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Kategorie: Krimis

Während eines heftigen Sommergewitters wird Georg Stahlmann auf seinem Hof im beschaulichen Böseckendorf brutal mit der Mistgabel erstochen. Schnell ist klar, dass der Tod des wohlhabenden Großbauern, der 1991 aus dem Westen zurückgekehrt ist, so manchem in dem ehemaligen Grenzdorf gelegen kommt.

 

Tod im Eichsfeld 

Autor: Astrid Seehaus
Verlag: Sutton
Erschienen: 2012
ISBN: 978-3-86680-992-5
Seitenzahl: 204 Seiten



Die Grundidee der Handlung
Frank Rothe lebt mit seiner 16jährigen, an den Rollstuhl gefesselten Tochter in Erfurt. Doch der Tod der Mutter ließ Jessi in eine schwere Depression abgleiten. Nach einem Selbstmordversuch mit seiner Dienstwaffe beschließt Kommissar Rothe für sich und seine Tochter einen Ortswechsel und lässt sich nach Heiligenstadt versetzen. Doch anders als Jessi, die sich durch die Mithilfe von Matthias, einem attraktiven Mitschüler, schnell einlebt, scheint Frank bei seinem neuesten Fall, der Ermordung von Georg Stahlmann, an seinen eingeschworenen Kollegen und der verschlossenen Eichsfelder Bevölkerung zu scheitern.Vor allem an Kommissar Jonas Schneider und dessen Laufburschen Sture Bäcker beißt er sich die Zähne aus. Obwohl Schneider vom Fall abgezogen wurde, spuckt er Rothe regelmäßig in die Suppe. Auch die Verschlossenheit der Landbevölkerung gegenüber Fremden lässt ihn schier verzweifeln. Doch Frank beißt sich fest und erhält schließlich den entscheidenden Hinweis, der aber fast schon zu spät kommt.
Die Autorin hat nicht umsonst mit diesem Buch den Thüringer Krimipreis gewonnen. Sie schafft es nahezu perfekt, auf nur wenigen Seiten die privaten Probleme des Kommissars mit den schwierigen sozialen Verhältnissen in dem ehemaligen Grenzdorf und einem spannenden Kriminalfall zu verweben.


Stil und Sprache
Die Autorin Astrid Seehaus hat mit diesem kurzen aber extrem dichten Roman den Thüringer Krimipreis 2012 gewonnen. Der Verlag wirbt damit auf dem Cover, was für mich natürlich eine gewisse Erwartungshaltung bedeutet.

Der Ort ihrer Handlung, wie sollte es nicht anders sein, befindet sich in Thüringen. Um genau zu sein im Grenzgebiet zu Niedersachsen, dem sogenannten Eichsfeld, das sich um Heiligenstadt, das in der Nähe von Göttingen liegt, erstreckt. Gerade diese Regionen entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze strotzen nur so vor Geschichte und Geschichten. Oft wurden innerhalb nur einer Nacht Familien ja sogar ganze Dörfer auseinander gerissen und ihrem Schicksal überlassen. Überstürzte Fluchten in den Westen und wilde Schießereien auf die Flüchtenden sorgten für ein dunkles Kapitel der jungen deutschen Geschichte. Nicht weniger brisant war dann die Heimkehr nach dem Fall der Mauer. Auf einmal waren sie wieder da, die überheblichen Wessis und wollten ihr Eigentum zurück. Das birgt viel Stoff, selbst für einen Mord.

Astrid Seehaus beschreibt ihre Szenen mit sehr viel Liebe zum Detail und geht dabei sehr intensiv auf die emotionalen Beziehungen zwischen den Dorfbewohnern und Heimkehrern ein. Verzweiflung, Hass und Wut sind spürbar und werden durch die Gewitterstimmung noch verstärkt. Sie erzählt die Geschichte aus Sicht des Ermittlers Frank Rothe, lässt den Leser aber auch an den Gedanken der anderen, zum Beispiel von Viola, der Tochter des Ermordeten, teilhaben. Dies verdichtet die ohnehin schon brodelnde Atmosphäre noch weiter. Auch die ‚ein Schritt vor, zwei zurück’-Problematik, die Frank bei der Befragung der verschlossenen Bevölkerung immer wieder vor Probleme stellt, trägt zu der spannungsgeladenen Situation bei.

So ist ein Buch entstanden, das dem Leser keine Sekunde Ruhe gönnt. 200 Seiten Emotion und Spannung pur.Der Text selbst ist leicht zu lesen und wird durch eine skizzierte Karte der Gegend am Anfang des Buches unterstützt. Sehr schön für den Leser, der sich mit dieser Hilfe besser in die Geschichte fallen lassen kann.


Figuren
Frank Rothe ist ein Kämpfer. Nach dem Verlust seiner Frau und der Behinderung seiner nun 16jährigen, pubertierenden Tochter Jessi, hätte er allen Grund, aufzugeben. Aber er beißt die Zähne zusammen und beschließt einen Neuanfang. Doch das Angebot in Heiligenstadt entpuppt sich nur als halbe Wahl. Zumindest seiner Tochter Jessi tut die Luftveränderung gut und so kann er alle Kraft zusammen nehmen, um sich gegen die stoische Verschlossenheit der Landbevölkerung und die Intrigen seiner Kollegen zu wehren. Ein richtiger Held, der dem Leser zeigt dass man nie aufgeben soll, sondern lieber nach Lösungen suchen muss. Ein wirklich sympathischer Charakter, der viel Potential für weitere Fälle hat.

Seine Kollegen arbeiten seit Jahren zusammen und sind aufeinander eingeschworen, zumindest sieht es so aus. Doch unter der Oberfläche brodelt etwas, denn im Grunde findet ein Kleinkrieg statt und für Frank wird dieses Wissen zum Schlüssel für den Fall, dem Mord an Stahlmann. Die restlichen Figuren sind sehr authentisch gezeichnet und entsprechen der typischen kleinbürgerlichen Landbevölkerung, wie sie überall ob Bayern oder Thüringen oder sonst wo vorkommt. Verschlossen, eine eingeschworene Gemeinschaft, die Außenstehende nur zögerlich ins Innere lässt. Figuren, die durch die Vergangenheit, die Geschichte um den innerdeutschen Mauerbau, geprägt sind und nur schwer vergessen können: Hier treffen sich extreme Emotionen.


Aufmachung des Buches
Das mit 204 Seiten schön handliche Taschenbuch aus dem Sutton Verlag zeigt auf dem Cover eine deutsche Mittelgebirgslandschaft mit grünen Wiesen, Kühen, Mistgabel und dem alles beherrschenden Gewitter. Eine wirklich gekonnte Umsetzung des Buchinhaltes. Da stört auch nicht die handelsübliche Eigenwerbung des Verlages am Buchende.


Fazit
Ein sehr interessanter und fesselnder Plot, mit Charakteren, die nach einer Fortsetzung schreien. Daumen hoch für den Gewinner des Thüringer Krimipreises 2012.


4 5 Sterne


Hinweise
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