„Bio? Das ist allenfalls ein Luxus für Wohlhabende. Denn die Aufgabe lautet, künftig neun Milliarden Menschen zu ernähren. Dies kann nur gelingen, wenn Nahrungsmittel industriell produziert werden.“ Das klingt wie ein logisches Argument, aber sind die Verhältnisse wirklich so? Oder ist der Hunger auf der Welt nicht vielmehr die Grundlage für ein florierendes Geschäft der internationalen Agrar-Industrie mit Pestiziden, Düngemittel und Gentechnik-Saatgut?
Der international angesehen Fachmann für Ökolandbau, Felix zu Löwenstein, macht deutlich, dass wir umdenken müssen. Dass eine industrielle Landwirtschaft, die auf die Übernutzung von Ressourcen aufbaut, keine Lösung, sondern ein Sackgasse ist. Und dass nicht die mangelnde Produktionssteigerung, sondern der verschwenderische Umgang mit Lebensmitteln und die Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen zum Zusammenbruch des globalen Ernährungssystems führen werden. Mit seiner zugespitzten These: „Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr“ betreibt Löwenstein aber keine apokalyptische Schwarzmalerei. Vielmehr zeigt er an vielen Beispielen, wie es im Einklang mit der Natur gelingen kann, die Ernährungsgrundlagen der Menschheit zu sichern – und welche politischen und gesellschaftlichen Hebel dafür in Bewegung gesetzt werden müssen. Ein Thema, das jeden von uns betrifft!
„Mehr Düngemittel, mehr Pestizide, mehr Gentechnik!“
Das ist die simple Antwort der Agrar-Industrie auf die Frage, wie wir es schaffen sollen, künftig neun Milliarden Menschen auf der Erde zu ernähren. Für Felix zu Löwenstein, seit zwei Jahrzehnten im Ökologischen Landbau zu Hause, ist dieses Geschäftsmodell aber keine Lösung. Er sagt: „Eine solche Landwirtschaft verhindert den Hunger nicht – sie produziert ihn."
Autor: Felix zu Löwenstein |
Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Felix zu Löwenstein, Agrarwissenschaftler und Biolandwirt, schlägt in diesem Buch durchaus ziemlich provokante und ungewöhnliche Töne an. Im Prinzip geht es darum, dass so wie bisher nicht mehr weitergewirtschaftet werden kann, wenn man das globale Problem des Hungers in den Griff bekommen möchte. Monokulturen, Saatgut, das überhaupt nicht an seine Umgebung angepasst und nur durch spezielle Düngemittel und Pestizide überlebensfähig ist, machen die Bauern hier und in der Dritten Welt abhängig von Großkonzernen, die eben das bereitstellen. Der Autor möchte den Leser darüber aufklären und durchaus auch direkt an den Bauern gewandt, Wege zeigen, wie man durch ökologischen Landbau letztlich sogar produktiver wirtschaftet, als auf konventionelle Weise. Das Buch macht an vielen Stellen gut deutlich, wie so etwas funktionieren kann, zeigt aber auch, wie wenig große Konzerne ein Interesse daran haben, sich ihre Marktmonopole kaputt machen zu lassen. Wissenschaftler wie der Autor oder auch Aktivisten im Ökolandbau werden entsprechend gerne als Traumtänzer dargestellt, ökologische Wirtschaft wird als Liebhaberei verwöhnter Industrienationen verspottet. Felix zu Löwenstein widerlegt im Buch aber diese und andere Argumente gekonnt und zeichnet doch trotz gefährlich anmutender Szenarien, die im Buch zur Debatte stehen, ein durch und durch optimistisches Bild, zusätzlich werden auch noch Bereiche gezeigt, in denen noch geforscht werden muss. Wer dieses Buch liest, wird hinterher von der Idee ökologischer Landwirtschaft überzeugt sein. Food Crash beinhaltet im Anhang auch noch etliche Tipps, was man auch als Konsument schonmal richtig machen kann, um sozusagen auch mit dem Geldbeutel Politik zu machen. Der Konsument in den reichen Industriestaaten hat nämlich wesentlich mehr Macht als er denkt.
Das Buch ist sehr gut verständlich geschrieben, Felix zu Löwenstein versteht es z.B. auch, komplizierte wirtschaftliche Zusammenhänge einfach und prägnant darzustellen. Food Crash richtet sich vor allem an den interessierten Konsumenten (also eine recht breite Leserschaft), aber auch direkt an Bauern, die oft auch alleine angesprochen werden, und natürlich an Menschen in Wirtschaft und Politik, denen aber wahrscheinlich die Inhalte des Buches manchmal nicht so gut gefallen werden. Stilistisch ist das Buch auch recht gut zu lesen, an manchen Stellen merkt man ein bisschen, dass der Autor sich sehr bemüht „populär“ zu schreiben, aber erklären kann er auch so sehr gut. Der Stil vermittelt schon eine angenehme, persönliche Note.
Aufmachung des Buches
Das fest gebundene Buch mit Schutzumschlag ist schlicht gehalten: in weiß, roter Titel, schwarzer Untertitel. Eine umgeknickte Weizenähre beherrscht das Titelbild. Die Aufmachung symbolisiert Faktenorientierung und Provokation, eine umgeknickte Weizenähre steht dafür, das irgendetwas nicht in Ordnung ist. Im Buch sind keine Bilder, dafür aber etliche erhellende Statistiken und Grafiken zu finden.
Fazit
Food Crash hat mich in seiner argumentativen Orientierung noch stärker für ökologische Landwirtschaft begeistert, als das vorher schon der Fall war. Ein Buch, das man gerne Wirtschaftsbossen und Politikern zur Lektüre empfehlen möchte - und allen Verbrauchern, die sich für das, was von uns allen täglich konsumiert wird, interessieren.
Hinweise
Rezension von Sigrid Grün
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