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In der Nacht vom 13. auf den 14 Januar 1622 gebärt Ariane von Troil einen Jungen, der sogleich von mysteriösen Kriegsknechten entführt wird. Die Zukunft des Kindes beunruhigt Frankreichs Hof, denn sein Vater ist kein geringerer als König Ludwig XIII. höchstselbst.

Ariane ist zu allem bereit, um ihren Sohn wiederzufinden. Sie setzt Himmel und Hölle in Bewegung, bis es schließlich zu einem Duell mit der unheimlichen Marie de Rohan kommt, der Witwe des Herzogs de Luynes, der „schwarzen Witwe“.

Patrick Cothias liefert einmal mehr originelle Facetten der großen Geschichte. Die klaren detaillierten Zeichnungen von Marco Venanzi sind eine mehr als passende Illustration des vorletzten Kapitels der Abenteuer der Roten Maske.

 

Der Rote Falke 09 

Originaltitel: Masquerouge - La veuve noire
Autor: Patrick Cothias
Übersetzer: Dr. Marcus Schweizer
Illustration: Marco Venanzi
Verlag: Finix Comics
Erschienen: Mai 2012
ISBN: 978-3-941236-56-1
Seitenzahl: 48 Seiten
Altersgruppe: ab 14-15 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)

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Die Grundidee der Handlung
Zum Inhalt will ich nichts mehr schreiben, weil die Zusammenfassung des Verlages schon sehr ausführlich ausfällt.

Lernt man Ariane de Troil in der Kostümierung des Roten Falken zunächst als mutige, jeder Gefahr trotzende junge Frau voller Lebensenergie kennen, so ist sie nach Geburt und Entführung ihres Sohnes plötzlich nicht mehr wiederzuerkennen. Um es mit den Worten eines Hoflakais zu sagen: […] sie scheint sehr viel durchgemacht zu haben und weint unablässig. (Seite 7) Soll diese deprimierte und verheulte junge Frau mit den verquollenen Augen, die des Nachts von Wahnvorstellungen geplagt, sogar Zwiegespräche mit einem Toten führt, tatsächlich dieselbe Ariane aus den Vorbänden sein? Man ist als Leser geneigt, die Frage entschieden mit Nein zu beantworten, denn von ihrem alten Kampfgeist scheint nichts mehr da zu sein. Irritiert von der mir gänzlich fremd gewordenen Hauptfigur, folgte ich der ohnehin lauen Handlung mit Distanz und empfand sie nicht mehr, als blasierte Langeweile in schönen Bildern.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Marco Venanzis große Stärke ist es, den historischen Plot mit wunderbar anzusehenden Illustrationen entsprechend zu umrahmen. Stimmungsvolle Außenaufnahmen vom winterlich verschneiten Paris mit all seinen herrschaftlichen Palästen, Brücken, Plätzen und Straßen lassen den Leser immer wieder innehalten und schwelgen. Genauso treffend wiedergegeben und nicht weniger atmosphärisch wirken zu einer wärmeren Jahreszeit die Boote auf dem hellblauen Band der Seine oder die weitläufigen Gartenanlagen des königlichen Palastes, worin die gemächlich umher wandelnden Damen und Herren des französischen Hochadels hübsch ihre Intrigen spinnen (Seiten 38-40). Sehr gut gefielen mir auch die engen Gässchen eines bürgerlichen Stadtviertels mit beschaulichen Fachwerkhäusern. (Seiten 34-37). Man kann generell sagen, dass sich das Meiste in diesem Band unter freiem Himmel abspielt, wobei Venanzi Letzerem auch einige Nuancen abgewinnen kann.

Die Figuren kleidet Venanzi historisch authentisch, mit Fantasie und Liebe zum Detail ein, nur von den Frisuren kann ich das nicht generell behaupten. Denn abgesehen von Arianes erklärbarem Pagenschnitt, hat zudem noch die eine oder andere Dame an Ludwigs Hof einen lässigen Kurzhaarschnitt abbekommen, was nun gar nicht zur Mode des 17. Jahrhunderts passen will. Die fülligen Körperstaturen wiederum zeugen von einem Leben in Wohlstand und Überfluss bei Hofe, und die Ausdrucksformen sind ebenso schön gelungen. Bei der Darstellung der Gesichter gibt es allerdings – wie schon in Band 8 von mir ausgeführt – wieder einige „Ausrutscher“. Diesmal geht Venanzi sogar soweit, dass er durchweg alle wichtigen weiblichen Figuren mit diesen männlich-derben Gesichtszügen ausstattet, was vielleicht einzelnen, aber nicht allen Frauen in der Geschichte vorteilhaft zu Gesicht steht. Genauso konnte ich es kaum glauben, dass Ludwigs kleiner Bruder erst elf Jahre alt sein soll, da ich ihn seinem Äußeren nach auf mindestens Zwanzig schätzte.

Für die Farben zeichnen sich Marco Venanzi und Edgar Favaux gemeinsam verantwortlich. Weder zu blass noch zu farbenfroh, finden die beiden Künstler in der Kolorierung der Zeichnungen eigentlich immer den richtigen Ton, um die Szenerien wirklichkeitsgetreu und lebendig zu gestalten. In diesen Bildern kann man wunderbar versinken, da sieht man sogar gerne mal über die zuvor genannten Schwächen in der Figurendarstellung hinweg und tut sie als künstlerische Eigenwilligkeit ab.

Die Panel- und Textgestaltung kommt ganz klassisch in bester frankobelgischer Tradition daher mit Bildern von meist mittlerer Größe auf weißem Seitenuntergrund. Wenn sie mal ein Drittel oder gar die Hälfte der Seite einnehmen, zählt dies zu den großen Ausnahmen. Die einheitliche kursive Großschrift lässt sich noch ganz gut lesen und ist in den Sprechblasen auch immer zuordenbar. Soundwords werden keine verwendet.


Aufmachung des Comics
Wie man es vom Finix Verlag gewohnt ist, hat auch der in deutscher Sprache erstveröffentlichte 9. Band um den Roten Falken die allerbeste Aufmachung, die man von einem Hardcover Comic erwarten darf. Vor- und Nachsatzblätter geben Auskunft über die Reihe und andere Zyklen, sonstige Extras hat das Album aber nicht zu bieten.
Auf dem Cover sieht man Ariane de Troil mit der „schwarzen Witwe“ im Duell. Die Szene ist zwar Teil der Handlung, speziell dieses Bild wurde allerdings eigens für den Titel gezeichnet und ist im Comic selber nicht zu finden. In der allgemeinen Covergestaltung hält man sich an strenge Vorgaben, um bei allen Bänden der Serie trotz mehreren involvierten Verlagen Einheitlichkeit zu wahren. Die Fans werden es Finix danken.


Fazit
Marco Venanzis historisch authentische Ausgestaltung der Geschichte in wunderbar lebendigen, atmosphärischen Bildern kann nicht über die äußerst diskrepante Charakterzeichnung der Hauptfigur und eine allgemeine inhaltliche Leere in Teil 9 hinwegtäuschen. Fans des Roten Falken sollte dies allerdings nicht abhalten, sich einen Band aus der limitierten Erst-Auflage von 1.200 Stück zu sichern, um ihre Reihe zu komplettieren.


3 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Zyklus: Die 7 Leben des Falken
Bände 1 – 7 (Carlsen Comics)

Zyklus: Der Rote Falke
Band 1: Die rote Maske (Rainer Feest Verlag / Neuauflage Finix Comics)
Band 2: Friedhof der Unschuldigen (Rainer Feest Verlag /  Neuauflage Finix Comics)
Band 3: Verabredung bei Chantilly (Rainer Feest Verlag / Neuauflage Finix Comics)
Band 4: Die Verschwörer (Kult Editionen)
Band 5: Der König der Narren (Kult Editionen)
Band 6: Das Starennest (Kult Editionen)
Band 7: Verwandte Seelen (Kult Editionen)
Band 8: Hass und Neid (Finix Comics)

Zyklus: Des Königs Narr
Bände 1 – 9 (Kult Editionen)

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