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Das Aufsehen erregende Werk El Grecos (1541-1614) wurde erst um 1910 durch Julius Meier-Graefes Tagebuch „Spanische Reise“ von einem breiteren deutschsprachigen Publikum entdeckt. Zahlreiche Künstler erfasste das „Greco-Fieber“, als sie 1911 in München und 1912 in Düsseldorf erstmals in Ausstellungen einer größeren Werkgruppe begegnen konnten: Max Beckmann, Oskar Kokoschka, Max Oppenheimer oder Ludwig Meidner, vor allem aber auch die Vertreter des Blauen Reiter, August Macke, Franz Marc, Albert Bloch und andere, erkannten in El Greco eine Vaterfigur der Moderne, die sie in einem Atemzug mit Paul Cézanne nannten. Der Band stellt das Werk El Grecos in einer gültigen Auswahl von über 40 Gemälden aus den bedeutendsten Museen weltweit vor, gleichzeitig wird die Auseinandersetzung der jungen Künstler mit der Malerei und der Bildwelt des spanischen Ausnahmemalers vorgestellt und ein faszinierender Einblick in den Kampf um die Moderne eröffnet. Ausstellung: Museum Kunstpalast, Düsseldorf 28.4.- 12.8.2012

 

El Greco und die Moderne 

Herausgeber: Beat Wismer, Michael Scholz-Hänsel
Verlag: Hatje Cantz
Erschienen: 2012
ISBN: 978-3-7757-3326-7
Seitenzahl: 416 Seiten

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Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
„El Greco kommt wie der Blitz“, schreibt Julius Meier-Graefe in seiner 1910 veröffentlichten „Spanischen Reise“ und läutet damit eine Zeit der El Greco Verehrung ein, die zahlreiche Künstler der Moderne beeinflusst hat. Darunter Picasso, Max Beckmann, August Macke, Robert Delaunay u.v.m. El Greco, der als Domínikos Theotokópoulos auf Kreta geboren wurde, sorgte mit seinem eigenwilligen Malstil schon zu Lebzeiten für Skandale. Die grelle Farbegebung und die verzerrte Darstellung von Figuren (Heiligen!) entsprachen im ausgehenden 16. Jahrhundert so ganz und gar nicht dem Geschmack der Zeit.
Im vorliegenden Band, der anlässlich der Ausstellung in Düsseldorf erschienen ist, widmen sich zahlreiche Autoren dem ungewöhnlichen alten Meister, der erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts richtig entdeckt wurde. Zahlreiche Aufsätze beleuchten verschiedene Aspekte von El Grecos künstlerischem Schafften und schlagen den Bogen in die Moderne.

In einem ersten Teil führen kürzere Essays in Leben und Schaffen des gebürtigen Griechen, der in seiner Heimat schon zum Ikonenmaler ausgebildet wurde und später Schüler Michelangelos in Rom war, ein. Schließlich folgt ein Bildteil, der die in der Ausstellung gezeigten Bilder (Heiligendarstellungen) aufgreift und analysiert. Auch Werkgruppen (etwa die „Anbetung der Hirten“, die zu El Grecos Lieblinsmotiven zählte) sind hier zu sehen.
Im Anschluss an die Bildbesprechungen folgt ein ausführlicher Teil mit Aufsätzen zum Thema „El Greco und die Moderne“. Hier erfährt man, wie es dazu kam, dass El Greco ausgerechnet zu Beginn des 20. Jahrhunderts scheinbar schlagartig („wie der Blitz“) von den Künstlern der Moderne entdeckt wurde. Anhand von Vergleichen kann man wunderbar erkennen, wie sehr der alte Meister die moderne Kunst prägte. Besonders im Zusammenhang mit den Impressionisten ist dieser Vergleich spannend!
In einem letzten Teil widmet sich der Band El Grecos Werken in Deutschland und ihrer Rezeption durch die Kunstgeschichte (Sammler, Kunsthistoriker und Museen). Auch hier sorgen zahlreiche Bilder dafür, dass das im Text Gelesene lebendig wird.

Die Texte sind gut verständlich. Man muss kein Kunsthistoriker sein, um hier in den Genuss von tiefgehendem Hintergrundwissen zu gelangen. Als Leser erfährt man auch viel über die jeweilige Zeit (zum einen die Schaffenszeit El Grecos, das Siglo de Oro – das Goldene Zeitalter Spaniens; zum anderen die anbrechende Moderne, in der der Maler wiederentdeckt wurde).

Der Band eignet sich besonders für an Kunst und Kunstgeschichtsschreibung Interessierte, vor allem für diejenigen unter ihnen, die die Einflüsse, welche der Moderne den Weg bereitet haben, spannend finden. Selbstverständlich ist das Buch auch besonders für die Besucher der Ausstellung in Düsseldorf von großem Interesse.


Aufmachung des Buches
Das Buch ist fest gebunden und mit einem Schutzumschlag versehen. Darauf ist Laokoon in der Interpretation El Grecos zu sehen. Rechts neben ihm liegt sein Sohn, der bereits den Schlangen zum Opfer gefallen ist, im Zentrum befindet sich Laokoon selbst, der bereits auf dem Boden liegt (und nicht wie in den meisten Laokoon-Darstellungen noch steht), links daneben (auf dem Backcover teilweise zu sehen) sein zweiter Sohn, der sich ebenfalls noch gegen die Tod brigenden Schlagen wehrt. Im Hintergrund sieht man El Grecos Wahlheimat Toledo (die hier anstelle von Troja steht). Das Bild wirkt düster und sehr beeindruckend, bedenkt man doch, dass ein Maler der ausgehenden Renaissance es hier wagte, die gängige Interpretation der Laokoon-Figur (als aufrecht kämpfender Held) hin zu einer darniederliegenden, offensichtlich unterlegenen Figur abzuändern.
Die Papier- und Druckqualität des hochwertigen Text-Bild-Bandes ist exzellent.


Fazit
„El Greco und die Moderne“ ist ein beeindruckender Bildband, der in rundum gelungener Weise ein spannendes kunsthistorisches Thema aufgreift. Als Betrachter ist man verblüfft von der Modernität des alten Meisters, der bereits vor über 400 Jahren vieles vorwegnahm, was dann im 20. Jahrhundert zur Entfaltung kam. Ich bin begeistert von diesem Buch!


alt


Hinweise
Rezension von Sigrid Grün


Dieses Buch kaufen bei: amazon.dealt

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