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Kategorie: Interviews mit Autoren

V K Ludewig

V.K. Ludewig hat bereits in mehrere Berufe hineingeschnuppert und im Jahre 2000 einen Ratgeber veröffentlicht. Dieses Jahr ist nun sein Debütroman „Ashby House“ bei DTV erschienen. Passend hierzu hat er sich die Zeit genommen einige Fragen zu beantworten, zur Entstehung des Romans, zu seiner Tätigkeit im Allgemeinen und zu seinen Ansichten bezüglich des Medienzeitalters.


Lieber Herr Ludewig, zunächst einmal vielen herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, um ein paar Fragen zu beantworten.
Sie haben bereits in verschiedenen Bereichen gearbeitet, so z.B. als Manager eines Indie-Labels, Ghostwriter, Übersetzer, Redakteur, Fernseh- und Buchautor. Damit können Sie auf zahlreiche Erfahrungen zurückgreifen. Was hat den Anstoß dazu gegeben, dass Sie sich nun dem Schreiben hingegeben haben?

Geschrieben habe ich schon immer – auch während meiner anderen Jobs. Das waren aber zum Großteil Auftragsarbeiten. „Ashby House“ ist der erste Roman, in dem ich eine Geschichte erzähle, die ich selber gerne lesen würde. Damals hatte ich weder einen Verlag oder eine Agentur. Das Buch habe ich in erster Linie für mich selbst geschrieben. Dass es nun veröffentlicht wird, freut mich natürlich sehr.


„Ashby House“ ist Ihr Debüt als Romanautor, wie sind Sie auf die Idee hierfür gekommen? Gab es einen bestimmten Auslöser?

Die Arbeit begann tatsächlich mit dem allerersten Satz. „Im Turmzimmer waren schon immer Menschen verschwunden.“ Der kam mir, als ich mein Gästezimmer renovierte. Aus diesem Satz entwickelte sich dann der Prolog und ich stellte fest, dass ich hier ein ideales Setting hatte für ein paar Figuren, die mir schon länger im Kopf herumschwebten. Ich liebe gute Schauerliteratur, und ich wollte mein eigenes Spukhaus. So kamen die Bewohner hinzu und die Story konnte sich entfalten.


Es geht eindeutig etwas Übernatürliches von Ashby House aus. Der Leser kann die Lebendigkeit mit allen Sinnen spüren. Glauben Sie selber an Phänomene, die rational nicht zu erklären sind?

Wenn man ganz rational durch die Welt geht, entgeht einem Vieles. Ich glaube tatsächlich, dass wir nur den Teil der Realität sehen, den wir meinen, verkraften zu können. Mein letztes bizarres Erlebnis hatte ich, als ich kürzlich den Film „My week with Marilyn“ sah, und mich fragte, ob Marilyn wohl mit dem Film glücklich wäre. Als dann in meiner Wohnung die Marilyn-Bilder von der Wand fielen, da hatte ich, glaube ich, die Antwort.


Für den Leser ist es immer ein Vergnügen in eine Welt einzutauchen, die einerseits ähnlich der eigenen ist, andererseits dann aber auch wieder gänzlich anders. Wussten Sie von vornherein wie die Geschichte aussehen sollte? Oder hat Sie sich eher nach ihrem eigene Willen entwickelt?

Natürlich gab es eine rohe Planung, und ich wusste, zu welchem Zeitpunkt der Handlung etwas passieren musste. Auch das Ende stand von Anfang an fest. Aber es sind diese Momente, wenn man sich zum Schreiben hinsetzt – mit oder ohne Plan – wo plötzlich etwas entsteht, das man Sekunden vorher nicht abgesehen hat. Wo entweder eine Figur übernimmt und eine Richtung einschlägt, die man nicht konzipiert hat oder einem die Idee für eine Szene oder ein Ereignis kommt. Da ist Schreiben dann fast wie Lesen, also bei einer unbekannten Geschichte dabei sein. Das Gerüst für „Ashby House“ stand, aber beim Bau und bei der Ausstattung haben die Architekten mitunter wild über die Stränge geschlagen.


Interessant ist auch immer die Schaffenszeit von der Idee bis zum fertigen Buch. Wie lange hat es gedauert, bis Sie selber zufrieden waren? Und dann natürlich bis auch der Verlag bzw. der Lektor nichts mehr zu beanstanden hatte?

Die erste Fassung lag nach neun Monaten vor, dann begann der Dornröschenschlaf. 2010 hatte mich die Agentur Simon kontaktiert und nachgefragt, ob ich etwas in Planung oder in der Schublade hatte, und da fiel mir „Ashby House“ ein. Ich war etwas nervös, ob mir der Roman sechs Jahre später noch etwas sagen würde. Aber das tat er. In der Agentur gab es dann eine Art Lektorat, wo allerdings keine inhaltlichen Änderungen vorgenommen wurden. DTV gefiel das Buch, hatte allerdings einen Änderungsvorschlag – der berufliche Background einer der Figuren machte ihnen ein bisschen Sorgen. Da der Verlag vernünftige Argumente hatte, fielen mir die Änderungen nicht schwer. Dann ging das Buch ins Lektorat, die letzten Änderungsmöglichkeiten und Korrekturen hatte ich dann bei den Druckfahnen, und danach lasen noch zwei unabhängige Lektorinnen Korrektur.


Man hört oft, dass täglich Unmengen an Manuskripten bei Verlagen eingehen. War es für Sie schwierig einen Verlag zu finden? Oder ist dieser auf Sie zugekommen?

Meine damalige Agentin, Svelena Kutschke, hatte mich in der Blogszene entdeckt. Ihr gefiel mein Sprachstil. Sie ist dann bei DTV ziemlich schnell auf Interesse gestoßen. Fantasy, Horror und Übernatürliches haben heute einen ganz anderen Stellenwert in der Literatur, als noch vor ein paar Jahren. Harry Potter hat quasi den Weg geebnet, zunächst für Kinder. Stephenie Meyer hat dann die Jugendlichen für das Genre interessiert. Das sind Trends, die natürlich an den Verlagen nicht vorbeigehen.


Wie wichtig sind für Sie Rückmeldungen, sowohl positive wie auch negative, seitens der Leser?

Wenn die Arbeit an einem Roman abgeschlossen ist – enorm wichtig. Während ich schreibe, möchte ich noch keine kritischen Stimmen hören, weil das „work in progress“ ist, und die ist nicht kritisierbar, weil sie ja noch nicht fertig ist. Mein bester Freund Jürgen ist mein Erstleser, der wird alle paar Tage beliefert und versteht es, Kritik so zu dosieren, dass sie hilfreich ist. Sobald das Buch auf dem Markt ist: Ich bin jemand, der in den Foren und bei Amazon nachliest, was die Leute zum Buch schreiben. Nicht nur um Lob einzukassieren. Mich interessieren auch Verrisse. Wenn ich dann nachlese, was jemand, dem mein Schreiben nicht gefällt sonst so liest, dann erklärt sich die Kritik meist von selbst und ich empfinde es nicht als persönlich beleidigend.


Sie betreiben einen eigenen Blog, auf dem Sie Interessierte informieren. Welchen Stellenwert haben die neuen Medien in Ihrem Leben? Glauben Sie, dass es heutzutage unumgänglich ist für jedermann quasi jederzeit greifbar zu sein?

Eine Welt ohne Netz ist kaum noch vorstellbar. Mein Autorenblog ist ja ein Info-Kanal und eine Anlaufstelle für Recherchen, wenn jemand mehr über das Buch erfahren möchte. Meinem Erstblog, den ich neben dem Autorenblog betreibe und in dem ich jahrelang über mein Leben gebloggt habe, verdiene ich, dass ich eine Agentur und einen Verlag gefunden habe.
Ich finde Smartphones schon sehr praktisch, aber auch gefährlich. Ich kann meines allerdings auch ausstellen, ohne das Gefühl zu haben, etwas zu verpassen und muss nicht rund um die Uhr online sein.


2000 erschien von Ihnen der Ratgeber „Nur nicht aus Liebe weinen?“. Das ist ja ein gänzlich anderes Gebiet. Was empfinden Sie im Nachhinein als schwieriger, ein Buch mit tatsächlichen Fakten zu bestücken oder etwas vollkommen Neues zu erschaffen? Welches Projekt hat Ihnen mehr Freude bereitet oder lässt es sich gar nicht vergleichen?

Den Ratgeber habe ich auch in erster Linie für mich selbst geschrieben, als eine große Liebe zu Ende ging. Ich habe Mittel und Wege gesucht (und gefunden) mit solchen Ereignissen klar zu kommen. Das Leser-Echo auf das Buch war gewaltig und wohltuend. Aber es ist kein Vergleich zum Roman, der einem mehr abverlangt, als Fakten zu sortieren. Der Ratgeber war Pflicht, „Ashby House“ Kür.


Haben Sie schon weitere Ideen oder sitzen Sie vielleicht bereits an dem nächsten Roman? Wenn ja, dürfen Sie schon ein wenig darüber verraten?

Ich bin in der glücklichen Lage, dass DTV auch meinen nächsten Roman veröffentlichen wird. Bei der Überarbeitung und Redigierung von „Ashby House“ habe ich mich noch einmal in einige meiner Ashby-Figuren verliebt und mir wurde klar, dass es da noch Geschichten gibt, die erzählt werden wollen. Und so bin ich mitten drin in der Fortsetzung, die sieben Jahre nach den Geschehnissen in Südengland spielt. Es wird auch wieder eine sehr emotionale Immobilie geben, die steht aber in Berlin. Und einige Personen, die „Ashby House“ am eigenen Leibe erfahren haben, sind nun bestens ausgestattet, es mit etwas Größerem aufzunehmen ... Vor ein paar Tagen kam sogar eine Idee für ein mögliches Finale der Trilogie. Aber jetzt ist erst einmal Teil zwei dran.


Bleibt Ihnen eigentlich selber noch genug Zeit, um auch einmal zu einem Buch zu greifen? Bewegen Sie sich dann mehr in einem Genre oder ist Ihr Interesse breit gefächert?

Momentan, während des Schreibens, finde ich es schwierig, selbst zu lesen. Filme gehen immer, aber wenn ich lese, habe ich Sorge, dass mich ein Buch zu sehr packt und ich die Zeit vergesse.  Ein Film dauert zwei Stunden und danach kann ich mich noch einmal an den Schreibtisch setzen. In meinem Bücherregal findet sich so ziemlich jedes Genre. Außer Western. Schwerpunkt sind aber Biografien, Autobiografien und Unterhaltungsliteratur. Was Spannungsliteratur angeht – ich liebe die früheren psychologischen Thriller von Barbara Vine, einen Großteil der Krimis von Mo Hayder. Was Horror angeht – natürlich habe ich große Hochachtung vor Stephen King. Wem „Ashby House“ gefallen hat und wem die Sex-Szenen nicht zuviel waren, dem empfehle ich Clive Barkers „Coldheart Canyon“.


Gibt es weitere Leidenschaften, die Ihr Leben bereichern oder bleibt kaum noch Zeit für andere Dinge?

Mein Winter war tatsächlich vom Schreiben geprägt, aber ich habe auch deshalb so diszipliniert gearbeitet, um im Sommer ein bisschen Zeit zu haben. Sommertage mit Freunden in und auf dem Wasser zu verbringen, darauf freue ich mich. Dann habe ich auch endlich Gelegenheit, das Buch eines Freundes und Kollegen zu lesen, die Dystopie „Asylon“ von Thomas Elbel. Das dann allerdings auf dem Boot, nicht im Wasser.


Möchten Sie unseren und Ihren Lesern noch etwas mit auf den Weg geben?

Den vielleicht schönsten Satz über Fantasy-Literatur von Joyce Carol Oates: „States of mind are real enough.“ Und, an alle, die ebenfalls schreiben, einen wichtigen Hinweis derselben Autorin: „Write your heart out!“


Ich danke Ihnen sehr für das Interview!

Ich danke ebenfalls!