, speziell der Antagonist Kaplan Grumper. Grumper hat den Part des Bösen und Cornelia Haller hat ihn mit allen niedrigen und hinterhältigen Eigenschaften ausgestattet. Auch Luzia ist alles andere als frei von Stereotypen. Wallendes, rotes Haar war damals ein Indiz, dass man es mit einer Hexe zu tun hatte, und dass Luzia auch noch wunderschön ist und einen schwarzen Kater besitzt, rundet das Klischee noch vollends ab.
Dennoch hat die Autorin sich bemüht, ihre Figuren lebendig und glaubhaft darzustellen, was ihr über großen Strecken auch gelungen ist. So wird auch die zart aufkeimende Liebe bei Luzia sehr einfühlsam und frei jeglichen Kitschs beschrieben. Die Ängste und der innere Kampf von Luzias Kinderfreund Matthias zeigen sehr gut, dass die Autorin sehr wohl die Gabe besitzt, Figuren facettenreich und auch empathisch zu zeichnen.


Aufmachung des Buches
Eine wirklich ansprechende und geschmackvolle gebundene Ausgabe. Der Schutzumschlag, so wie die vorderen und hinteren inneren Umschlagseiten sind mit allerlei alten Motiven der Botanik verziert, was angesichts der kräuterkundigen Protagonistin sehr gut zum Inhalt passt. 27 Kapiteln führen durch die Geschichte, die weder mit einem Nachwort noch mit einer Danksagung der Autorin endet. Ein Nachwort zu den historisch belegten und/oder fiktiven Begebenheiten vermisst man gerade bei einem historischen Roman, bei dem es um die Hexenverbrennung geht, doch schmerzlich.


Fazit
Ein schön zu lesendes Buch aus einer schrecklichen Zeit. Obwohl das Thema alles andere als heiter ist, wirkt die Geschichte auf den Leser nicht bedrückend. Schwungvoll erzählt, mit sympathischen Protagonisten, erhält man einen kleinen Einblick in die erbarmungslose Zeit, in der tumbe Menschen für jedes Vorurteil offen sind und durch Aberglauben und Unwissenheit die grausame Zeit der Hexenverfolgung noch vorantreiben.


4 Sterne


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