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Japan zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Haushofmeister Tomoyuki Katsuragi versucht alles, um dem jungen Baron Akihito eine gute Partie zu verschaffen. Doch dieser wandelt sich stark, als die Heiratspläne immer konkreter werden – je näher seine Verlobung rückt, desto melancholischer und verzweifelter wird sein Verhalten …

 

Ein melancholischer Morgen 02 

Originaltitel: Yuutsu na Asa volume 2
Autor: Shoko Hidaka
Übersetzer: Dorothea Überall
Illustration: Shoko Hidaka
Verlag: Carlsen Manga
Erschienen: März 2012
ISBN: 978-3-551-73065-7
Seitenzahl: 194 Seiten
Altersgruppe: ab 16 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)


Die Grundidee der Handlung
Das seltsame Arrangement zwischen dem jungen Vicomte Kuze und seinem Haushofmeister hat sich seit Band 1 „eingespielt“. Beide Parteien scheinen damit emotional gut klarzukommen. Doch gegen Ende des Bandes, als es um die konkreter werdenden Heiratspläne von Akihito Kuze geht, kommen dem sonst so berechnenden Katsuragi plötzlich ungeahnte Gefühle in die Quere, so dass er große Mühe hat, weiterhin mit kühlem Kopf seine Fäden zu ziehen (im Klappentext sind diesbezüglich die Personen vertauscht). Na, wenn das kein Cliffhanger ist …

Besonders gut gefällt mir, dass diese Serie keine Schwarzweißmalerei betreibt, denn beide Hauptpersonen haben egoistische und rücksichtslose Seiten an sich, die sie nicht gerade als Gutmenschen auszeichnen, doch genau das macht diese Geschichte so glaubhaft und ehrlich. Ansonsten erwarten die Fans trotz der immer noch weit ausholenden, bedächtigen Erzählweise einige faustdicke Überraschungen (nein, nicht Katsuragis emotionaler Wandel), die neue Komplikationen und Wendungen in der Folge versprechen. Damit hat Shoko Hidaka das Wunder vollbracht, nach einem grandiosen Auftakt die Handlung noch vielschichtiger zu gestalten. Respekt!


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Auch der 2. Band besticht mit seinen klaren, realistischen Bildern, die einen sofort in den Bann ziehen. Eine erwachsene Optik, die ganz ohne die üblichen Verniedlichungen und Verzerrungen auskommt. Aber was sollte man hier auch deformieren oder verniedlichen, bei einem Plot, der weder Comedy- noch Romance-Elemente enthält? Gefühle werden nur durch die Augen und subtil gezeichnete Mienen und Gesten ausgedrückt, wobei der häufig vorkommende Gedankentext unterstützend zum Verständnis beiträgt.
Wenn ich schon bei den Gefühlen bin, will ich gleich noch ein paar Worte zu den Yaoi-Szenen schreiben: Es geht nach wie vor rau zu. Akihito ist ungestüm, fordernd und unersättlich. Katsuragi lässt alles gleichmütig über sich ergehen, oder zeigen sich etwa auch bei ihm erste Gefühlregungen? Hier heißt es ganz genau hinschauen, dann erhält man die Antwort. Durch Hidakas gewohnt zurückhaltende Zeichnungen bietet sich auch diesmal nichts Explizites fürs Auge, weshalb sich darüber streiten lässt, ob dies allein die Altersempfehlung des Verlages ab 15 Jahren (somit ohne schützende Einschweißfolie) rechtfertigt, denn sinngemäß erschließen sich einem die Szenen sehr deutlich.

Im Vergleich zum Vorgänger fällt ein Rückgang der Hintergrundausgestaltungen mit Gebäuden, Interieur usw. auf, um dafür den Figuren in Nahaufnahme den Vorzug zu lassen. Ich persönlich finde dies verschmerzbar, da das Setting den Lesern aus dem Vorband hinlänglich bekannt sein dürfte und es einem ja auch nicht vollständig vorenthalten wird, denn weitläufige Perspektiven sind nach wie vor mit sauber gezeichneten Hintergründen versehen, genauso die Szenenwechsel.

Das Figurenensemble erweitert sich um ein, zwei Nebenfiguren, die noch entscheidende Parts im weiteren Verlauf einnehmen dürften. Mehr will ich darüber aber nicht verraten. Obwohl die Mangaka es in der Regel gut versteht, ihre Personen im Äußeren klar voneinander zu akzentuieren, so zeigen sich dafür Schwächen in der altersgerechten Darstellung. Besonders krass empfand ich, dass der dreißigjährige Haushofmeister Katsuragi mit seinen überaus feinen, ebenmäßigen Gesichtszügen gleich alt, wenn nicht sogar jünger wirkt als sein um mehr als 10 Jahre jüngerer Schützling. Da dies leider ein weitverbreitetes Phänomen des Genres ist, will ich es nicht überbewerten, nur führte es bei mir in den Zeitsprüngen zu einigen Orientierungsproblemen.
Besonders viel Aufwand betreibt die Mangaka mit namenlosen Statisten. Fast genauso sauber gezeichnet wie Haupt- und Nebenpersonen, haben sie nicht nur Füllfunktion bei gesellschaftlichen Ereignissen und in der Öffentlichkeit, sondern vermitteln dem Leser durch ihre Unterhaltungen wichtige Hintergrundinformationen aus neutraler, außenstehender Sicht. Diesem ungewöhnlichen erzählerischen Stilmittel bin ich bisher nur in You Higuris Mangas (z.B. Cantarella) begegnet.

Die Panels in vorwiegend kleinem Format wirken wie Bruchstücke, weil sie das Szenario oftmals nur gesplittet wiedergeben. In Kombination mit den häufig vorkommenden schrägen Perspektiven und den nicht immer klar abgetrennten Panels ist diese anspruchsvolle Optik eher was für geübte Manga-Leser. In der Textdarstellung bietet der Manga nichts Neues, außer dass er – wie schon in Band 1 – mit seinen vielen, vollgestopften Blasen schon sehr „textlastig“ ist.


Aufmachung des Manga
Das kleinformatige Taschenbuch kommt in typischer Carlsen-Manier daher mit leicht glänzenden Umschlagdeckeln und ebensolcher Farbseite gleich dahinter. Auffallend ist in letzter Zeit, dass die kartonierten Umschlagdeckel anscheinend immer dünner und schlechter in der Qualität werden. Diesmal stießen sich die Ecken des Buchrückens sogar schon beim Lesen des 1. Kapitels ab, was nun wirklich nicht annehmbar ist, ganz abgesehen davon, dass ich Bücher grundsätzlich mit „Samthandschuhen“ anfasse.

Auf dem Titelbild sind die beiden Hauptpersonen Katsuragi (links) und Baron Akihito (rechts) zu sehen. Die Illustration gefällt mir deutlich besser als die letzte, auch wenn sie, von den weißen Blüten umrahmt, eine Spur zu kitschig ausfällt. Die kühlen Farben Schwarz, Grau und Eisblau sind auf alle Fälle gut gewählt. Die Gestaltung der Rückseite lehnt sich ganz an die von Band 1 an, nur jetzt in der Kombination Blau-Schwarz, statt Rot-Schwarz.


Fazit
In Band 2 erwarten den Leser ein paar faustdicke Überraschungen, die dem Plot ganz neue Impulse geben. Unglaublich, damit ist der Mangaka das Kunststück gelungen, ihrem ohnehin perfekten Serienstart noch eins drauf zu setzen. Einen kleinen Abzug in der Bewertung gibt es dennoch für eine zeichnerische Schwäche, der leider viel zu viele Mangakas verfallen – nun also auch Shoko Hidaka, wo sie das doch gar nicht nötig hätte.

 
4 5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
- Band 1

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