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Im Jahr 1637 beschließt der junge Allgäuer Melchior Riedmüller, die Schrecken der Pest und des Dreißigjährigen Krieges hinter sich zu lassen und sein Glück in der Schweiz zu suchen. Im aufstrebenden Rorschach gründet er mit der Schweizerin Johanna Stübi eine Familie.
Doch als der Krieg sich dem Ende zuneigt, entschließt sich Melchior, mit seiner Familie ins Allgäu zurückzukehren. Ihr Weg durch das entvölkerte und verwüstete Land führt sie auf den verlassenen Unterburkhartshof nahe der Reichsstadt Leutkirch. Schon bald müssen sie feststellen, dass der Hof ein düsteres Geheimnis birgt. Doch Melchior und seine Nachkommen führen mit Zähigkeit und Fleiß das Anwesen zu neuer Blüte - bis sich 1841 für Mathias Riedmüller und seine Familie das Blatt erneut auf dramatische Weise wendet. Eine bewegende Familiensaga aus dem Allgäu, die sich über zwei Jahrhunderte spannt und auf historischen Begebenheiten beruht.

 

Sommergarben 

Autor: Ines Ebert
Verlag: Silberburg
Erschienen: Januar 2012
ISBN: 978-3842511521
Seitenzahl: 368 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Knapp 200 Jahre umfasst die Familiensaga, die Ines Ebert im Allgäu angesiedelt hat. Gleich nach dem 30-jährigen Krieg beginnt ihr Einblick in das Leben der Bauern, die schwer zu kämpfen hatten, nach den schrecklichen Zeiten alles wieder ins rechte Lot zu rücken. Was die Autorin dazu bewogen hat, ausgerechnet die Geschichte der Familie Riedmüller zu erzählen, bleibt dem Leser leider verborgen. Fakt jedoch ist, dass Ines Ebert eine ganz besondere Beziehung zu ihren Figuren und auch der Umgebung, in der das Buch spielt, haben muss, denn man spürt ihre Verbundenheit in jedem Wort ihrer Erzählung.


Stil und Sprache
Man sollte vielleicht darauf hinweisen, dass man etwas Zeit braucht, um in das Buch hineinzufinden. Eberts ungewöhnlicher, aber anspruchsvoller Sprache und einem Erzählstil von hohem Niveau, sollte man aber unbedingt Zeit geben, denn nur so erschließt sich dem Leser die sehr komplexe, aber auch intensive und bildgewaltige Geschichte. „Sommergarben“ ist keine spannungsgeladene Erzählung und wer extreme Spannung sucht, wird mit diesem Buch nicht glücklich werden. Ines Ebert hat sich in das 17. und 18. Jahrhundert begeben und eine Milieustudie von besonderer Art gemalt. War zu dieser Zeit in der Malerei die Romantik vorherrschend, so zerstört die Autorin diesen in der damaligen Zeit sehr gefragten Stil, mit dem man auch die schlimmen Zeiten zu vergessen suchte. Die bildlich festgehaltenen Träume müssen der knallharten Wirklichkeit weichen und diese zeigt die Autorin unverblümt. Gerade das bäuerliche Leben war alles andere als romantisch. Harte Arbeit, Wetterabhängigkeit, Krankheit, früher Tod im Kindbett oder auch das Sterben von Kindern waren ständige Begleiter. Bei Ines Ebert glaubt man nicht, dass sie sich mit der Zeit beschäftigt oder gar recherchiert hat, man hat eher das Gefühl, sie sei aus dieser Zeit ins 21. Jahrhundert gereist, um alles niederzuschreiben und dem Leser näherzubringen. Ihre Darstellungen sind so authentisch und realitätsnah, dass einem nicht der leiseste Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Geschichte kommt.

Durch wechselnde Erzählperspektiven - einmal auktorial und dann wieder aus Sicht von verschiedenen Figuren, die in Tagebuchform aus ihrem Leben berichten und so einen sehr intensiven Einblick in den Alltag des bäuerlichen Lebens und den mitunter dramatischen Erlebnissen bieten -, kommen auch keine Längen auf und die Geschichte bleibt stets in Schwung.


Figuren
Neben dem so brillanten Lokalkolorit steht die Zeichnung der zahlenmäßig nicht gerade wenigen Figuren an Vielfältigkeit und Detailgetreue in nichts nach. Alle vorkommenden Darsteller sind mit viel Liebe sorgfältig und mannigfach wiedergegeben. Mit großer Empathie, aber niemals aufdringlich oder effektheischend, gibt die Autorin die Empfindungen ihrer Figuren wieder und gewährt dem Leser Einblicke in das Innerste ihrer Geschöpfe. Sind auch viele Figuren historisch belegt, so hat die Autorin das richtige Feingefühl, diese so wieder lebendig werden zu lassen, dass man nicht eine Sekunde daran zweifelt, dass sie charakterlich so gewesen sind wie beschrieben.

Eine Familiensaga, die 200 Jahre umfasst, verlangt das Auftreten vieler Personen und die Umsetzung, diesen allen Leben einzuhauchen und sie gleichzeitig auch wirklich lebendig wirken zu lassen, ohne an Glaubwürdigkeit zu verlieren, ist eine ganz besondere Kunst für sich. Ines Ebert ist dies auf meisterliche Weise gelungen.


Aufmachung des Buches
Ein sehr schön aufgemachtes Taschenbuch und das Covermotiv, ein Ausschnitt aus dem Gemälde „Ruhende Schnitter“ vom oberösterreichischen Maler Albert Ritzberger, passt hervorragend zum Sujet des Inhalts.
Unzählige Kapitel, die entweder mit Namen, Monaten und/oder Jahreszahlen betitelt sind, führen durch das Buch. Ein Glossar, ein Stammbaum der Familie Riedmüller, Quellenangaben, Literaturauswahl, historischen Anmerkungen und eine Danksagung der Autorin befriedigen noch jeden eventuell offenen Wissensdurst. Ein großes Manko gibt es aber leider doch und das ist die Qualität der Bindung bzw. Leimung der Seiten. Schon beim Aufschlagen und Lesen des ersten Kapitels passierte es beim vorliegenden Buch, dass sich die Blätter vom Rücken lösten. Ein „Montagsbuch“? Hoffentlich, denn wenn diese schlechte Qualität die Regel ist, hat man bei mehrmaligem Lesen nur noch lose Blätter in den Händen.


Fazit
Ein wunderschönes Buch, das einem realistische Einblicke in das bäuerliche Milieu des 17. und 18. Jahrhunderts gewährt. Leser, die gerne mehr über das damalige Alltagsleben und die politischen Situationen aus Sicht der einfachen Bauern erfahren wollen, werden in diesem Roman eine Bereicherung finden. Eine empfehlenswerte, innovative Familiensaga. Lediglich aufgrund der minderwertigen Verarbeitung gibt es einen Abzug in der Endnote.


4 5 Sterne


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